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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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Schwung flog ich nach vorne, und die Klinge stieß ins Leere. Dabei stolperte ich über Wolfe und ging selbst zu Boden. Rollend drehte ich mich mehrfach um die eigene Achse und verlor das Messer. Ich verdrängte den Schmerz in meinen gepeinigten Rippen und rappelte mich auf.
    Der andere stand neben der Tür im Flur, während Wolfe zu seinen Füßen auf dem Rücken lag. Er hielt einen Tischlerhammer in der einen und Wolfes Sig in der anderen Hand. Der Hammer war blutverschmiert, und ich sah, wie sich ein dicker Tropfen formte und zu Boden fiel. Trotz der Dunkelheit konnte ich erkennen, wer da stand. Auch wenn er Schwellungen und Schnitte im Gesicht hatte und quer über die eine Wange ein tiefer Riss verlief, war es doch eindeutig Andrew Kent. Nur dass er nicht mehr wie der milchgesichtige Bursche aussah, den wir uns geschnappt hatten und der auf dem Boden des Transporters jammernd seine Unschuld beteuert hatte. Plötzlich wirkte er selbstbewusst und stand mit gespreizten Beinen vor mir. Er hatte den kalten Blick des Soziopathen; mit dem Hammer klopfte er provozierend auf seinen Oberschenkel und mit Wolfes Sig zielte er auf meinen Kopf.
    Noch ehe ich Gelegenheit hatte, mich zu Boden fallen zu lassen, drückte er den Abzug. Der Schuss hallte wie eine Explosion im Flur wider. Doch er war zu überheblich gewesen und hatte den Rückschlag der Pistole unterschätzt, der ihm die Hand nach hinten wegriss, so dass die Kugel mich verfehlte.
    Das war meine Chance. Ich sprang geduckt auf die nächstliegende Tür zu, drückte die Klinke und hechtete nach drinnen, als die zweite Kugel über meinem Kopf im Türrahmen einschlug.
    Obwohl mir die Ohren klingelten, hörte ich ihn herankommen. Sofort war ich wieder auf den Beinen und rannte zum Fenster. Es wirkte neu und hatte eine Doppelverglasung mit verstärktem Rahmen und verschließbarem Griff. Ich betete, es möge nicht abgeschlossen sein, denn einen Schlüssel konnte ich nirgends entdecken. Doch als ich den Griff herunterdrückte, gab er nicht nach. Ich saß in der Falle.
    Verzweifelte Situationen verlangen verzweifelte Reaktionen. Allerdings muss man den Mut dazu haben, und Gott sei Dank hatte ich ihn. Ich fuhr herum und rannte zurück zur Tür. Als er sie aufstieß, heulte ich wie ein Wolf, tauchte ab und sprang ihn von unten an, in der Hoffnung, ihn damit zu überraschen.
    Es funktionierte. Er reagierte nicht schnell genug, und bevor er zum dritten Mal schoss, hatte ich ihn bereits mit voller Wucht gerammt und schlug dann die Hand mit der Waffe beiseite. Mein Schwung trieb uns beide zurück über den Flur ins gegenüberliegende Zimmer, und ich schaffte es, sein Handgelenk zu packen. Ich spürte zwar, wie er mir mit dem Hammer auf den Rücken schlug, aber er konnte nicht richtig ausholen, und deshalb verpufften seine Schläge wirkungslos. Als ich ihn mit meinem ganzen Gewicht an die Wand nagelte, löste sich der vierte Schuss, der in die Decke ging.
    Doch dann gelang es ihm irgendwie, die Hand freizubekommen und mich zu stoppen. Ich merkte, dass er die Pistole nach unten richten wollte, um mich in die Seite zu schießen, und schaffte es im letzten Moment, seine Hand wegzustoßen, ehe er den Abzug drücken konnte. Mit einem Ringergriff versuchte ich, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, aber er klammerte sich an mich, und in einem mörderischen Tanz taumelten wir ein paar Schritte zurück, bis plötzlich der Boden unter uns mit lautem Krachen nachgab und wir in die Tiefe stürzten.
    In einer Staub- und Mörtelwolke landeten wir hart auf dem Boden des Erdgeschosses. Zum Glück fiel ich auf Kent, doch durch die Wucht des Aufpralls rollte ich mich überschlagend von ihm herunter, und am Ende lagen wir inmitten von Putzbrocken und Holzsplittern nebeneinander. Kent rührte sich nicht, hielt aber den Hammer immer noch in der Hand. Knochensplitter und Fleischstückchen klebten daran, die von der Frau stammten, die ich hätte beschützen müssen. Doch mir blieb keine Zeit, um darüber nachzugrübeln. Wichtig war nur, dass Kent die Pistole verloren hatte.
    Ich kam langsam auf die Beine und versuchte verzweifelt, in der Dunkelheit die Pistole zu erkennen. Endlich sah ich sie vielleicht eineinhalb Meter vor mir aufschimmern. Als ich mich nach ihr bücken wollte, ertönte hinter mir ein animalischer Schrei: Kent hatte sich auf die Knie erhoben, schwang den Hammer und wollte ihn mir auf den Fuß knallen.
    Ich schaffte es gerade noch, den Fuß wegzuziehen, stieß dabei gegen einen schweren

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