Intimer Betrug
stellte den Krug wieder ab und sah Vincent vielsagend an. »Sie sollten unbedingt hingehen.«
Er signalisierte mit einem Nicken, dass er verstanden hatte.
»Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, Raeborn, ich erwarte einen Besucher.«
»Natürlich.«
Genevieve brachte ihn zur Haustür und nahm seine Hand. »Seien Sie nicht wütend auf sie, Raeborn. Sie hatte keine andere Wahl.«
Vincent hoffe, dass seine Miene seine wahren Gefühle verbarg. Was er verspürte, war weniger Ärger als Angst. Und er wusste, dass sich die Angst erst legen würde, wenn er sicher wüsste, dass sie kein Kind von ihm unter dem Herzen trug.
Er wandte sich zu Genevieve um, um sich endgültig von ihr zu verabschieden, und war überrascht, als sie ihm die Hand drückte.
»Seien Sie nicht wütend, wenn sie Ihre Hilfe ablehnt, Raeborn. Sie hat nie den Luxus genossen, jemanden zu haben, auf den sie sich verlassen kann. Ich weiß nicht, ob sie sich so einfach an den Gedanken gewöhnen kann.«
Sie hielt seine Hand noch einen Augenblick länger fest, bevor sie sie losließ.
Er konnte nicht zulassen, dass dies die letzten Worte zwischen ihnen waren. »Sie wird sich an den Gedanken gewöhnen müssen. Wenn sie mein Kind unter dem Herzen trägt, wird sie keine andere Wahl haben, als meine Hilfe anzunehmen«, knurrte er und wandte sich ab, um die Treppe hinabzusteigen.
Die knappe Woche, die er bis zu Lady Wedgewoods Dinner warten musste, kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Doch endlich war der Mittwoch gekommen.
Er traf zu früh ein und suchte die Flure des Stadthauses der Wedgewoods ab, beobachtete jedes Dienstmädchen und alle weiblichen Bediensteten, die bei dem Abendessen und der anschließenden Soiree mithalfen. Welche Gäste zugegen waren, interessierte ihn nicht, genauso wenig wie die Frage, wer für die musikalische Unterhaltung sorgen würde. Er war nur daran interessiert, den steten Strom der weiblichen Bediensteten zu beobachten, die mit Tabletts voller Speisen und Getränke aus dem Küchenbereich schwärmten.
Bislang war keine davon die Frau, die Genevieve Grace genannt hatte. Die Frau, die ihm vor zwei Wochen ihre Jungfräulichkeit geschenkt hatte.
Als es Zeit wurde, sich zum Essen zu begeben, unterhielt Vincent sich mit seiner Tischdame, während er sie ins Esszimmer begleitete, konnte sich danach aber an kein Wort mehr erinnern. Er war zu sehr damit beschäftigt, sich die weiblichen Angestellten im Raum anzusehen und festzustellen, ob eine von ihnen der Frau in seiner Erinnerung entsprach, der Frau mit Haaren wie goldener Seide und mit runden, vollen Brüsten.
Vincent schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können, und nahm seinen Platz am oberen Ende der langen Tafel ein. Die Erinnerung an die Frau, die Grace hieß, hatte ihm Tagund Nacht keine Ruhe gelassen. Wie streng er sich auch befahl, sie zu vergessen, es wollte ihm einfach nicht gelingen. Ihr fragender Blick und ihre zärtlichen Berührungen gingen ihm einfach nicht aus dem Sinn.
Er griff nach seinem Weinglas und nahm einen kräftigen Schluck.
Rechts von ihm saß die verwitwete Countess of Eversely, doch höfliche Konversation fiel ihm heute Abend schwer. Obwohl er sie immer gern besuchte, konnte er sich heute nicht darauf konzentrieren, ihr die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Die weiblichen Bediensteten im Auge zu behalten, lenkte ihn zu sehr ab.
Doch keine von ihnen war die Frau, die er suchte. Die Frau, die sich an ihn geklammert hatte, als er in sie eindrang, und ihre Erfüllung herausgeschrien hatte, als sie zum Höhepunkt kam.
Er bemühte sich, jeden Gedanken daran, wie sie nackt in seinen Armen gelegen hatte, zu verbannen, und widmete sich den geschmorten Rinderfiletspitzen auf seinem Teller. Er konnte sich nicht erlauben, die Erinnerungen an diese Nacht wieder und wieder zu durchleben. Er durfte der Frau, die ihm ihre Jungfräulichkeit geschenkt hatte, nicht erlauben, seine Gedanken derart in Anspruch zu nehmen. Das war nicht normal. In all den Jahren, die er zu Genevieve gegangen war, hatte er an die Frauen, bei denen er gelegen hatte, nie auch nur einen Gedanken verschwendet.
Und doch war er seit jener Nacht nicht mehr in der Lage, an irgendetwas oder irgendjemand anderes zu denken, als an die zarte Frau namens Grace.
Er griff nach seinem Weinglas und nahm noch einen Schluck.
Nachdem die Frauen sich nach dem Essen zurückgezogen hatten, blieb er nicht wie sonst mit den Männern am Tisch sitzen, um sich einen Brandy und eine Zigarre schmecken zu
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