Internat und ploetzlich Freundinnen
darauf. Obwohl Carlotta nicht danach zumute ist, muss sie lachen.
„Pass auf deine Finger auf“, rät Jonas. „Das ist ’ne echte Kampfkatze. Die jagt alles, was sich bewegt. Am liebsten fette Brummer und Schmetterlinge.“
„Die armen Schmetterlinge“, sagt Carlotta.
„Bis jetzt hat sie noch keinen erwischt“, beruhigt Jonas sie. „Sie ist noch zu ungeschickt.“
Eine Weile schauen sie der jungen Katze beim Spielen zu. Als die Schnürsenkel uninteressant werden, springt Finchen auf die Fensterbank und starrt hinaus in den Garten. Ihr Schwanz zuckt angespannt hin und her. Jonas nimmt sie auf den Arm und streichelt sie. Finchen schnurrt behaglich.
„Das ist noch nichts für dich“, sagt er zu ihr. „Da draußen ist es viel zu gefährlich für so eine kleine Minikatze wie dich.“
Carlotta läuft es eiskalt den Rücken hinunter. Da draußen ist es viel zu gefährlich … In ihrem Nacken kribbelt es. Irgendwo da draußen schleicht ein Dieb rum. Ganz in der Nähe.
Sie springt auf. „Ich glaub, ich geh dann mal wieder. Ich hab gleich Foto-AG.“
Jonas nickt. „Ich muss auch wieder an die Arbeit. Wir schreiben morgen einen Test.“
„Viel Erfolg“, sagt Carlotta und streichelt Finchen zum Abschied über den Kopf. „Und bis bald mal!“
„Tschau“, erwidert Jonas lächelnd. „Wir sehen uns.“
„Junge, Junge, da ist man mal ein paar Stunden nicht da, und schon passiert ein echter Krimi!“ Manu thront auf ihrem Bett. Ihr linker Arm liegt auf einem kleinen Kissen in ihrem Schoß. Er wirkt blass und dünn. Die Haut ist ganz faltig und verschrumpelt.
„Sieht aus wie ein Alien-Arm, oder?“ Manu kichert, als sie Carlottas skeptischen Blick auf ihren gipsfreien Unterarm bemerkt. „Er fühlt sich auch so ähnlich an. Als würde er nicht zu mir gehören.“
Carlotta ist gleich nach der Foto-AG in ihr Zimmer gestürmt, um Manu zu berichten, was am Nachmittag passiert ist. Nicht ein einziges Mal hat sie Luft geholt. Manu hat ebenso atemlos zugehört.
Nur ihre Augen sind immer größer geworden. „Mannomann“, sagt sie jetzt. „Wenn Jonas Recht hat, ist im Internat bald der Teufel los!“
„Wieso das denn?“, will Carlotta wissen.
„Na, denk doch mal nach!“ Manu zieht die Augenbrauen zusammen. „Wenn es wirklich jemand von uns war, wird bald jeder jeden verdächtigen. Das passiert ganz automatisch.“
„Hm“, macht Carlotta. Mehr fällt ihr dazu nicht ein. Aber Manu hat natürlich Recht: Der Dieb sorgt auch so schon für genug Aufregung. Wenn sich jetzt noch herausstellen sollte, dass er aus Prinzensee kommt … Carlotta schüttelt sich bei dem Gedanken daran.
„Außerdem“, fährt Manu fort, „steht noch lange nicht fest, dass es ein Er ist. Es könnte genauso gut eine Diebin sein.“
„Ein Mädchen?“ Carlotta schüttelt den Kopf. „Nein, das glaub ich nicht.“
„Wieso denn nicht?“, entgegnet Manu. „Nicht nur Jungs stehen auf Handys und Bargeld, Mädchen auch. Wirf mir doch bitte mal die Gummimäuse von meinem Schreibtisch rüber!“
Carlotta wirft ihr die Tüte zu. Manu fängt sie geschickt mit einer Hand. Ihr Gesicht ist nachdenklich. „Ich bin mal gespannt, was die Internatsleitung unternimmt. So kann’s jedenfalls nicht weitergehen. Irgendwas müssen die doch tun. Die Polizei einschalten oder vielleicht einen Privatdetektiv engagieren.“
„Einen Privatdetektiv?“ Carlotta zeigt der Freundin einen Vogel. „Ich glaub, du guckst zu viele Krimis!“
„Nö, wieso?“ Manu zeigt sich unbeeindruckt. „Wenn ich es entscheiden könnte, würde ich ein paar junge, attraktive Detektive unter die Schüler mischen. Polizei ist doch viel zu auffällig. Na gut, die könnte natürlich in Zivil arbeiten“, schränkt sie ein und beißt einer Gummimaus den Schwanz ab. „Verdeckte Ermittlung nennt man so was.“
„Ich sag doch, du guckst zu viele Krimis!“ Carlotta lacht, aber insgeheim gibt sie Manu Recht: Polizisten in Zivil oder gut getarnte Detektive hätten vermutlich die besten Chancen, den Dieb zu fassen.
Oder die Diebin, denkt sie und schluckt.
„Vielleicht schlägt ja auch Kommissar Zufall zu“, mümmelt Manu. Carlotta will gerade fragen, wer das ist, aber Manu kommt ihr zuvor: „So nennt man das, wenn der Dieb einen Fehler macht und ohne fremdes Zutun auffliegt. Die meisten Diebe machen früher oder später einen Fehler, das ist statistisch erwiesen. Meistens dann, wenn sie sich ihrer Sache zu sicher fühlen oder zu gierig werden. Irgendwann macht
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