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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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richtig über die Tatsache hinweggekommen, dass die Öffentlichkeit mich nach Gutdünken beleidigen und attackieren konnte, ohne sich vor gravierenden Folgen fürchten zu müssen, während es mir selbst untersagt war, mich zu wehren. Darum entschied ich mich, zur Kripo zu gehen – wo ich aber nur feststellte, dass die Arbeit eines Ermittlers zu neunzig Prozent aus Papierkram, zu neun Prozent aus langweiligen Nachforschungen und zu einem Prozent aus aufregenden Geschehnissen bestand. Das heißt, wenn man Glück hatte. Wie in Dirty Harry war es jedenfalls nicht.
    Mein damaliger Boss, der Mann, den ich, abgesehen vielleicht von meinem Vater, am meisten respektierte, bemerkte meinen Frust, und er schlug vor, ich solle es mit Undercover-Einsätzen probieren.
    DCI Dougie MacLeod, ein Mann, dem ich jede Menge Dank schulde. Er hat mir ziemlich viel beigebracht, vor allem die Kunst, sich in Geduld zu üben, etwas, das ich nie geglaubt hätte zu beherrschen. Bis gestern dachte ich, der größte Dienst, den er mir je erwiesen hatte, sei der Vorschlag gewesen, undercover zu arbeiten, denn immerhin habe ich die letzten neun Jahre bei der CO10 verbracht, Scotland Yards Eliteeinheit (deren Bezeichnung, nicht meine) für Undercover-Einsätze. Dort habe ich endlich die Aufregung gefunden, nach der ich suchte, und überdies habe ich ein paar besonders üble Burschen dingfest gemacht – ein paar von denen sähen mich immer noch am liebsten tot. Und gestern, in dem fensterlosen Hinterzimmer dieses schmierigen Nachtclubs in Soho, war ich mir ziemlich sicher, dass es kaum üblere Typen geben könnte als die zwei, die vor mir am Tisch saßen.
    »Ich höre, du suchst einen Job«, sagte der eine. Er war Mitte vierzig, mit kurzgeschorenem grauen Haar und einem auffällig schielenden linken Auge. Sein Gesicht war lang, kantig und mitleidlos, als wäre es aus einem Stück Hartholz herausgefräst worden. Es wurde von einer langen Nase beherrscht, die nach einem alten Bruch ein wenig schief stand und der knapp unterhalb der Wurzel ein kleines Stück fehlte. Er trug ein verblichenes Lonsdale-T-Shirt, das seine muskulösen, drahtigen Arme freiließ, auf denen verblichene Tattoos wucherten. Sein gutes Auge musterte mich unablässig, als wolle er eine verborgene Schwäche aufspüren. Er hieß Tyrone Wolfe, und wir verdächtigten ihn, in mindestens fünf Morde verwickelt zu sein.
    Der Mann neben ihm war Clarence Haddock. Das war offen gesagt ein lächerlicher Name, denn er wurde diesem riesenhaften, furchteinflößenden bärtigen Gangster, der seine Haare zu Dreads hatte wickeln lassen, nicht im mindesten gerecht. Seit fünf Jahren war er Tyrone Wolfes rechte Hand. Sein Gesicht zierte ungefähr ein Dutzend goldener Piercings, eines davon – ein mächtiger Ring – zog sich durch seine fette gespaltene Nase, was ihm das Aussehen eines Bullen verlieh, der jeden Moment losstürmen würde. Er stützte seine monströsen Arme auf den Tisch und starrte mich schweigend an; dabei umtoste ihn eine kaum unterdrückte Wut, für deren Ausbrüche er legendär war.
    Es hieß, Clarence Haddock habe einmal einem Mann mit solcher Gewalt die Kehle durchgeschnitten, dass er ihn mit einem einzigen glatten Schnitt enthauptete, und wenn ich ihn jetzt so betrachtete, konnte ich mir gut vorstellen, wie er sich am Anblick des noch zuckenden Leichnams weidete. Natürlich hatte ich schon vorher alles über ihn in Erfahrung gebracht, aber nun, auf die kurze Distanz von kaum zwei Metern, noch dazu in einem klaustrophobischen Raum, erinnerte er mich an den ersten leibhaftigen weißen Hai, den ich beim Käfigtauchen vor der südafrikanischen Küste erlebt hatte. Ich spürte dieselbe Mischung aus Urangst und purem Schrecken.
    Trotzdem hielt ich ihren Blicken stand und ignorierte die Schweißtropfen, die sich auf meiner Stirn bildeten.
    »Kann schon sein. Was habt ihr anzubieten?«
    Wolfe wandte sich dem dritten Mann zu, einem großen, etwa fünfundvierzigjährigen Typen mit langen, ergrauenden blonden Haaren und einem total zerknitterten Gesicht. Das war Tommy Allen, ebenfalls ein enger Komplize von Wolfe, der Mann, dessen Vertrauen ich in den vergangenen drei Monaten zu gewinnen versucht hatte. Er hatte mich heute Morgen um halb elf hierhergebracht und mich vorgestellt.
    »Er ist sauber«, sagte Tommy selbstsicher. Seine Stimme klang nach Cockney und zu vielen Zigaretten. »Im Auto habe ich den Radardetektor eingeschaltet, der hat nichts gemeldet. Eigenhändig durchsucht habe ich

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