Invasion aus dem Jenseits (German Edition)
an der Fußfessel und zog sie mit aller G ewalt aus dem Bereich unterhalb des Lichteinfalls und damit aus dem Schusswinkel von Maurice. Er hörte ihn unterdrückt fluchen und stellte sich seine Situation vor, während er versuchte, den Knoten an Martinas Fußfesseln zu lösen. Es waren gut drei Meter von da oben. Man konnte nicht einfach so springen, denn der schräge, abschüssige Teil der Einsturzstelle, über den Benno in der Nacht davor abgerutscht war, konnte nicht als Absprungfläche genutzt werden.
Er riss ihr das Klebeband vom Mund. Sie schrie auf, begann zu hecheln, als habe sie die ganze Zeit überhaupt keine Luft bekommen, und stammelte dabei etwas, das zunächst völlig unve rständlich war.
Er fummelte mit schwitzenden Fingern am Knoten, hatte das G efühl, ihn zu lockern, da flog das Abschleppseil ins Loch und baumelte sich an der Wand aus.
Verflucht!
Das Messer fiel ihm ein. Er zog es aus der Hintertasche und säbelte damit an den Schnüren um Martinas Handgelenke.
Das Abschleppseil zuckte und wackelte.
Was hatte er, um ihn abzuwehren? Die Taschenlampe. Und das alte Messer. Gegen einen Elitekämpfer mit Schusswaffe!
„Lauf weg, Benno, los!“
Martina hatte sich gefangen, hechelte noch, aber konnte wieder deutlich sprechen.
Ein Stiefel erschien im Loch, dann ein zweiter. Das Seil zi tterte.
„Er wird mir nichts tun, so lange er dich nicht hat!“, fl üsterte Martina.
Sie hatte recht. Und wenn doch nicht? Konnte er es mit ihm aufne hmen? Würde er schießen?
Beine hingen ins Loch, Armeehosen, die in schwarzen Fal lschirmspringerstiefeln steckten.
Das Seil an ihren Handgelenken war durch. Für die Fußfessel blieb keine Zeit mehr. Benno schob ihr das Messer so in die Hand, dass es nicht zu sehen war.
„Ich lenke ihn ab“, flüsterte er ihr zu. „Wenn er mir hinterherläuft, dann befreist du dich, kletterst hoch und holst Hilfe.“
In dem Moment sprang Maurice in den Gang, drehte sich sofort zu Benno, zog die Pistole, zielte in seine Richtung, aber machte zwei Schritte von ihm weg auf die andere Seite aus dem Licht heraus. Er hatte nicht direkt auf ihn gezielt, nur ung efähr, denn er war geblendet, so wie sie selbst, als sie hier herabgestiegen waren.
Benno begriff, das war seine letzte Chance. Er sprang auf, drehte sich um und rannte los.
„Bleib sofort stehen!“
Jetzt schrie Maurice. Würde er auch schießen? Instinktiv schlug Benno einen Haken, schrammte die Wand, weil er selbst kaum noch etwas sah, und hörte hinter sich ein Geräusch, das wie das Aufschlagen eines menschlichen Körpers klang. War Maurice über Martina g estolpert oder hatte sie ihn zu Fall gebracht?
Egal, weiter. Er musste sich selbst in Sicherheit bringen, um dann aus der Sicherheit heraus in die Offensive gehen zu kö nnen.
Der Gang stieg an. Bald musste die Treppe kommen. Benno sah überhaupt nichts mehr. Er riskierte es, im Rennen die Tasche nlampe hervorzuziehen und anzuknipsen.
Nicht einen Moment zu früh. Direkt vor ihm war die Treppe. Ohne Licht wäre er hingeschl agen, und es wäre vorbei gewesen. Zwei, drei Stufen auf einmal nehmend, überwand er den Abschnitt und spurtete auf den Keller zu, in dem er gegraben hatte. Nur noch ein paar Meter, nur noch ein paar Stufen durch den Schacht nach oben in den Irrgarten von Gängen, und er wäre vorerst gerettet. Dort oben gab es so viele Abzweige und Winkel und Nischen und Räume, dass er mit ein bisschen Glück für eine Weile abtauchen und einen Plan entwickeln könnte.
Seine Beine lahmten, und er meinte, die Milchsäure in jeder einzelnen Muskelfaser spüren zu können, als er endlich den Keller erreichte. Im Vorbeirennen schnappte er sich den Sp aten, rannte weiter durch die Tür und die Treppe hoch.
Wie hatte Maurice nur den geheimen Einstieg finden können? Über die Autos, klar, aber wie war er überhaupt darauf geko mmen, nach einem zweiten Eingang zu suchen?
Natürlich: Weil Benno in der Nacht zuvor nicht ins Schloss und in die Keller hätte gelangen können, gäbe es keinen G eheimgang. Maurice hatte das Tor verriegelt und ihn ausgesperrt gehabt. Benno verfluchte sich selbst dafür, so dumm gewesen zu sein. Hätten sie nur die Autos woanders geparkt!
Mit letzter Kraft erreichte er das Ende des Treppenschachtes und den Ausgang ins Erdgeschoss. Blindlings rannte er geradeaus, den erstmöglichen Abzweig rechts, wieder links, so weit es noch ging mit seinen übersäuerten Beinen.
Im Vorbeilaufen drückte er Türgriffe. Die Türen, die
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