Intimer Betrug
stehen.«
»Ich will dich nicht in den Schatten stellen, Kevin. Das hätte dein Vater auch nicht gewollt. Er hätte gewollt, dass du deinen eigenen Schatten wirfst, dass du das Beste aus dir machst. Das wünsche ich mir auch für dich.«
»Danke, Euer Gnaden. Ich weiß Ihr Vertrauen zu schätzen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.«
»Danke für deinen Besuch.«
»Ich hatte einen sehr angenehmen Nachmittag. Sie haben wirklich Glück. Ihre Frau ist reizend. Auch wenn ich mir sicher war, dass Sie nie wieder heiraten würden, sehe ich, dass Sie sich in Ihre Rolle als Ehemann sehr gut eingefügt haben. Meinen Glückwunsch. Ich bin überzeugt davon, dass Sie diesmal den Erben bekommen, den Sie sich wünschen.«
Vincent trat zurück, während Carver die Tür öffnete, und sah Germaine nach. Vincent hatte sich wegen der Unreife seines jüngeren Cousins unnötig viele Gedanken gemacht. Jetztwurde ihm klar, dass seine Sorge unbegründet gewesen war. Die Berichte seines Anwalts waren allesamt enthusiastisch gewesen. Vielleicht hatte der Junge schon die ganze Zeit über nur eine feste Hand gebraucht und Vincent war nur zu blind gewesen, es zu erkennen.
Als er zurück in den Salon ging, war er sehr zufrieden damit, wie die Dinge verlaufen waren. Wie großartig Grace heute Nachmittag die Bewirtung ihrer Gäste bewältigt hatte. Wie geschickt sie drei der berüchtigsten Klatschbasen der Gesellschaft in Schach gehalten hatte. Ja, vielleicht würde doch noch alles gut. Er hatte bereits feststellen müssen, dass es unmöglich war, zu verhindern, dass sie sein Herz berührte. Dass er ihr mehr zugetan war, als er je gewollt hatte. Und all das in den knapp drei Monaten, seit sie sich das erste Mal begegnet waren.
Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er konnte es nicht erwarten, zu ihr zurückzukommen.
Sein Lächeln erstarb in dem Moment, als er den Salon betrat und sein Blick auf Graces hängende Schultern und ihr blasses Gesicht fiel.
»Grace!«
Er eilte zu ihr und zog sie in seine Arme. Ihre Haut fühlte sich kalt und klamm an und sie war so schwach, dass sie kaum den Kopf hochhalten konnte.
»Vincent?«, sagte sie mit zittriger Stimme. Ein glänzender Schweißfilm überzog ihr Gesicht. »Mir geht es gut. Mir ist nur warm.«
Vincent drückte sie fester an sich. »Ich bringe dich ins Bett und rufe den Arzt.«
»Nein, Vincent. Mir geht es gut. Bitte bleib nur ein Weilchen bei mir sitzen.«
»Bist du auch sicher?«
»Ja. Ganz sicher.«
Sie hob das Gesicht zu ihm und lächelte, doch er glaubte nicht, dass das Lächeln von Herzen kam. »Carver«, rief Vincentund Carver war augenblicklich zur Stelle. »Bringen Sie Ihrer Gnaden ein Glas Wasser.«
Carver brachte eilig das Wasser und Vincent gab ihr zu trinken. Er hielt ihre Hand und blieb bei ihr sitzen, bis ihre Wangen wieder Farbe bekamen.
»Siehst du«, sagte sie nach einer Weile. »Mir geht es schon viel besser.«
»Gut genug, um aufzustehen?«
»Ja. Alles in Ordnung. Zum Glück dauern diese Anfälle nie lange.«
Sein Herz setzte einen Schlag aus. »Du hast das schon öfter gehabt?«
»Natürlich. Das ist bei Frauen in meinem Zustand sehr verbreitet. Mary hat in den ersten Monaten furchtbar gelitten, aber bei Sarah war es am schlimmsten. Im Vergleich dazu ist das noch harmlos.«
Er glaubte ihr nicht. Er konnte nicht. Erinnerungen an die anderen Male suchten ihn heim.
»Blick nicht so besorgt drein, Vincent. Mir geht es gut. Dein Kind will sich nur versichern, dass ich es nicht vergesse. Das wird ein sehr willensstarkes Kind.« Mit einem neckenden Funkeln in den Augen sah sie zu ihm auf. »Genau wie sein Vater.«
»Ich werde wegen der Unannehmlichkeiten, die es seiner Mutter bereitet, sehr ungehalten sein und ihm das sofort mitteilen, wenn wir uns zum ersten Mal sehen.« Vincent war um einen unbeschwerten Ton bemüht. Die Panik, die in ihm wütete, war fast unerträglich.
»Weißt du, was mir gefallen würde, Vincent?«
Vincent, der sich die ganze Zeit über darum bemüht hatte, seine Hände ruhig zu halten und Gelassenheit auszustrahlen, hielt sie fest im Arm. »Nein, Grace. Aber dein Wunsch ist mir Befehl.«
»Ich würde gerne eine Spazierfahrt machen.«
Vincent sah sie ungläubig an. Sie meinte es ernst. »Jetzt?« Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass …«
»Ich möchte mit der Kutsche durch den Hyde Park fahren, während die Sonne auf mich herabscheint und der Wind mir ins Gesicht weht. Mit dir an meiner Seite.«
Sie
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