Intimer Betrug
müssen als Caroline.« Sein Gesicht verdüsterte sich noch mehr. »Ich glaube, unser Kind will alle Welt wissen lassen, dass es zu früh kommt.«
Vincent zog die Augenbrauen hoch und musterte sie kritisch. »Ich denke, ich lasse morgen wieder nach dem Arzt schicken.«
Grace riss entsetzt die Augen auf. »Er war doch erst letzte Woche hier. Er wippt sowieso nur mit auf dem Rücken verschränkten Händen auf seinen glänzend schwarzen Schuhen vor und zurück und stellt mir eine Menge sehr peinlicher Fragen. Caroline duldet den Mann nicht in ihrer Nähe. Sie sagt, selbst Anne weiß mehr über das Kinderkriegen als er, obwohl die noch gar keine Kinder hat.«
»
Noch
nicht?«
Grace lächelte. »Sie ist sich noch nicht sicher, aber sie hält es für möglich. Schließlich ist sie seit fast fünf Monaten verheiratet.«
Vincent wurde leicht blass um die Nase. Sie wusste, dass er ein ordentliches Maß an Bestärkung brauchte. »Mir geht es gut, Vincent. Wirklich gut.«
»Aber dir ist morgens immer noch schlecht.«
»Nicht immer.«
»Mehr als es sein sollte.«
»Es wird nicht mehr lange anhalten. Ich bin fast im fünften Monat. Bis dahin hat sich die Übelkeit meist gelegt.«
»Vielleicht sollten wir uns aufs Land zurückziehen?«
»Noch nicht, Vincent. Ich will so lange wie möglich in London bleiben. Caroline hat beschlossen, ihr Kind hier zu bekommen, und wenn es soweit ist, will ich bei ihr sein.«
Grace sah die Bestürzung in Vincents Gesicht, seine besorgte Miene.
»Ich weiß nicht, Grace. Ich glaube nicht …«
Grace hob abwehrend die Hand. »Ich habe bei der Entbindung nahezu aller meiner Nichten und Neffen geholfen, Vincent, und gedenke nicht, diese hier zu verpassen. Außerdem hat Caroline mir versprochen, mir beizustehen, wenn es bei mir soweit ist.«
Grace sah den besorgten Ausdruck in seinem Gesicht. Seine Angst war fast mit Händen zu greifen. Sie wusste, dass jeder Tag ihrer Schwangerschaft eine Tortur für ihn war. Dass er ihre Übelkeit und ihre Beschwerden mit dem verglich, was er von Angelique und Lorraine kannte. Und der Vergleich ängstigte ihn zu Tode.
Ach, sie wünschte, ihre Schwangerschaft verliefe unkomplizierter. Francie hatte zwei Kinder und sich während beider Schwangerschaften keinen Tag unwohl gefühlt. Warum konnte es bei ihr nicht auch so sein?
Grace sah ihn an, wie er nach außen hin Unerschrockenheit zur Schau trug. Doch unter der Oberfläche sah sie seine Angst und Sorge. Seine Angst war fast greifbar, war wie ein lebendes, atmendes Ungeheuer, das ihn Tag und Nacht verfolgte. Sie hätte alles gegeben, um es zu auszulöschen, es zu verjagen.
Sie wusste, wie sehr er sich bemühte, sich von seinen Ängsten zu distanzieren. Und wie kläglich er damit scheiterte.
Ohne zu zögern, ging sie zu ihm und blieb erst stehen, als sie mit ihrem halb bekleideten Körper an seinem lehnte. Sie schlang die Arme um ihn und legte die Wange auf seine Brust. Sogleich umarmte er sie fest.
»Erinnerst du dich an das Versprechen, das ich dir gegeben habe, Vincent?«
»Ja, Grace.«
»Ich habe versprochen, dir einen gesunden Sohn zu schenken, den wir gemeinsam zu einem stattlichen jungen Mann erziehen.«
Vincents Herz hämmerte unter ihrem Ohr.
»Ich habe dir auch gesagt, dass du dich nicht zu sorgen brauchst. Ich habe dir versprochen, dass ich alles gut überstehen werde, weil ich Mut genug für uns beide habe.«
Seine Hände glitten an ihren Armen hinab und über ihren Rücken, ihre Seiten. Sie seufzte zufrieden. »Zweifle nicht an mir, Vincent. Ich brauche deine Kraft. Und du brauchst meinen Mut. Du sollst nur eines wissen: Ich werde nicht zulassen, dass mir etwas zustößt. Wie könnte ich, jetzt wo ich dich gefunden habe?«
Sie drückte ihn fester und ließ seine Kraft in sich strömen.
»Wie habe ich ohne dich bloß überlebt, Grace?«
»Sicher nur sehr unzureichend.«
Er senkte den Kopf und küsste sie, ein zärtlicher Kuss voller Gefühl. Dann küsste er sie leidenschaftlicher und Grace wusste, dass sie ihn von sich schieben musste, wenn sie auch nur die geringste Chance haben wollte, sich mit Caroline in der Oper zu treffen.
»Geh jetzt lieber, Vincent. Bestimmt steht Alice schon vor der Tür und wartet darauf, dass du herauskommst, damit sie mir helfen kann, mich fertig anzukleiden.«
»Wir könnten auch zu Hause bleiben.« Seine Augen funkelten, als er sie ansah.
»Nein, könnten wir nicht. Geh jetzt.«
»Na schön.« Er ging zur Tür.
»Vincent?«, rief sie ihm
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