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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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daß Chyna es erneut versuchte. Als es ihr wiederum nicht gelang, mehr als sieben Kerzen mit einem Pusten auszublasen, nahm Woltz ihre Hand, leckte über ihren Daumen und Zeigefinger, wobei seine Zunge auf eine Art und Weise verweilte, die sie anwiderte, und zwang sie dann, die letzte Kerze zu löschen, indem sie den Docht ausknipste. Obwohl sie kurz etwas Heißes an ihrer Haut spürte, hatte sie sich nicht verbrannt; doch an ihren Fingern hafteten schwarze Rückstände von dem qualmenden Docht, und dieser Anblick erschreckte sie.
    Als Chyna zu weinen anfing, hielt Woltz ihren Arm fest und drückte sie auf den Stuhl, während Anne die acht Kerzen wieder anzündete und darauf bestand, daß sie es erneut versuchte. Beim drittenmal gelang es dem zitternden Mädchen lediglich, sechs Kerzen auszupusten. Als Woltz versuchte, sie zu zwingen, beide Flammen mit den Fingern zu löschen, riß sie sich los und lief aus der Küche, um auf den Strand zu fliehen, aber Blitze zuckten, als sei das Strandhaus von hellen Spiegeln umgeben, scharfe Silbersplitter schienen in der Nacht aufzuleuchten, und der Donner dröhnte so laut, als lieferten sich Kriegsschiffe auf dem Golf von Mexiko ein Gefecht, und so lief sie statt dessen in das kleine Zimmer, in dem sie schlief, kroch unter das durchhängende Bett, in jenes geheime Dunkel, in dem der Palmetto auf sie wartete.
    »Woltz, das stinkende Arschloch, lief durch das ganze Haus und suchte mich«, erzählte Chyna dem Mädchen, »rief meinen Namen, stieß Möbel um, schlug Türen zu und brüllte, er würde mich zu Köderstücken zerhacken und dann im Meer verstreuen. Später wurde mir klar, daß er es nicht ernst gemeint hatte. Er wollte mir nur fürchterliche Angst einjagen. Er versuchte immer, mir angst zu machen, mich zum Weinen zu bringen, weil ich nicht so schnell weinte … niemals …«
    Chyna hielt inne, konnte nicht fortfahren.
    Ariel schaute nicht, wie zuvor, zur Wand, sondern zu der elektrischen Bohrmaschine hinab, auf der ihre Hände noch immer lagen. Ob sie die Maschine sah, war eine ganz andere Frage; ihre Blicke waren noch immer in weite Ferne gerichtet.
    Das Mädchen hörte vielleicht gar nicht zu, doch Chyna verspürte den Drang, auch den Rest von dem zu erzählen, was in jener Nacht in Key West geschehen war.
    Zum erstenmal offenbarte sie jemandem, von Laura einmal abgesehen, etwas von dem, was ihr während ihrer Kindheit zugestoßen war. Die Scham hatte sie stets schweigen lassen, was eigentlich unerklärlich war, da keine der Erniedrigungen, die sie ertragen hatte, durch ihr eigenes Handeln verschuldet war. Sie war ein Opfer gewesen, klein und wehrlos; und doch hatte sie mit dieser Scham schwer an einer Last zu tragen, die all ihre Peiniger, einschließlich ihrer Mutter, niemals verspürt hatten.
    Sie hatte selbst Laura Templeton, ihrer einzigen guten Freundin, einige der schlimmsten Details ihrer Vergangenheit verschwiegen. Sie war oftmals drauf und dran gewesen, Laura manche Einzelheiten zu verraten, war jedoch jedesmal vor der Enthüllung zurückgeschreckt. Dann hatte sie nicht über die Ereignisse gesprochen, die sie ertragen hatte, und auch nicht über die Leute, die sie gequält hatten, sondern über Orte – Key West, Mendocino County, New Orleans, San Francisco, Wyoming –, wo sie gewohnt hatte. Wenn sie von der natürlichen Schönheit der Berge sprach, der Ebenen, des Bayou oder der niedrigen, vom Mondlicht erhellten Brecher, die vom Golf von Mexiko heranrollten, geriet sie ins Schwärmen, aber sie spürte auch, wie der Zorn ihr Gesicht verzerrte und die Scham es färbte, sobald sie die härteren Wahrheiten über Annes Freunde verriet, die ihre Kindheit bevölkert hatten.
    Nun war ihr Hals zugeschnürt. Sie war sich seltsamerweise des Gewichts ihres Herzens bewußt, das wie ein Stein in ihrer Brust lag, schwer von Altlasten.
    Obwohl ihr vor Scham und Zorn fast schlecht wurde, spürte sie, daß sie Ariel auch den Rest der Ereignisse erzählen mußte, die sich an diesem Abend der ungelöschten Kerzen in Florida zugetragen hatten. Diese Offenbarung mochte eine Tür aus der Dunkelheit sein.
    »O Gott, wie habe ich ihn gehaßt, den schmierigen Mistkerl, der nach Bier und Schweiß stank und aus meinem Zimmer Kleinholz machte und betrunken rumbrüllte, er würde mich zerstückeln und als Köder benutzen, während Anne sich im Wohnzimmer und dann auf der Türschwelle kaputtlachte; ihr betrunkenes Lachen, wiehernd und schrill; ihr kam das so komisch vor, und, großer

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