Intimitaet und Verlangen
den Partner zu verlassen, regelmäÃig zu Verlangensproblemen führt. Das hat nichts mit einer »Wachstumshemmung« oder »Entwicklungsverzögerung« zu tun. Stellen Sie sich vor, es handle sich um bisher noch nicht erschlossenes Potential. Das gespiegelte Selbstempfinden ist eine frühe Vorform der komplexesten Spielarten des Selbst auf unserem Planeten!
Das menschliche Selbst ist ein erstaunliches Wunder. Wir können ein endogenes stabiles Selbst entwickeln, das nicht von der Wertschätzung anderer abhängig ist, ein Selbst, das angesichts der Herausforderungen, mit denen wir durch das Leben und durch andere Menschen konfrontiert werden, widerstandsfähig bleibt. Ein stabiles Selbst ist kein statisches, starres Selbstbild, sondern gleichzeitig stabil und flexibel. (Schon das allein ist erstaunlich.) Sie können es erweitern und so neue Facetten entdecken, und Sie können alte Aspekte, die nicht mehr zu Ihnen passen, entfernen. Sie können ein stabiles Selbstempfinden auch verändern, wenn Sie dies wollen, und trotzdem Ihre vertraute Form behalten, wenn andere Sie zu jemandem zu machen versuchen, der Sie nach der Vorstellung der Betreffenden sein sollten. Flexibilität und Resilienz sind zwei grundlegende und wichtige Eigenschaften eines stabilen Selbstempfindens.
AuÃerdem ist ein stabiles und flexibles Selbstempfinden auch ein »klares« Selbstempfinden, was bedeutet, dass es klar definiert ist. Es entsteht durch die Entwicklung einer adäquaten Identität, eines intrinsischen Selbstwertgefühls und dauerhafter Wert- und Zielvorstellungen (die nicht auf den Beurteilungen anderer Menschen basieren).
Ein stabiles und flexibles Selbst ist zweifellos die wichtigste evolutionäre Errungenschaft der Menschheit, da es Freiheit, Autonomie, Entscheidungen unddamit Selbstbestimmung möglich macht. Ein stabiles und gleichzeitig flexibles Selbst zu entwickeln gibt Liebesbeziehungen eine tiefere Bedeutung und ermöglicht eine langfristig leidenschaftliche Ehe.
Sexuelles Verlangen: Ein umfassenderes Bild
Das Verhältnis zwischen gespiegeltem Selbstempfinden und stabilem und flexiblem Selbstempfinden ist ausschlaggebend für die Entstehung von Verlangen. Es entscheidet darüber, wann, wo und warum Sie Verlangen empfinden und ob Sie es vermissen, wenn es sich nicht einstellt. Doch das ist nur die oberste Schicht.
Das eigentlich Erstaunliche ist, dass ein stabiles und flexibles Selbstempfinden nur eine von vier machtvollen menschlichen Fähigkeiten ist, die Ihr sexuelles Verlangen, Ihre Ehe und Ihr Leben formen. AuÃerdem können Sie noch drei andere Eigenschaften entwickeln, um Ihr Selbst zu stärken. Insofern geht es beim Bemühen um die Entfaltung des Selbst um mehr als darum, sich darüber im Klaren zu sein, wer Sie sind (oder dies zu verändern) und den eigenen Werten und Zielen treu zu bleiben. Sie mögen ein netter Mensch mit sehr positiven Wertvorstellungen und den besten Absichten sein, doch wenn Ihre Ãngste Sie dazu treiben, Dinge zu vermeiden oder impulsiv zu handeln, schaden Sie Ihrer Integrität, Ihren Idealen und Ihren Zielen und damit letztendlich Ihrem Selbstwertgefühl. Dies wirkt sich häufig sehr nachhaltig auf Ihr sexuelles Verlangen aus.
Carol und Randall: Probleme von Anfang an
Carol und Randall waren ein Paar mittleren Alters. Probleme mit dem sexuellen Verlangen und andere eheliche Schwierigkeiten hatten sie zu mir geführt. Sie waren verzweifelt auf der Suche nach einer Lösung. Schon wenige Minuten nach Beginn unserer ersten Sitzung verstrickten sie sich in ihre typische Interaktion.
Carol fand, dass Randall sexuell wenig aktiv sei. »Wir sind eher wie Bruder und Schwester als wie Mann und Frau. Er vergisst, dass ich eine Frau bin. Es ist doch wohl nicht meine Aufgabe, ihn daran zu erinnern, dass er sich wie ein richtiger Mann verhalten sollte.«
Randall entgegnete: »Ich weià schon, wer ich bin. Ich brauche das nicht erst von dir zu hören.« Daraufhin rollte Carol verächtlich die Augen â was Randall veranlasste, angewidert die Hände hochzuwerfen. »Ich werde mir diesen Unsinn nicht länger anhören, Carol! Für mich ist das hier erledigt. Ich habe die Nase gestrichen voll. Ich habâs wirklich satt!«
Carol lieà keine Sekunde ungenutzt verstreichen. »Du bist hier nicht derjenige, der Grund hat, die Nase voll zu haben. Das steht mir zu! Ich kann dich einfach
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