Invasion aus dem Jenseits (German Edition)
schon in den 60er Jahren gestorben war.“
Benno überlegte, ob er ihn nicht mit dem konfrontieren sollte, was er vom Archivar erfahren hatte. Aber was hätte es bringen sollen, dem Mann seine Illusionen zu rauben – sofern die I nformationen des Archivars überhaupt korrekt waren.
„Warum hatten sich Ihre Eltern eigentlich getrennt?“, fragte er statt dessen.
„Hatten sie gar nicht. Mein Vater war nur mit mir zusammen in den Westen vorausgegangen und wollte meine Mutter später nach holen. Leider ist er dann verstorben, bevor es zu der Familienzusammenführung kam.“
„Haben Sie ein Bild Ihrer Mutter? Ich meine oben, in der A hnengalerie?“
Der Baron nickte.
„Sicher.“
„Das würde ich gern mal sehen.“
„Morgen vielleicht. Jetzt bin ich unterwegs hinunter in den Ort. Schönen Abend, Herr Zenn.“
Benno drehte sich um und sah ihm hinterher, wie er durch das Torhaus auf die Zugbrücke zumarschierte.
„Ach, Herr Baron, ist eigentlich Herr Müller noch hier?“
„Könnte sein. Schauen Sie halt mal nach seinem Auto.“
Der Baron verschwand über die Zugbrücke, und Benno machte sich an den Aufstieg. Von der Wehrmauer an der Auffahrt zur Hauptburg sah er auf den Parkplatz hinunter, wo der Baron gerade seinen Sportwagen aus einer Parkbucht rangierte. Der schwarze Mercedes-Geländewagen von Maurice war nirgends zu sehen. Aber das musste gar nichts bedeuten.
Benno beschloss, deshalb lieber erst nach Ei nbruch der Dunkelheit aus dem Auto zu holen, was er auf dem Herweg in einem Baumarkt gekauft hatte: einen großen, schweren, scharfkantigen Spaten.
Kapitel 14
Er hätte die Zeit zu gerne genutzt, einen Packen neue Flugblätter auszudrucken und zu kopi eren, damit er am nächsten Morgen früher wegkäme, aber der Bürotrakt war ihm nach wie vor ebenso unzugänglich wie das Wunderreich von Computer-Schaltzentrale des Herrn Maurice Müller.
Er hockte sich auf seine Pritsche und wartete.
Was, wenn er wirklich einen Schatz fände beim Graben in diesem Kellerraum? Das Schloss gehörte dem Baron, noch, also gehörte ihm auch alles, was darin gefunden wurde. Er würde davon seine Schulden tilgen und den Gruselpark samt ihm selbst als Mitarbeiter erhalten können.
Aber was, wenn es kein Schatz war, sondern eine Falle?
Unsinn, warum sollte man ihn in eine Falle locken?
Es musste ja auch keine Falle sein. Vielleicht verlief er sich einfach nur in diesem Irrgarten und fand niemals zurück, ve rrottete dort unten in den feuchten Kellergängen. Und wofür? Wenn es dort unten etwas zu holen gab, dann hatte es die DDR sich längst geholt. Die Verantwortlichen damals mussten doch auch gewusst haben, was sich hier im Laufe der Jahrhunderte abgespielt hatte.
Also gar nichts tun? Den Spaten im Auto lassen und ganz auf die Flugblätter setzen?
Nichts da!
Er stand mit Schwung von seiner Pritsche auf und machte sich auf den Weg.
Dunkel war es noch nicht, aber wenn er sich noch ein bisschen herumtrieb, würde es reichen. Der Parkplatz war verwaist bis auf den Smart, die Gaststätte dicht, das Tor versperrt. Benno schloss von innen auf, ließ das Tor angelehnt und ging mit hohl pochenden Schritten über die Zugbrücke. Das Schloss hinter ihm sah im Mondlicht aus wie eine Karikatur seiner selbst – ein übergroßer, finsterer Berg, ein hohles, pockennarbiges, menschenfressendes Monstrum.
Benno sperrte das Auto auf, zog den Spaten unter einer Decke hervor und fühlte sich damit etwas sicherer. Das Gefühl, be obachtet zu werden, wollte nicht verschwinden.
Das Pochen der Schritte auf der Zugbrücke zurück zum Tor klang überlaut.
Benno wechselte den Spaten in die andere Hand und wollte das angelehnte Tor aufstoßen.
Es war fest verschlossen.
Verflixt, zugefallen – Benno kramte nach dem Schlüssel, steckte ihn ins Schloss, sperrte auf, drückte. Das Tor bewegte sich keinen Millimeter.
Er stellte den Spaten zur Seite und drückte mit vollem Körpergewicht. Die massiven Hol zbohlen des Tores waren fest wie eine Wand. Wie von innen verriegelt. Aber das war unmöglich! Wie hätte das Tor sich selbst verriegeln sollen?
Benno verharrte in der Bewegung und lauschte. Waren das Schritte auf der anderen Seite des Tores? Hätte er die übe rhaupt bis hier heraus gehört?
So leise wie möglich schlich er samt Spaten bis zur Mitte der Zugbrücke und sah hinauf zum Burgfelsen. Kein Licht. Und kein Geräusch außer dem Säuseln des Nachtwindes.
Ausgesperrt! Keine Chance, über die steilen, glatten Außenmauern
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