Intelligenz unerwünscht
Bewußtsein sehr viel schneller stärkten, als es normalerweise möglich gewesen wäre.
Nach einer weiteren Stunde klärte sich sein Blick. Die ersten Muskelbewegungen führten zu reflexhaften Zuckungen seiner Glieder. Sein Gesicht arbeitete und begann zu überlegen.
In diesem Augenblick erkannte ich, daß er ebenfalls ein Telepath war. Er sprach wunderbar auf meine Hilfestellung an. Dann erfaßte er auch, daß er nicht mehr allein war.
»Wer ruft INKA, den Sohn der Sonne?« vernahm ich die Fra ge in meinem Extrahirn.
Mir wurde schwindelig. INKA …! Das war der Titel der Gottkönige des gleichnamigen Andenvolkes gewesen. Ich stand vor dem letzten Atlanter, aber auch wahrscheinlich vor dem Urahn aller anderen Inkas, die nach ihm gekommen waren.
»Bist du es, Saghon, Freund meines Volkes?« fragte er weiter. Die Impulse wurden immer klarer. Mein Gott, dieser atlantische König hatte noch den Oberkommandierenden des Mars, Admiral Saghon gekannt. Ich nahm all meine Geisteskräfte zusammen.
»Nein, INKA, ich bin Thor Konnat, der Erbe deines Wohltäters Saghon und Vollstrecker seines großen Plans. Ich befehle die neuen Menschen, die nach der Katastrophe im Verlauf von 187.000 Sonnenumläufen wieder herangereift sind. Wir bemühen uns, das Erbe des Mars zu verstehen, denn noch sind wir nicht weit genug fortgeschritten, um Saghons Hinterlassenschaft technisch beherrschen zu können.«
»Ich verstehe, Thor Konnat. So lange habe ich geruht? Ich dachte, es würde nur kurze Zeit dauern. Mein Reich versank. Es mußte sein, denn die Deneber griffen mit bakteriologischen Waffen an. Bist du informiert?«
»Ja. Sie haben ebenfalls geschlafen und sind vor einigen Jahren erwacht, um die Erdenmenschen zu unterjochen. Wir entdeckten sie rechtzeitig. Ich fand den Weg, sie zu töten. Saghons positronische Kommandogehirne gehorchen mir. Ich habe das neue Reich zu schützen. Ich bitte um deine Hilfe.«
»Also bist du jetzt der König und Sohn der Sonne? Du mußt es sein, denn nur solche besitzen die Gabe des ›Stillen Sprechens‹. Ich grüße dich. Du bist in Not, ich fühle es. Warum?«
Ich erklärte die Lage in voller Offenheit. Vieles konnte er nicht verstehen, aber den Sinn begriff er.
»Nur du konntest mich erwecken. Nur Söhne der Sonne konnten überhaupt in meine Gruft eintreten. Ich helfe dir, aber du kannst mich nicht mitnehmen, Freund.«
»Warum nicht?« flehte ich, der Verzweiflung nahe. »Wir brauchen dich; dich, deine Erfahrung, deine Persönlichkeit. Wir haben erstklassige Mediziner.«
Er schaute mich an und streckte mir unendlich mühevoll die Hand entgegen. Ich ergriff sie. Sie war eiskalt.
»Auch ich bin Mediziner, Thor Konnat. Gehe und rette deine Gefährten. Sobald du mich von diesem Tisch hebst, werde ich zu Staub zerfallen. Die Zeit war zu lang. Ich kann nicht weiterleben, doch ich werde andernorts erwartet. Trauere nicht. Du hast dein Werk zu vollenden. Schütze das Große Reich, beobachte die Sterne. Gehe nun. Mit dem Augenblick meines geistigen Erwachens lief die automatische Vernichtungsschaltung an. Hat sich die Symbolscheibe rechts von mir schon verfärbt?«
Ich drehte mich um. Mein Blick fiel auf die marsianische Leuchtanzeige.
»Hellrot!« stöhnte ich. Wir näherten uns der höchsten Gefahrenstufe.
»So wird es für dich Zeit. Das Robotgehirn ist von meiner Sperrschaltung entlastet. Es wird dir gehorchen. Eile, oder du bist verloren. Eile!«
Ich drückte nochmals die kalte Hand und ging. Der Energieschirm verdünnte sich und ließ mich durch.
Draußen standen die Freunde.
»Acht Stunden!« sagte Hannibal bebend. »Wo warst du?«
»Ich habe den letzten INKA, den letzten Sohn der Sonne geweckt und befragt«, erwiderte ich.
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