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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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thailändischer Beschimpfungen auf ihn herabregnen ließ. Dann ließ sie los, stieß einen letzten Fluch aus, ging, ohne uns eines Blickes zu würdigen, an uns vorbei und warf sich mit einem Freudenschrei, der so natürlich klang wie ihre Titten aussahen, in die Arme ihres Liebhabers.
    Kent knickten endgültig die Knie ein, der Speichel troff an ihm herab, und jetzt tat er mir erst recht leid.
    »Bringt ihn rein!«, brüllte Haddock und baute sich neben mir auf.
    Tommy und ich schoben Kent durch die Tür in ein überraschend geräumiges Foyer, in dem von drei Seiten Türen abgingen. Am hinteren Ende befand sich eine baufällig wirkende Holztreppe. Davor stand eine alte Rezeption aus Kiefernholz, auf der ein schwarzes Anarcho-A prangte. An den Wänden konnte ich weitere verblasste Graffiti sowie ein paar psychedelische Poster erkennen. Offenbar war das Gebäude einige Zeit von Hausbesetzern bewohnt worden. Der fleckige dunkle Teppichboden löste sich bereits an mehreren Stellen auf, und in den Ecken der Decke hingen Spinnweben. Das Haus erinnerte mich an den Unterschlupf der Vampire in »Lost Boys«, dem Kultklassiker aus den Achtzigern. Ein modriger, erdiger Fäulnisgeruch bohrte sich in meine Nase. Wenn man jemanden zu Tode foltern wollte, konnte man sich kaum einen passenderen Ort aussuchen.
    Haddock drängte sich an uns vorbei und ging, die Pumpgun locker an der Seite baumelnd, zur hinteren Tür. Er stieß sie auf und bedeutete uns, ihm zu folgen. Die Tür öffnete sich zu einem großen leeren Zimmer, dessen Wände ebenfalls mit Graffiti übersät waren.
    »Da runter«, sagte Haddock, öffnete eine weitere Tür in einer Ecke des Raums und drückte auf einen Lichtschalter.
    Eine Betontreppe führte in einen schimmelig wirkenden Keller, aus dem es nach Pisse und Fäule stank. Als wir gerade hinabgehen wollten, unternahm Kent einen letzten, von lautem Stöhnen begleiteten Versuch, sich zu sträuben. Ihm musste klargeworden sein, dass, wenn wir ihn diese Treppe hinunterschafften, er nie wieder heraufkommen würde.
    Wortlos stellte Haddock sich hinter ihn und verpasste ihm mit seinem Motorradstiefel einen Tritt in den Arsch, der ihn nach vorn katapultierte. Kent knallte mit der Stirn gegen den Türrahmen, verlor das Gleichgewicht, stürzte Hals über Kopf die Treppe hinunter und landete – erstaunlicherweise, ohne sich etwas gebrochen zu haben – auf dem Hintern. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, aber er war bei Bewusstsein, und die Art, wie er mit schreckensstarrer Miene zu uns heraufschaute, konnte ich kaum ertragen.
    Er wusste, was ihn erwartete. Und dass er es wusste, ging mir an die Nieren.
    Haddock gab Tommy einen Wink, der daraufhin die Treppe hinunterstieg, dann wandte er sich zu mir. »Geh mir aus den Augen, wir brauchen dich nicht mehr«, fuhr er mich an, ehe er mysteriös hinzufügte: »Wir unterhalten uns später.«
    Er folgte Tommy und schloss die Tür hinter sich.
    Laut Wolfe sollte Kent zwar nichts geschehen, aber da ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie ihn da unten in Ruhe ließen, presste ich mein Ohr an die Tür und lauschte.
    »Was zum Teufel machst du da?«
    Wolfe war hereingekommen und stand nun direkt hinter mir. Die Sig steckte vorne im Bund seiner Jeans, so dass nur der Griff sichtbar war.
    Eines habe ich im Leben gelernt: Wenn man erwischt wird, muss man stets offensiv reagieren. »Ich wollte hören, ob sie ihn foltern«, sagte ich und ging an ihm vorbei. »Und wenn ich den Rest meines Geldes haben könnte, verpiss ich mich.«
    »Du kriegst es, wenn der Kunde eintrifft«, entgegnete er und folgte mir ins Foyer.
    Dort stand Lee an der Rezeption, rauchte und wirkte eigenartig nervös. Mich würdigte sie kaum eines Blickes.
    Ich wandte mich an Wolfe. »Und wann bitte ist das?«
    Zum ersten Mal konnte ich in seinen Zügen einen Hauch Unsicherheit ausmachen. »Ich weiß es nicht. Er müsste eigentlich hier sein.«
    »Warum rufst du ihn nicht an?«
    Diesmal antworte Lee. Sie klang genervt. »Weil wir in einem Funkloch sitzen. Kein Empfang. Gar nichts. Ich will mein Geld genauso, kapiert?«
    »Seid ihr sicher, dass keine Verbindung möglich ist? Habt ihr es auch mit meinem versucht?«
    »Habe ich. Und mit meinen beiden. Alle tot.«
    »Wie bist du mit deinem Kunden verblieben?«, fragte ich Wolfe, zündete mir eine Zigarette an und inhalierte tief. Die Zigarette hatte ich dringend gebraucht.
    »Dass er heute Abend herkommt. Vor Mitternacht.«
    »Und? Ist Verlass auf ihn?«
    »Aber sicher«,

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