Intimer Betrug
hinzugeben, war ihre eigene Entscheidung. Sie traf sie aus freien Stücken.«
»Warum ausgerechnet ich?«
Genevieve lächelte. »Sie waren
meine
Wahl. Wem sonst hätte ich meine liebste Freundin anvertrauen können?«
Vincent ignorierte das peinliche Kompliment und lief zum anderen Ende des Raumes, um etwas Abstand zu bekommen. Im Kamin prasselte ein Feuer, dessen Flammen in hypnotischen, faszinierenden Bewegungen nach oben züngelten. Mit ausgebreiteten Armen stützte er sich am Kaminsims ab.
»Weiß sie, wer ich bin?«
»Nein. Grace kam mit bestimmten Bedingungen zu mir. Eine davon lautete, dass der Mann, dem sie ihre Jungfräulichkeit schenkte, ihr fremd sein sollte.«
»Was noch?«
Genevieve lächelte. »Dass der Mann, mit dem sie schläft, älter sein sollte als sie. Grace ist neunundzwanzig und hält sich für uralt. Sie wollte nicht, dass der Mann, mit dem sie schläft, jünger ist.«
Vincent zog fragend die Augenbrauen hoch. »Noch etwas?«
»Sie hat sehr nachdrücklich danach verlangt, dass der für sie Auserwählte unverheiratet ist. Sie wollte sich nicht dem Ehemann einer anderen Frau hingeben.«
Er starrte ins Feuer. Schließlich holte er tief Luft und stieß sich vom Kaminsims ab. »Wo finde ich sie?«
»Sie will nicht gefunden werden, Raeborn.«
»Das ist mir gleichgültig.«
»Sie sind nicht für sie verantwortlich. Lassen Sie sie in Ruhe.«
»Ich bin für sie verantwortlich, seit Sie beide mich in Ihre Intrige hineingezogen haben.«
»Das war nicht unsere Absicht.«
»Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Ich muss wissen, ob sie in anderen Umständen ist.«
Genevieve schnappte nach Luft. »Es ist erst eine Woche her. Es ist viel zu früh, um auch nur einen Verdacht zu hegen.«
»Ich muss mich vergewissern.«
»Und was dann?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich werde auf einem meiner Landgüter eine Stellung für sie finden. Irgendwo, wo ich sicher sein kann, dass sie gut versorgt ist. Und das Baby auch – wenn eines existiert.«
»Eine Stellung?«
»Ja. Was für eine Stellung hat sie momentan inne? Küchenhilfe? Dienstmädchen? Zofe? Was hat sie für besondere Talente?«
Als er sich umdrehte, lächelte Genevieve ihn an. »Ich bin mir sicher, sie wird in jeder Stellung, die Sie für sie finden, vortrefflich sein, Euer Gnaden. Sie ist sehr gewandt.«
»Dann werde ich etwas für sie finden. Eine Tätigkeit, an die sie gewöhnt ist. Nichts zu Strapaziöses, falls sie sich tatsächlich in anderen Umständen befindet.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen«, sagte Genevieve, schenkte sich noch ein Glas Wein ein und nippte daran. »Aber ich bezweifele, dass sie eine Stellung in Ihrem Haushalt annimmt.«
Vincent glaubte, einen Anflug von Humor in Genevieves Stimme zu hören, was ihn ärgerte. »Was erwarten Sie sonst noch von mir? Ich habe nicht darum gebeten, dieses Problem aufgehalst zu bekommen. Ich will nicht, dass noch eine Frau das Risiko auf sich nimmt, mein Kind zu gebären, schon gar nicht eine Frau, die ich gar nicht kenne, und ein Kind, auf das ich nie Anspruch erheben kann.«
»Ich verstehe«, flüsterte Genevieve.
»Sagen Sie mir einfach, wo ich sie finden kann, und ich sorge dafür, dass sie stets gut versorgt ist. Vielleicht besteht ja auch gar kein Anlass zur Sorge. Vielleicht habe ich sie ja gar nicht geschwängert.«
Doch noch während er die Worte aussprach, verkrampfte sich sein Magen schmerzhaft. Er atmete mehrmals tief durch und redete sich ein, dass es diesmal nicht so schlimm wäre. Wenigstens war sie nicht seine Frau. Wenigstens könnte er sich emotional von ihr distanzieren, wenn sie sich wirklich in Schwierigkeiten befände. Wenigstens müsste er ihre Geburtsschmerzen nicht miterleben und dann ihren Tod. Er würde sichmit ihr treffen, ihr eine Stellung und eine großzügige Abfindung anbieten und sie nie wiedersehen.
»Wo finde ich sie?«
Geistesabwesend arrangierte Genevieve die Blumen in einem der Sträuße neu, die auf einem Beistelltisch standen, und zupfte verwelkte Blätter von den ansonsten perfekten Blüten. Ohne ihn anzusehen trat sie an eine Anrichte, nahm einen Krug und goss ein wenig Wasser in die Vase.
»Wie ich höre, geben der Marquess und die Marchioness of Wedgewood am nächsten Mittwoch ein Abendessen mit anschließender musikalischer Soiree.«
Ihr plötzlicher Themenwechsel verwirrte ihn. »Ja. Ich habe heute Morgen eine Einladung erhalten.«
»Wie vorteilhaft. Einladungen zu den Veranstaltungen der Marchioness sind sehr begehrt.« Sie
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