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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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gegenüberliegenden Seite, neben der Haustür, ein Lichtschalter.
    Das Wohnzimmer schien noch dunkler als die Küche zu sein. Über dem einen der beiden großen Fenster zur vorderen Veranda waren die Vorhänge zugezogen. Das andere war ein kaum auszumachendes graues Rechteck, das nicht mehr Licht einließ als das Doppelfenster in der Küche.
    Chyna stand reglos da, orientierte sich kurz und versuchte, sich die Einrichtung in Erinnerung zurückzurufen. Sie war nur einmal, ganz kurz, in diesem Raum gewesen, und auch da hatte er im Dämmer gelegen. Als sie heute morgen durch die Haustür hereingekommen war, hatte sie die Küchentür links in der hinteren Wand gesehen. Das prachtvolle Sofa mit den runden Füßen und dem Schottenkaro-Bezug hatte rechts gestanden, befand sich nun also, da sie zur Haustür schaute, links von ihr. Neben der Couch hatten rustikale Beistelltische aus Eiche gestanden – und auf jedem Tisch eine Lampe.
    Während sie versuchte, sich den Raum bildlich vorzustellen, hoppelte sie vorsichtig durch die Dunkelheit. Sie befürchtete, sie könne über einen Stuhl, einen Hocker oder einen Zeitungsständer fallen. Angekettet und unter dem Gewicht des Stuhls würde sie ihren Sturz nicht auf natürliche Weise abfangen können und von den Fesseln vielleicht so verdreht werden, daß sie sich einen Knöchel oder sogar ein Bein brach.
    Woraufhin Edgler Vess nach Hause kommen, sich über die Unordnung ärgern und enttäuscht sein würde, daß sie sich Schaden zugefügt hatte, bevor er mit ihr spielen konnte. Dann würde er entweder Schildkröten-Spiele beginnen oder aber ein paar Experimente mit ihrem gebrochenen Bein vornehmen, um sie zu lehren, Schmerzen zu genießen.
    Zuerst stieß sie gegen das Sofa, und sie stürzte nicht. Sie glitt mit der Hand am gepolsterten Rücken entlang und arbeitete sich langsam nach links weiter, bis sie den Beistelltisch erreichte. Sie streckte die Hände aus und fand den Lampenschirm und das Drahtgestell unter dem straff gespannten Stoff.
    Sie fummelte an der Verkleidung der Glühbirnenfassung und dann am Fuß der Lampe herum. Als ihre Finger endlich den Drehschalter berührten, war sie plötzlich davon überzeugt, daß eine starke Hand aus der Dunkelheit kommen und sich auf die ihre legen würde, daß Vess ins Haus zurückgeschlichen war und nur ein paar Zentimeter von ihr entfernt auf dem Sofa saß. Erheitert hatte er ihren Bemühungen gelauscht, und nun saß er wie eine fette, geduldige Spinne in seinem Schottenkaro-Netz und freute sich schon darauf, ihre Hoffnungen zu zerschmettern, nachdem sie endlich so weit gekommen war. Das Licht würde aufleuchten, und Vess würde lächeln, ihr zublinzeln und »intensiv« sagen.
    Der Schalter lag wie Eis zwischen Daumen und Finger. An ihrer Haut festgefroren.
    Ihr Herz schlug wie die Schwingen eines hektischen Vogels in der Schlinge, und die Schläge waren so heftig, daß ihre Lungen sich nicht mehr ausdehnen konnten, und der Puls in ihrer Kehle schwoll dermaßen an, daß sie nicht mehr schlucken konnte. Doch dann schüttelte Chyna ihre Lähmung ab und betätigte den Schalter. Weiches Licht flutete den Raum. Edgler Vess saß nicht auf dem Sofa. Auch nicht in einem Sessel. Er war überhaupt nicht im Zimmer. Sie atmete lautstark aus, erzitterte so heftig, daß die Ketten rasselten, und lehnte sich gegen das Sofa. Allmählich wurde ihr flatterndes Herz wieder ruhiger.
    Nach diesen grauen Stunden der Niedergeschlagenheit, in denen jedes Gefühl in ihr erstorben war, verschaffte dieser Anflug von Entsetzen ihr neue Energie. Sollte sie jemals einen schweren Herzanfall erleiden, wäre der bloße Gedanke an Vess besser geeignet als die elektrischen Saugnäpfe eines Defibrillators, ihr Herz mit einem kräftigen Schlag wieder in Gang zu bringen. Die Furcht bewies, daß sie wieder ins Leben zurückgekehrt war und neue Hoffnung gefunden hatte.
    Sie schlurfte zu dem grauen, steinernen Kamin, der die gesamte nördliche Wand des Zimmers vom Boden bis zur Decke einnahm. Die tiefe Feuerstelle in der Mitte war nicht erhaben, was ihre Arbeit beträchtlich vereinfachen würde.
    Sie hatte überlegt, ob sie in den Keller gehen sollte, wo sie zuvor eine Werkbank gesehen hatte, um dort die Sägen zu untersuchen, die sich bestimmt in Vess’ Werkzeugsammlung befanden. Aber von dieser Lösung war sie schnell wieder abgekommen.
    Die steile Kellertreppe hinabzugehen, während sie mit Stahlketten gefesselt war und einen schweren Kiefernholzstuhl auf dem Rücken

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