Intimer Betrug
sicher, dass einige von ihnen sogar Mitglieder der feinen Gesellschaft waren, die in unglückliche Lebensumstände geraten waren. Welche Gründe sie auch haben mochten, und er vermutete, es gab viele, die Mädchen, die den Männern ihre Körper zur Verfügung stellten, waren aus eigenem Antrieb dort. Sie waren äußerst bereitwillig und sehr darum bemüht, jedes männliche Verlangen zu befriedigen, und dabei in jeder verfügbaren Methode bewandert, eine Schwangerschaft zu verhindern. Und das war sein Hauptanliegen, seine goldene Regel.
Nach dem Tod seiner zweiten Frau hatte er sich geschworen, es nie wieder soweit kommen zu lassen, dass eine Frau von ihm schwanger wurde. Nie mehr zuzulassen, dass eine Frau bei der Geburt seines Kindes starb. Um das zu garantieren, fügte Vincent eine weitere Sicherheitsmaßnahme hinzu. Er ergoss sich immer außerhalb des Körpers der Frau. Diese Regel hatte er nach Angelines Tod für sich aufgestellt und hielt sich immer daran.
Während er zum Bordell ging, spannte sich sein Körper in Erwartung. Noch bevor er den Eingang erreichte, öffnete sich die schwere Eichentür.
»Euer Gnaden.« Ein Mann in einer dunklen, bordeauxroten Livree verbeugte sich hoheitsvoll.
»Guten Abend, Jenkins. Ist Ihre Herrin zu sprechen?«
»Ja, Sir. Sie erwartet Sie bereits. Im Gardenienzimmer.«
Vincent lächelte. O ja, heute Abend brauchte er das hier.
»Danke, Jenkins. Sie brauchen mich nicht anzukündigen.«
»Wie Sie wünschen«, sagte der Butler höflich und verschwand diskret durch die geflieste Eingangshalle.
Vincent ging an der geschwungenen Treppe vorbei, die zu den Separees führte, dann an einem halben Dutzend Salons: dem Narzissenzimmer, dem Hyazinthenzimmer, dem Azaleenzimmer, dem Tausendschönzimmer und dem Lilienzimmer. Das Gardenienzimmer. Er klopfte leise und öffnete die Tür.
Wie immer stieg ihm der Duft frischer Blumen in die Nase. Ein gutes Dutzend Bouquets ihrer aktuellen Verehrer stand auf Beistelltischen und Sockeln, die im ganzen Raum verteilt waren. Inmitten der vielen Arrangements konnte er sie auf den ersten Blick gar nicht sehen, bis er sie schließlich am Fenster entdeckte.
Als er eintrat, drehte sie sich mit einem Lächeln zu ihm um.
»Euer Gnaden«, begrüßte sie ihn und knickste anmutig.
Vincent betrachtete sie mit Anerkennung im Blick und ließ ihre Schönheit auf sich wirken. Genevieve war neunundzwanzig, vielleicht auch dreißig, mit einem zierlichen und dennoch sinnlichen Körper, von dem er sich nicht vorstellen konnte, dass ihn je die Spuren des Alters zeichnen würden. Ihr Kleid war bezaubernd, im zartesten Gelb gehalten und nach der neusten Mode geschnitten.
Sie trug das Haar hoch auf dem Kopf zusammengesteckt, von wo aus es in einer überwältigenden Fülle aus dichten Locken herabwallte. Sie war nur sehr dezent geschminkt, lediglich ein Tupfer Rouge auf den Wangen und ein Hauch von Rot auf den Lippen. Sie war auf höchst elegante Weise bezaubernd. Berückend schön. Als sie ihm zur Begrüßung in die Augen sah, konnte er sich eines Lächelns nicht erwehren. »Genevieve«, sagteer und nahm ihre Hand, um sie zu küssen. »Sie sehen heute Abend hinreißend aus.«
»Danke. Und Sie sehen …« Sie legte eine Hand an seine Wange. »Ah. Ein schwieriger Tag. Ich hole Ihnen ein Glas Brandy.«
Vincent lächelte. »Ich glaube, heute Abend bleibe ich lieber beim Whiskey. Es wäre unklug, zu dieser späten Stunde noch zu wechseln.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen nahm Genevieve den Stöpsel von einer Kristallkaraffe mit bernsteinfarbener Flüssigkeit und schenkte ihnen beiden je ein Glas davon ein. »Sie sind heute spät. Ich befürchtete schon …« Sie warf einen Blick über die Schulter und lächelte. »Die
Mädchen
befürchteten schon, dass Sie nicht kämen.«
Vincent setzte sich auf das elegant geblümte Sofa und streckte die Beine aus. Er fühlte sich hier immer so wohl. So entspannt.
Sie reichte ihm von hinten sein Glas. Als er es ihr abnahm, legten sich ihre Hände auf seine Schultern und massierten seine angespannten Muskeln.
»Erinnern Sie sich noch an unsere erste Begegnung, Euer Gnaden?«
»Natürlich.«
Vincent trank einen Schluck von Genevieves exzellentem Whiskey und lehnte sich zurück, um ihre Hände ihren Zauber entfalten zu lassen.
»Ich war erst neunzehn und hatte gerade angefangen, für Madame Renée zu arbeiten. Sie waren ein junger Mann. Vielleicht einundzwanzig? Zweiundzwanzig?«
»Zweiundzwanzig.«
»Sie hatten im Jahr zuvor
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