Interview mit einem Verführer - Caprice: Erotikserie (German Edition)
Show verfolgten, störten sie. Es war gut. Nein, es war hervorragend , dieses aufregende, kribbelnde Gefühl zu spüren. Und sie, Maren, stand im Mittelpunkt.
Sie hob ihre rechte Hand und begann zu fotografieren. Aus der Hüfte geschossen , dachte sie, im wahrsten Sinne des Wortes . Sie erreichte das Ende des Laufstegs, richtete die Kamera auf die einzelnen Promis und erntete erstaunte Blicke. Maren lachte. Kurz vor dem Ende des Stegs blieb sie stehen, ging in Position und machte dann kehrt. Auch auf ihrem Rückweg ließ sie die Digitalkamera erneut ihren Job machen, als gehöre dies alles zur Show. Als Robert sie hinter der Bühne in Empfang nahm, damit sie ihr Outfit wechseln konnte, seufzte sie leise. »Immer diese Doppelbelastung im Job.«
Er lachte und schüttelte den Kopf. »Ich hatte mich schon gefragt, wie du das wohl anstellen wirst. Genial gelöst.« Weitere helfende Hände berührten sie, holten sie aus dem ersten Kleid heraus, frischten ihr Make-Up auf, und als die Dresser ihr das nächste Stück angezogen hatten, schob man sie in Richtung Bühne.
Noch zwei Mal würde sie diese Tortur über sich ergehen lassen müssen, dann hätte sie es geschafft. Damit dürften genügend Fotos für ihre Kolumne zusammengekommen sein, die sie heute Nacht noch nach Hamburg würde schicken müssen. Maren fühlte sich gut; auch ihre weiteren Läufe über den Catwalk verliefen ohne Pannen, und als sich alle in der Umkleide zusammenfanden, war ihnen die Erleichterung darüber in den Gesichtern abzulesen. Kaum betrat Robert den Raum, brach ein Jubelsturm unter den Frauen los. Sie klatschten, sie lachten und nahmen sich gegenseitig in die Arme, erleichtert darüber, dass die erste Hürde geschafft war.
Sektkorken knallten, und als jede Frau mit einem Glas in der Hand bewaffnet war, bat Robert um Ruhe. Aber seine Meute war vor Erleichterung kaum zu bändigen, und er musste sich anstrengen, überhaupt gehört zu werden. »Mädels«, rief er in die Runde, »wir machen heute einen dicken Haken an Aufgabe Nummer 1. Wir haben es geschafft, und laut Veranstalter sind bereits die letzten Ärmel verkauft worden.« Erneuter Jubel unterbrach ihn, doch dieses Mal ließ er sie gewähren. Diese Frauen hatten es verdient, sich zu freuen.
Maren sah Karin fragend an. »Die letzten Ärmel?« Karin lachte. »Ja, in der Haute Couture werden niemals ganze Muster der einzelnen Modelle verkauft. Das könnte sich heute niemand mehr leisten. Zum größten Teil wird das Schnittmuster eines Ärmels, eines Plissees oder manchmal nur ein Knopf verkauft. Das findet man dann in der Mode der Kaufhäuser wieder … meist ein oder zwei Saisons später. Wir haben heute alles verkauft. Damit ist rein theoretisch die nächste Kollektion in trockenen Tüchern«, erklärte sie der Journalistin nicht ohne Stolz in der Stimme. Doch dann wurde sie ernst. Sehr ernst. »Es sei denn …«
Maren nickte. Nicht, wenn ich das verhindern kann , dachte sie.
Die Aftershowparty war noch im vollen Gange, als Maren sich verabschiedete. Sie hatte noch einen Job zu erledigen. Sie winkte Robert zu und er nickte leicht, warf ihr einen Luftkuss zu und wandte sich wieder seinen Angestellten zu.
Als Maren auf die Straße trat, schlug sie den Kragen ihres Mantels hoch. Berlin war kalt, eiskalt, und die Kälte legte sich über ihre immer noch vor Aufregung glühenden Wangen. Die klare Nachtluft tat ihr gut, so bekam sie den Kopf frei. Sie rief sich ein Taxi und fuhr zur Redaktionswohnung. Als sie an einem Spiegel in diesem Apartment vorbeikam, musste sie lachen.
Ihre Haare waren immer noch hochtoupiert und standen wie Stacheln von ihrem Kopf ab. »Das muss heute Nacht so bleiben«, murmelte sie. Sie setzte sich an ihren Laptop und begann die Fotos hochzuladen. Gleichzeitig kontrollierte sie ihre Mails und fand zwischen Spam und wüsten Beschimpfungen von Stein eine Nachricht ihres Professors. Ihr stockte der Atem, denn das, was sie dort zu lesen bekam, machte es nötig, dass sie jetzt schnell handeln musste. Sie beantwortete die Mail von Hannes und bat ihn, sie morgen vom Bahnhof abzuholen.
Die nächste Nachricht war eine Brandmail an Stein, ihren Chefredakteur. Sie markierte die Nachricht als »dringend« und hoffte inständig, dass dieser Depp wenigstens ein Mal in seinem jämmerlichen Dasein verstand, worum es ging, und dass die Sensation, die sie in petto hatte, ihre Forderungen an ihn rechtfertigen würde. Sie bat ihn, ihr unbedingt die erste Seite freizuhalten, denn sie
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