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Intrige (German Edition)

Intrige (German Edition)

Titel: Intrige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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sind Sie also noch einmal Vater geworden? Meine Gratulation.«
    »Danke. Charles ist jetzt ein Jahr alt. Meine Frau ist mit ihm für den Sommer auf ihren Familiensitz gefahren. Ich bin zum Schreiben in Paris geblieben.«
    »Was genau schreiben Sie?«
    »Es ist etwas Geheimnisvolles.«
    Ob er damit das Genre seines Werkes meint oder dessen gegenwärtigen Zustand, weiß ich nicht genau. Aber er hat es anscheinend eilig, wieder an den Schreibtisch zu kom men. Jedenfalls bietet er mir keinen Stuhl an. »Nun, ich habe hier auch etwas Geheimnisvolles für Sie«, sage ich. Ich öffne meine Aktentasche und gebe ihm einen von Esterházys Briefen. »Vielleicht erkennen Sie die Handschrift wieder.«
    Er erkennt sie sofort wieder. Ich sehe das am Zucken seiner Augen und daran, wie er versucht, seine Verwirrung zu verbergen. »Ich weiß nicht«, brummt er. »Kann schon sein, dass ich die irgendwoher kenne. Wer hat das geschrieben?«
    »Das weiß ich nicht. Aber ich weiß mit Bestimmtheit, dass es nicht unser Freund auf der Teufelsinsel ist, weil das hier nämlich letzten Monat geschrieben wurde.«
    Er drückt mir den Brief wieder in die Hand. Es ist offensichtlich, dass er nichts damit zu tun haben will. »Zeigen Sie das Bertillon, der ist der Grafologe.«
    »Habe ich schon. Er sagt, dass die Schrift mit der vom Bordereau identisch ist – identisch, das ist das Wort, das er gebraucht hat.«
    Es entsteht eine verlegene Pause, die du Paty zu überbrücken versucht, indem er auf beide Seiten seines Monokels haucht, es mit dem Ärmel seines Morgenmantels sauber poliert und dann wieder ins Auge klemmt. Er schaut mich an. »Weshalb genau sind Sie gekommen, Georges?«
    »Ich tue nur meine Pflicht, Armand. Es gehört zu meiner Aufgabe, nach potenziellen Spionen zu suchen, und ich habe anscheinend noch einen gefunden – einen Landesver räter, der während der von Ihnen geleiteten Ermittlungen gegen Dreyfus vor zwei Jahren irgendwie unentdeckt geblieben ist.«
    Du Paty verschränkt abwehrbereit die Arme in den weiten Ärmeln seines Morgenmantels. Er sieht skurril aus, wie ein Zauberer in einer Cabaret-Nummer im Chat Noir. »Ich bin nicht unfehlbar«, sagt er. »Das habe ich nie behauptet. Mög lich, dass auch andere in die Geschichte verwickelt waren. Sandherr hat immer geglaubt, dass Dreyfus einen oder gar mehrere Komplizen hatte.«
    »Hatten Sie irgendwelche Namen?«
    »Ich persönlich hatte seinen Bruder im Verdacht, Mathieu. Sandherr übrigens auch.«
    »Aber Mathieu war zu der Zeit nicht einmal in der Armee! Er war nicht einmal in Paris!«
    »Nein«, sagt du Paty mit gewichtiger Stimme. »Aber er war in Deutschland. Und er ist Jude.«
    Ich will mich nicht auf du Patys verrückte Theorien einlassen. Das wäre, als würde ich mich in einem Labyrinth ohne Ausgänge verlieren. »Ich möchte Sie nicht weiter von Ihrer Arbeit abhalten«, sage ich. Ich stelle kurz meine Aktentasche auf dem Sekretär ab, um die Fotografie wieder einzupacken. Dabei fällt mein Blick zwangsläufig auf eine Seite von du Patys Roman: »Sie werden mich mit Ihrer Schönheit nicht ein zweites Mal blenden, Mademoiselle«, schrie der Herzog von Argentin und fuchtelte mit seinem vergifteten Dolch …
    Du Paty beobachtet mich. »Der Bordereau war nicht der einzige Beweis gegen Dreyfus. Was ihn eigentlich überführt hat, waren die Informationen, die wir über ihn hatten. Das Geheimdossier. Sie erinnern sich bestimmt.« Die Drohung in seiner letzten Bemerkung ist nicht zu überhören.
    »Ja, ich erinnere mich.«
    »Schön.«
    »Was wollen Sie damit andeuten?«
    »Nichts. Oder nur, dass Sie im Laufe Ihrer weiteren Ermittlungen hoffentlich nicht vergessen, dass aufseiten der Anklage auch Sie beteiligt waren. Darf ich Sie jetzt zur Tür begleiten?«
    An der Tür drehe ich mich noch einmal um. »Wenn Sie erlauben, dass ich Sie korrigieren darf, aber das ist nicht ganz richtig. Sie, Sandherr, Henry und Gribelin waren die Vertreter der Anklagebehörde. Ich war nichts weiter als ein Beobachter.«
    Du Paty bricht in wieherndes Gelächter aus. Sein Gesicht befindet sich so dicht vor meinem, dass ich seinen Atem riechen kann. Der Hauch von Verwesung, der mir in die Nase steigt, scheint tief aus seinem Innern zu kommen und erinnert mich an die Abwasserkanäle unter der Statistik-Abtei lung. »Glauben Sie das wirklich? Ein Beobachter! Also wirk lich, mein lieber Georges, Sie waren bei allen Verhandlungen vor dem Kriegsgericht dabei! Sie haben die ganze Zeit den Laufburschen für

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