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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Sie wußte nicht genau, wieso die Puppensammlung sich überhaupt hier befand, aber vielleicht mochte Ariel die Puppen ja, und wenn sie sich an einer festhalten konnte, würde sie vielleicht bereitwilliger mitkommen.
    Anfangs reagierte Ariel nicht, stand einfach da, eine Hand an der Seite zur Faust geballt, die andere wie eine Krabbenschere halb geöffnet. Dann, ohne den Blick von den fernen, unsichtbaren Dingen zu wenden, nahm sie die Puppe in beide Hände und packte sie an den Beinen. Flüchtig wie der Schatten eines vorbeifliegenden Vogels legte sich ein grimmiger Ausdruck auf ihr Gesicht und war schon wieder verschwunden, bevor man ihn klar deuten konnte. Sie drehte sich um, schwang die Puppe wie einen Hammer, schlug ihren Kopf auf die Fläche des Eßtisches und zertrümmerte das Gesicht aus samtigem Bisquitporzellan.
    »Schatz, nein«, sagte Chyna erschrocken und faßte das Mädchen an der Schulter.
    Ariel entwand sich Chynas Griff und schlug die Puppe erneut auf den Tisch, härter als zuvor, und Chyna trat zurück, nicht aus Furcht, sondern aus Respekt vor dem Zorn des Mädchens. Und Zorn war es, eine rechtschaffene Wut, nicht nur ein autistischer Krampf, ungeachtet der Tatsache, daß ihr Gesicht völlig ausdruckslos blieb.
    Sie schlug die Puppe wiederholt gegen den Tisch, bis der zertrümmerte Kopf abriß, durch den Raum flog und von einer Wand abprallte, bis beide Arme zerbrachen und zu Boden fielen, bis sie so stark beschädigt war, daß man sie nicht mehr reparieren konnte. Dann ließ sie sie fallen und stand zitternd da; die Arme hingen schlaff an ihren Seiten hinab. Sie starrte noch immer ins Anderswo und nahm Chyna genausowenig wahr wie zuvor.
    Von den Regalen, von den Oberflächen der Schränke, aus den dunklen Ecken beobachteten die Puppen sie aufmerksam, als hätte ihr Ausbruch sie fasziniert und als würden sie sich auf irgendeine Art und Weise von ihm nähren, wie Vess selbst sich von ihm genährt hätte, wäre er hier gewesen und hätte ihn beobachten können.
    Chyna wollte die Arme um das Mädchen legen, doch die Handschellen machten es unmöglich, sie zu umarmen. Statt dessen berührte sie Ariels Gesicht und küßte sie auf die Stirn. »Ariel, unberührt und lebend.«
    Steif und zitternd versuchte Ariel weder, sich von Chyna zu lösen, noch drückte sie sich gegen sie. Allmählich ließ das Zittern des Mädchens nach.
    »Ich brauche deine Hilfe«, bat Chyna. »Ich brauche dich.«
    Diesmal ließ Ariel zu, wie eine Schlafwandlerin aus der Zelle geführt zu werden.
    Sie gingen über die auf dem Boden liegende Tür durch den Vorraum. Im Keller hob Chyna den Bohrer auf, legte ihn auf die Werkbank und stöpselte den Stecker in die Steckdose an der Wand ein.
    Sie hatte keine Uhr, auf die sie schauen konnte, war aber sicher, daß es schon längst neun geschlagen hatte. In der Nacht warteten die Hunde, und Edgler Vess ging irgendwo seiner Arbeit nach und malte sich zu seiner Unterhaltung aus, was er alles tun würde, wenn er zu seinen beiden Gefangenen zurückkehrte.
    Chyna versuchte erfolglos, das Mädchen dazu zu bringen, den Blick auf sie zu fokussieren, und erklärte dann, was sie tun mußten. Es war zwar möglich, aber sehr beschwerlich, das Wohnmobil mit gefesselten Händen zu fahren, und sie mußte das Steuerrad loslassen, um einen anderen Gang einzulegen. Noch schwieriger, vielleicht sogar unmöglich war es, sich in Handschellen der Hunde zu erwehren. Wollten sie die Zeit, die ihnen bis zu Vess’ Rückkehr blieb, so gut wie möglich nutzen, um die Chancen ihrer Flucht zu verbessern, mußte Ariel die Schlösser der Handfesseln aufbohren.
    Das Mädchen verriet mit keiner Geste, daß es ein Wort von dem verstanden hatte, was Chyna ihr gesagt hatte. Und noch bevor Chyna fertig war, bewegten sich Ariels Lippen wieder in einem stummen Gespräch mit einem Phantom; sie »sprach« nicht unaufhörlich, sondern verstummte immer wieder, als erhielte sie eine Antwort von einer imaginären Freundin.
    Dennoch zeigte Chyna ihr, wie sie die Bohrmaschine halten und einschalten mußte. Das Mädchen blinzelte nicht mal, als der Motor plötzlich aufkreischte und der wirbelnde Bohreinsatz pfeifend durch die Luft schnitt.
    »Jetzt hältst du sie«, sagte Chyna.
    Ohne jede bewußte Wahrnehmung ließ Ariel die Arme an den Seiten herabhängen, die Hände halb geöffnet und die Finger gekrümmt, wie sie schon waren, seit sie die zertrümmerte Puppe fallen gelassen hatte.
    »Wir haben nicht viel Zeit, Schatz.«
    In ihrem

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