Invasion 05 - Heldentaten
offenkundig sein sollte.«
Vermutlich sprach Ferret die Wahrheit. Das ganze Szenario war für eine Verschwörung nicht gut genug organisiert. Ferret schien von reinen Motiven geleitet zu werden. Natürlich waren das menschliche Motive, nicht Darhel-Motive. Und so schroff das auch klingen mochte: Es gab keinen Anlass für Tirdal, sich mit einem schwer verwundeten Menschen zusammenzutun, und genügend Anlass, dafür zu sorgen, dass Daggers Aufmerksamkeit geteilt blieb. Ob Menschen diese Logik nachvollziehen konnten, war allerdings höchst zweifelhaft.
»Okay, Tirdal, kannst du mir sagen, wo Dagger ist? Dann gehe ich und setze ein paar Schüsse auf ihn ab.«
»Ich schätze, es kann nicht schaden, dir das zu sagen, Ferret. Aber auf ihn zu schießen würde mir als Beweis nicht ausreichen. Wenn du ihn verwunden oder auch töten kannst, zeigt das nur, dass du stärker an dem Artefakt oder deinem eigenen Leben interessiert bist als an Daggers Existenz. Du siehst also, vor welchem Problem wir beide stehen.« Wenn er Ferret dazu bewegen konnte, das zu tun, würde es Tirdals Chancen verbessern. Wenn er Ferret dazu treiben konnte, in Panik zu geraten, würde er eine Bestätigung für dessen Einstellung bekommen, so wie er das bei Dagger geschafft hatte. Aber es würde eine starke Emotion voraussetzen.
»Dagger befindet sich hinter mir in einem Terrain, das allmählich offener wird. Deutlicher kann ich das nicht sagen. Und jetzt gebe ich dir noch seine Gitterkoordinaten durch.« Er überlegte sorgfältig, wie er es anstellen sollte, seine eigene Position nicht preiszugeben. In Wirklichkeit hatte er Dagger ja nicht so genau lokalisiert, aber wenn Ferret jene Richtung einschlug, bedeutete das weniger Unannehmlichkeiten für ihn. Möglicherweise versuchte Ferret es mit der gleichen Argumentation bei Dagger. Aber wie auch immer, es machte Sinn, Erkenntnisse über den gemeinsamen Feind miteinander zu teilen. Ironie war wahrhaft ein faszinierender Begriff. »Ich setze die Position der Kapsel bei Einsatzbeginn als Nullmeridian. Und das sind Daggers Koordinaten«, sagte er und las die Ziffernfolge ab. »Das sollte auf fünfhundert Meter genau sein. Ich würde wetten, dass es weniger als die Hälfte ist, aber ich kann es nicht garantieren.«
»Das habe ich, Tirdal«, sagte Ferret. Wow. Das war nur einen Kilometer vor ihm. Sie bewegten sich ebenso langsam wie er. Aber das war kein Wunder, drei Tage Müdigkeit, Verletzungen und dazu im Falle Tirdals die Box waren für sie alle eine Belastung. »Ich werde versuchen, ihn zu erledigen. Und nachher tust du dich mit mir zusammen?«, fragte er. Seine Stimme hob sich am Ende fragend.
»Das kann ich nicht, tut mir Leid«, erwiderte Tirdal mit gleichmäßiger, sehr gleichmäßiger Stimme.
»Verdammt, Tirdal! Ich bin doch auf deiner Seite! Bitte!«, rief Ferret, dessen Stimme anzuhören war, dass er allmählich in Panik geriet.
»Ich bin mit menschlichen Stimmen nicht vertraut genug, um aus ihnen Schlüsse auf den jeweiligen Gemütszustand ziehen zu können. Nur dass du unter starkem Druck stehst. Das ist eine ehrliche Emotion, aber nicht spezifisch genug. Du könntest von Dagger bedroht werden oder einfach nur Schmerzen haben.«
Jetzt klang Ferrets Stimme betrübt und verletzt, als er antwortete: »Dann kannst du mich mal, scheiß Alien.«
Tirdal hatte immer noch Probleme mit dem Begriff »menschlicher Stress«. Manchmal wirkte es so, als könnten sie ganz plötzlich die Seiten wechseln, ganz besonders, wenn sie wütend waren. Aber üblicherweise blieben sie ihrer Linie treu. Auch wenn sie manchmal ganz aus dem Augenblick heraus handelten, häufig völlig unlogisch und unvorhersehbar. Und ebenso gut war möglich, dass sie sich jenseits aller verfügbaren Wahlmöglichkeiten für etwas völlig Belangloses entschieden. Was würden Ferret und Dagger vernünftigerweise tun? Was konnten sie tun, was nicht vernünftig war? Er musste Spekulationen anstellen, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit des Irrtums bestand.
Dagger sah, wie die Bäume allmählich in niedriges Unterholz übergingen, und wusste, dass bald die Grassteppe einsetzen würde. Das war jetzt ein guter Zeitpunkt, um nach Osten abzuschwenken und nach höher liegendem Gelände zu suchen. Falls es ihm gelang, die Felsvorsprünge zu erklimmen, die er vor sich sah, würde das eine gute Position sein, um parallel zu Tirdal vorzurücken und ihn ins Visier zu nehmen. Er war ausgepumpt, hatte Schmerzen, litt Hunger und Durst, aber das
Weitere Kostenlose Bücher