Intimitaet und Verlangen
rechnen, dass in Ihrer Beziehung oder Ehe Probleme des sexuellen Verlangens auftreten werden.
Manchmal ist beim Partner mit dem schwächeren Verlangen bezüglich der Intimität auch das sexuelle Verlangen schwächer. (Dies ist bei dem Paar, das im nächsten Kapitel vorgestellt wird, der Fall.) Der verlangensschwächere Partner verfügt dann über sehr viel Einfluss. Er kontrolliert die körperliche und emotionale Intimität und kann deshalb das gespiegelte Selbstempfinden des verlangensstärkeren Partners nach Belieben manipulieren.
Bei Paarbeziehungen wie derjenigen von Sharon und Thomas jedoch, in denen beide Partner jeweils in einem anderen Bereich die Rolle des verlangensschwächeren Partners spielen, ist die Situation eine andere. Sharon hatte die Kontrolle über Thomasâ Selbstwertgefühl im Hinblick auf Sex. Und Thomas kontrollierte Sharons Selbstwertgefühl im Hinblick auf Intimität. Beide fühlten sich zurückgewiesen, vom Partner kontrolliert und emotional unzulänglich. Beide enthielten dem Partner aus Wut vor, was dieser von ihnen wollte. Doch selbst als sie aufhörten, einander die gewünschte Bestätigung vorzuenthalten, befanden sie sich hinsichtlich Intimität und Verlangen weiterhin in einem Patt.
Thomas lieà Sharon gegenüber nicht erkennen, dass sie in seinem Leben eine besondere Rolle spielte. Er sah sich nicht in der Lage, ihr diese Bestätigung zu gönnen, weil er das Gefühl hatte, sie habe ohnehin zu groÃen Einfluss auf ihn. Sein Eindruck war, dass er für Sex mit Gesprächsbereitschaft und Selbstoffenbarungen bezahlen sollte.
Sharon war eifersüchtig auf den besten Freund ihres Mannes, Phil. Sie wollte selbst die engste Vertraute von Thomas sein. Sie glaubte, Thomas spreche mit Phil über sie, und sie sorgte sich, was Phil über sie denken mochte. Thomas war klar, dass sie seine Offenheit Phil gegenüber erheblich höher einschätzte, als sie tatsächlich war, doch diese Fehleinschätzung und die daraus resultierende unnötige Aufregung waren ihm durchaus recht. Sie enthielt ihm den Sex vor, und er rächte sich an ihr, indem er ihr gegenüber verschlossen blieb. Menschen, die sich von einem gespiegelten Selbstempfinden abhängig machen, haben oft das Gefühl, ihren Partnern etwas »heimzahlen« zu müssen.
Partner, die wir ständig bestätigen müssen, begehren wir nicht
Es gibt noch einen anderen wichtigen Grund für Sharons und Thomasâ Probleme mit dem Begehren: Menschen, die wir ständig bestätigen müssen, begehren wir nicht â zumindest nicht als langfristige Partner. Gegenseitige Bestätigung spielt zwar in der Zeit der Partnersuche eine wichtige Rolle, nicht jedoch in einer Ehe oder einer langfristigen Beziehung: Wenn das Bedürfnis, akzeptiert und bestätigt zu werden, in einer Beziehung die wichtigste Rolle spielt, büÃen wir unser Verlangen nach unserem Partner und unseren Respekt vor ihm ein.
Auf Druck können wir reagieren, indem wir ihm entweder nachgeben oder uns dagegen wehren, und beides verstärkt Pattsituationen. Wenn Sie von Ihrem Partner unter Druck gesetzt werden, ihn zu bestätigen und zu akzeptieren, treibt Sie dies möglicherweise dazu, sich dieser Tyrannei zu widersetzen. Das sexuelle Verlangen nimmt ab, wenn Ihr Drang, sich Druck zu widersetzen oder zu entziehen, stärker wird.
Die Regel, dass wir kein sexuelles Verlangen nach einem Partner verspüren, den wir ständig bestätigen müssen, passt auf die Situation von Sharon und Thomas. Dass Thomas sie so sehr brauchte, stieà Sharon ab. Inwiefern auch das Verhalten von Thomas der Regel entspricht, ist nicht so leicht zu erkennen. Er wollte Sex mit Sharon, verspürte ihr gegenüber aber kein Verlangen. Er wollte eindeutig nicht mit ihr reden. Er empfand sie emotional nicht als attraktiv oder begehrenswert, und tatsächlich war sie das auch oft nicht. Thomas war in diesem Fall deshalb der Partner mit dem stärkeren sexuellen Verlangen, weil er nicht bereit war, völlig auf Sex zu verzichten, nicht aber, weil er Sharon wirklich »wollte«. Dies verstärkte die Pattsituation zwischen beiden, weil Sharon es ausgezeichnet verstand, sich in Thomasâ Geist einzufühlen.
Sharon wollte keinen Sex, weil sie den Eindruck hatte, Thomas empfinde ihre »Verfügbarkeit« als selbstverständlich. Sie hatte keine Lust mehr, Thomas das
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