Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
fragte ich besorgt, lümmelte mich auf einen der Wartezimmerstühle in der Küche und zog meine Knie an die Brust. Wir waren allein, und ich hatte die vorige Nacht zwar ein bisschen verschwommen, aber noch recht frisch in Erinnerung. Es war ein guter Zeitpunkt, um mit Claudia zu sprechen. »Irgendwas nervt dich doch.«
Claudia lag auf dem harten Linoleumboden, das schwarze Haar fächerförmig um den Kopf ausgebreitet, die Hände flach auf dem Bauch. Ihr goldfarbener Teint wirkte ein bisschen blass – ich war nicht die Einzige, die am Vorabend zu viel getankt hatte. Claudia schloss die Augen. »Ist nicht zu übersehen, dass zwischen mir und Beck was läuft, stimmt’s?«
Ich schnaubte. »Allerdings.«
»Alle können es sehen.« Claudia öffnete ein Auge und spähte mich an. »Diese sexuelle Spannung zwischen uns bringt mich um.« Sie schloss das Auge wieder. »Aber er will auf nichts verzichten. Er will eine echte Beziehung, aber ohne sich festzulegen. Und um seinen Spaß zu haben, schläft er mit anderen Mädchen, denen er nichts versprochen hat.«
Ich sah die Anspannung in ihrem Gesicht. »Tut dir das weh?«
»Tut dir das mit Jake weh?«
Ich wertete das als Ja. »Sollen wir ihnen einfach aus dem Weg gehen?« Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich nicht hätte sagen können, welche Antwort ich hören wollte.
»Ich wünschte, ich könnte Ja sagen … aber ich will mich mit Beck treffen.« Claudia seufzte, stieß sich hoch in eine Sitzposition und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Letzte Nacht habe ich Mist gebaut. Ich fand Zack irgendwie scharf. Das bestreite ich gar nicht, aber es war dumm. Ich bin sauer auf Beck, und da habe ich es einfach getan. Und weißt du was?« Sie wurde in bisschen verlegen. »Dass Beck uns gesehen hat, hat die Sache lohnenswert gemacht. Ich habe ihm etwas bewiesen. Er will mich nicht. Fein. Aber andere Typen wollen mich schon.«
»Er wirkte echt sauer.«
»Und hat sofort mit einer anderen rumgemacht.«
Ich zuckte zusammen. »Du hast es gesehen?«
Claudia verdrehte die Augen. »Er ist so ein Feigling! Sich gegenseitig weh zu tun, um den anderen aus der Reserve zu locken, ist nicht gut. Das ist gar nicht gut. Ich dachte, nach letzter Nacht hätte er das kapiert, aber er hat mir heute Morgen eine SMS geschickt, als wäre nichts passiert.«
»Vielleicht, weil auch er sich weiter mit dir treffen möchte.«
»Wir kriegen es einfach nicht gebacken.«
»Also …« – ich zuckte mit den Schultern, als wäre es keine große Sache – »schlaft ihr einfach mit anderen?«
Sie warf mir einen düsteren Blick zu, als hätte ich sie verurteilt. »Ich wollte es nur mal ausprobieren.«
»Reg dich nicht auf. Ich mache dir keinen Vorwurf, ehrlich. Es passt nur nicht zu dir.«
»Ich weiß.«
»Und? Wie war’s?« Ich war echt neugierig.
Claudia rümpfte die Nase. »Es war okay, aber mehr auch nicht. Als würdest du Vanilleeis essen, obwohl du eigentlich nur Schokolade magst.«
Ich wollte sagen, wie gut ich diese Analogie verstand, schwieg jedoch.
»Und was ist mit Jake? Ist gestern irgendwas Erwähnenswertes passiert?«
Ich stöhnte und erzählte Claud, dass er wegen meiner Eskapaden sauer abgezogen war.
Jetzt guckte Claudia besorgt drein. »Es bekommt dir nicht, wenn du mit ihm zusammen bist. Vielleicht solltest du dich eine Weile von ihm fernhalten. Und sag jetzt nicht, ich soll mir an die eigene Nase fassen.« Sie stöhnte und ließ sich wieder auf den Boden sinken. »Wir kriegen es gerade echt nicht gebacken.«
»Es wird mir nicht schwerfallen, mich von Jake fernzuhalten. Im Gegensatz zu dir habe ich heute Morgen keine SMS bekommen, und ich werde auch keine bekommen.« Ich bemühte mich, gleichgültig zu klingen, dabei war allein die Vorstellung, nie wieder mit Jake zu sprechen, grauenhaft.
Fast genauso hatte es sich vier Jahre zuvor angefühlt.
Deshalb war ich auch sprachlos, als Jake ein paar Tage später am Tor zu unserem Hof stand und auf mich wartete. Ich war zu unserer üblichen Zeit auf dem Weg zum Fitnessstudio, und normalerweise trafen Jake und ich uns dort. Nach der Halloween-Party hatte ich jedoch nicht erwartet, ihn zu sehen.
Ich ging langsamer, damit mein Herz aufhörte, wie verrückt zu schlagen, und blieb schließlich vor ihm stehen. Er lehnte gegen die Wand, die Hände in den Taschen seines schwarzen zweireihigen Wollmantels verborgen, den er über einer schwarzen Jeans trug. Ein hellblauer Schal war um seinen Hals gewickelt und schützte ihn vor dem
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