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Intrusion

Intrusion

Titel: Intrusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Elliott
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den Boden und schlug die Beine übereinander. Dann holte er ein Messer aus seinem Ärmel, spuckte auf die Klinge und begann es mit einem Lappen zu polieren. »Ihr wisst, von wem ich spreche, Mira?«
    »Beantworte meine Frage – und zwar möglichst vollständig!«
    Slythe zuckte mit den Schultern und berichtete ausführlich, was sich zugetragen hatte. »Sein Leichnam löste sich in Farbpfützen auf, die im Gras versickerten«, schloss er. »Dann kamen die Dragoner. Ich starrte sie so drohend an, dass sie nach einer Weile den Rückzug antraten.«
    Mira hatte sich nicht von der Stelle gerührt. »Legt mein Bruder des Öfteren ein derartiges Verhalten an den Tag?«
    »Allerdings. Sein Ausraster im Drogenrausch bereitete mir mehr Sorgen als diese toten Bauersleute. Er sagte etwas wie: ›Ferne Dörfer gehen zugrunde, obwohl so viel zu essen da ist!‹ Das war für mich mit ein triftiger Grund, den Farmer umzubringen.«
    »Aber die Familie des Farmers hörte die Worte ebenfalls, und die hast du am Leben gelassen?«
    »Ich glaube, in dem Durcheinander ist der Satz nicht weiter aufgefallen, Lady.«
    Miras Züge verkrampften sich. Sie kniete neben dem großen Gefäß nieder und riss den Mund auf wie eine Schlange. Ein grauenhafter Laut drang aus ihrer Kehle, als sie einen dünnen Strom schwarzen Lichts erbrach, der sich aufblähte und dann wabernd in das Glas senkte. Starr wie ein Roboter sagte sie: »Slythe! Heute Nacht tötest du die übrigen Mitglieder dieser Familie!«
    Wieder zuckte Slythe mit den Schultern. Er schob das Messer zurück in die Schlaufe seines Ärmels, holte ein anderes hervor und begann es ebenfalls zu polieren. »Lady, was befürchtet Ihr von den Leuten, wenn sie die Wahrheit kennen?«
    Mira wischte sich einen dunklen Speichelfaden vom Mundwinkel. »Wir verloren letzte Nacht einen Großteil der Armee. Torak verschwieg mir das, doch ich fand es selbst heraus. Die Kirche hat in den Tiefen von Days Past einen ganzen Schwarm Dragoner stationiert. Selbst wenn du zehn von ihnen außer Gefecht setzen könntest, gäbe es mindestens fünfzig weitere in anderen Verstecken.«
    »Was geschah mit der Armee?«
    »Weißt du das nicht? Das Vergessen rückte näher. Unheimlich schnell. Unsere Welt hat bestenfalls noch die Größe einer Insel. Eine Frage der Zeit, bis das allgemein bekannt ist. Vielleicht hat es sich auch schon herumgesprochen. ›Ferne Dörfer gehen zugrunde‹, wie Julius sagte, weil sie ihres Lichtes beraubt wurden. Wir schnitten einige der unterirdischen Tunnel ab, die zu einem Ort namens Hammerfall führten. Die Realität dort zerbröckelte. Das Ganze ereignete sich zum Glück so weit weg, dass es niemandem auffiel. Warst du heute Abend im obersten Gemach?«
    »Nein, Mira.«
    »Ich schon. Weniger Land müsste mehr Traumlicht bedeuten. Aber der Traum lieferte weniger Licht. Weit weniger. Gerade genug, um den Rest der Welt zu versorgen. Ich hatte mit einem gewaltigen Überschuss gerechnet. Weißt du, was jetzt geschieht?«
    »Nein.«
    »Da wir kein Heer mehr besitzen, werden wir einen Großteil des ankommenden Lichts benötigen, um Waffen herzustellen, bevor die Kirche von unserer Schwäche erfährt. Nahe Dörfer wie Somerset können keine Energie mehr erhalten und werden zugrunde gehen. Das muss geheim bleiben, bis wir genug Waffen besitzen, um einen Aufstand niederzuschlagen.«
    Slythe beobachtete sie mit neu erwachtem Interesse. Der Gedanke an einen Aufstand der Uhrwerk-Leute wäre ihm verrückt vorgekommen, hätte ihn nicht Mira ausgesprochen. Sie war alles andere als verrückt. »Der Junge«, sagte sie. »Was war er?«
    »Eine von Muses Schöpfungen.«
    »Du bist auch eine von Muses Schöpfungen. Auf welche Weise unterschied er sich von dir und den anderen?«
    »Irgendwie hob er sich von allen Schauspielern ab, die ich kannte und kenne. Und doch war überhaupt nichts Auffallendes an ihm. Er hatte lediglich ein paar sonderbare Ansichten.«
    Mira ging im Zimmer auf und ab. Das Hämmern ihrer Schritte klang irgendwie zu laut für eine so schlanke, zierliche Frau. »Heute Nacht erschien wieder der gleiche Traum«, sagte sie. »Torak erwähnt das mit keiner Silbe, als wäre es mir entgangen. Glaubt er denn, ich schaue nie aus dem Fenster? Seit vier Nächten der gleiche Traum. Wusstest du das?«
    »Ich hatte keine Ahnung.«
    »Dennoch scheinst du weder überrascht noch sonderlich entsetzt zu sein. Warum nicht?«
    Slythe zuckte mit den Schultern. »Angst war mir von jeher fremd. Wenn die Welt dem

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