Internat Lindenberg - Achtung, es spukt
mit dem Hausmeister? Den hatten sie zwar fälschlicherweise verdächtigt, aber nicht ganz ohne Grund. Was hatte der auf dem Dachboden gemacht? Hatte er dort Diebesgut versteckt? Oder etwas anderes?
Das Detektivspielen hatte Leonie satt. Nachdem die direkte Tour schon bei Frau Behrens so gut funktioniert hatte, fasste sich Leonie ein Herz und sagte Herrn Radtke auf den Kopf zu, dass sie ursprünglich ihn im Visier gehabt hatten. Und zwar vor allem, weil er sich immer auf dem Dachboden herumgetrieben hatte. „Das fanden wir eben irgendwie verdächtig. Ich möchte mich dafür entschuldigen“, schwindelte sie ihn an.
Herr Radtke fand es zwar unheimlich lustig, dass jemand glauben konnte, er würde kleine Mädchen erschrecken, aber auf solche Förmlichkeiten wie Entschuldigungen legte er keinen großen Wert. Deshalb zuckte er nur mit den Schultern, für ihn war der Fall erledigt. Aber nicht für Leonie, denn eines musste sie unbedingt noch wissen.
„Übrigens, was wollten Sie denn wirklich auf dem Dachboden?“
„Ach so“, meinte der Hausmeister. „Seit diesem Jahr nisten da oben Schleiereulen. Der Direktor glaubt mir aber nicht. Er will die Dachluken zumauern lassen, weil er meint, dass die Tauben dort oben sonst alles vollmachen. Also habe ich mir gedacht, ich lege mich auf dem Dachboden auf die Lauer und mache ein paar Beweisfotos. Seit Wochen versuche ich das jetzt schon, hat aber noch nicht so richtig geklappt. Alles, was dabei herausgekommen ist, ist das hier.“
Er hielt Leonie das Display seiner Billigkamera unter die Nase. Darauf war lediglich eine schwarze Fläche mit einem verschwommenen hellbraunen Fleck in der Mitte zu sehen. Dagegen waren die Beweisfotos der UFO-Entdecker, die ab und zu mal in der Zeitung abgedruckt wurden, perfekt und gestochen scharf.
Herr Radtke als Tierschützer? Das klang ungefähr so glaubwürdig, wie wenn er erzählt hätte, er würde morgen zusammen mit Direktor Senftenberg ein Hip-Hop-Album aufnehmen und anschließend Madame Bleu heiraten. Aber gerade weil seine Geschichte so schnell und ohne Zögern kam und so wenig zu ihm zu passen schien, gab es nur eine denkbare Erklärung: Sie musste wahr sein.
„Mit dieser Kamera kann das auch nichts werden“, meinte Leonie und beäugte Radtkes jämmerlichen Plastikapparat. „Wenn Sie wollen, helfe ich Ihnen, Ihre Aufnahmen zu machen!“
„Dann bin ich ja beruhigt“, grinste der Hausmeister. „Mit dem Fotografieren von nachtaktiven Wesen kennst du dich ja aus!“
Auf dem Weg zum Abendessen hatte Leonie sich bei Hanna eingehakt und erzählte ihr, wie sich alles aufgelöst hatte. Sie war mit sich und der Welt zufrieden. Das Leben konnte wunderschön sein, wenn es ausnahmsweise einmal keine offenen Fragen mehr gab und man Frau Grundmanns selbst gemachte Ravioli schon von Weitem riechen konnte. Die zwei Freundinnen bogen um die Ecke und trafen vor dem Speisesaal auf Nina und Sophie. Und auf Angelika, die von einer Gruppe von Bewunderinnen umringt war.
„Ich frage mich wirklich, warum sich niemand bei mir bedankt hat“, hörten sie Angelika tönen. „Wer hat denn eigentlich die Sache aufgedeckt und den Typ entlarvt? Das war doch ich!“
Ihr Hofstaat nickte eifrig und Angelika sonnte sich in der Bewunderung. Leonie schüttelte den Kopf. Nachdem Angelika so viel hatte einstecken müssen, hatte sie sich fest vorgenommen, bis auf Weiteres nett zu ihr zu sein. Aber sie machte es einem wirklich nicht leicht.
„Andere haben nur zugeschaut. Oder schlaue Sprüche gerissen“, fuhr Angelika mit einem Seitenblick auf Leonie fort. „Aber ich war immer mittendrin in der Action! Und das Allerschlimmste is t …“
„Am Schlimmsten finde ich, dass Herr Jacobs so schnell entlarvt worden ist“, sagte Leonie scheinbar nur an Hanna, Nina und Sophie gerichtet, aber viel zu laut. „Wir hätten ihn ruhig noch eine Weile machen lassen sollen, wo er gerade so schön in Übung war!“
Angelika und ihre Freundinnen glotzten sie an wie eine Schafherde. Keiner aus der Clique fiel darauf eine passende Antwort ein.
„Siehst du?“, meinte Hanna. „Niemand widerspricht dir!“
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