Internat Lindenberg - Achtung, es spukt
Über die Folgen für die Schule würde er sich später vielleicht mal Gedanken machen.
„Ist etwas passiert?“, wollte Senftenberg wissen. „Was hat dieser Auflauf zu nächtlicher Stunde zu bedeuten? Dieser Lärm kann ja Tote aufwecken!“
Alle schauten sich hilflos an.
„Nein, nein, Boss“, sagte der Hausmeister und klopfte dem Direktor kumpelhaft und so fest auf die Schulter, dass der Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten. „Nichts, gar nichts. Nur ein Putzeimer, der im Besenschrank umgefallen ist. Hat halt ein bisschen Krach gemacht.“
Der Direktor starrte verdutzt von Radtke über Leonie zum Schrank an der Wand des Gangs. „Das kann schon mal vorkommen“, meinte er. „Wieso muss man so was gleich fotografieren? Na, das ist nicht mein Problem. Aber Frau Behrens, sehen Sie zu, dass Ihre Schülerinnen wieder ins Bett kommen. Und sagen Sie der Putzfrau, wenn sie schon diese Blecheimer nehmen muss, soll sie sie in Zukunft gerade auf den Boden stellen, damit sie nicht umkippen können.“
Niemand verriet etwas. Nicht einmal Angelika, die sich inzwischen schon wieder so weit beruhigt hatte, um zu bemerken, dass sie sich an der falschen Schulter ausheulte.
Noch eine Überraschung
Frau Behrens wollte ihre Art, die Sache zu regeln, nicht Vertuschung nennen. Aus ihrer Sicht war es einfach das Beste für alle Beteiligten und die eleganteste Lösung. Und so gab es keine offiziellen Erklärungen für das plötzliche Ende des Spuks, sondern nur eine dürre Mitteilung am Schwarzen Brett in der Aula:
„Herr Jacobs kann bis auf Weiteres aus gesundheitlichen Gründen seine Unterrichtsverpflichtungen nicht wahrnehmen. Sein Unterricht wird diese Woche ausfallen. Wir bemühen uns, kurzfristig Ersatzkräfte zu beschaffen. Näheres wird in Kürze bekannt gegeben.
Die Schulleitung“
„Den Jacobs sehen wir nicht wieder“, meinte Hanna. Alle teilten ihre Meinung.
Natürlich gab es einige Gerüchte über die wahren Gründe für sein Ausscheiden. Aber die ganze Wahrheit kannten nur wenige. Die drang nicht einmal bis ins Turmzimmer des Direktors vor. Aus irgendeinem Grund sprach man an der Schule auch nicht viel über die Geschichte. Es war, als ob den meisten immer noch ein wenig die Angst im Nacken säße. Man hatte sich stillschweigend geeinigt, die Angelegenheit zu vergessen.
Leonie gab sich damit nicht zufrieden. Sie war an der Aufklärung maßgeblich beteiligt gewesen und wollte jetzt auch noch das letzte Kapitel der Geschichte erfahren. Kurzerhand beschloss sie, Frau Behrens direkt darauf anzusprechen. Ihre Klassenlehrerin zögerte. Offenbar hatte sich Frau Behrens mit Jacobs darauf geeinigt, über die Angelegenheit Stillschweigen zu bewahren. Aber Leonie war keine Klatschtante. Bei ihr bestand keine Gefahr, dass sie die Geschichte weitererzählte oder aufbauschte. Frau Behrens hielt es sogar für besser, gezielt ein paar Informationen weiterzugeben, als der Gerüchteküche freien Lauf zu lassen.
„Herr Jacobs hat zwar alles gestanden, aber Erklärungen, warum er das getan hat, gab es fast keine. Klar ist, dass er zuerst nur Angelika eine Lektion erteilen wollte. Als er es zum zweiten Mal versucht hat, ist er zufällig auf dem Weg in euer Stockwerk Stephanie Seiters begegnet. Deswegen gab es scheinbar keinerlei Zusammenhang zwischen den Opfern. Das hat es zunächst fast unmöglich gemacht, der Sache auf den Grund zu kommen.“
Leonie nickte. Exakt das gleiche Problem, vor dem sie und ihre drei Freundinnen gestanden hatte n …
„Eigentlich wollte er keine weiteren Versuche mehr starten, zumindest hat er das behauptet. Doch dann, als er gesehen hat, wie leicht es war und vor allem welche Panik die Trittbrettfahrerinnen aus der elften Klasse mit ihrer Geschichte ausgelöst hatten, ist er auf den Geschmack gekommen und wollte noch eins draufsetze n … So wie er das dargestellt hat, war er sozusagen der Trittbrettfahrer der Trittbrettfahrerinnen. Das hat sich gegenseitig hochgeschaukelt.“
„Er ist ja auch ständig weiter geärgert worden“, meinte Leonie nachdenklich.
„Eben“, sagte Frau Behrens. „Aus diesem Grund wollte ich ihm auch keine großen Probleme machen. Wir haben uns darauf geeinigt, dass er aus gesundheitlichen Gründen von hier weggeht. Nächstes Jahr kann er sein Glück dann an einer anderen Schule versuchen.“
Nun hatte Leonie, was sie wollte. Ihre logische Erklärung. Sie konnte zufrieden sein, denn sie hatte ihren Teil dazu beigetragen. Blieb noch eine offene Frage: Was war
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