Invasion der Götter
nicht auch gute Seiten an uns hätten. Wir haben die Kunst entdeckt – wahre Meisterwerke sind über die Jahrhunderte entstanden. Wir haben vollkommen unterschiedliche Arten von Musik erfunden, wobei einige Genres sicherlich alles andere als schön sind. Wir haben gelernt, uns selbst zu unterhalten, mit Filmen zum Beispiel, und wir gehören ebenfalls der Forscherklasse an. Wir lernten unsere Körper zu verstehen, wie man sie heilen und reparieren kann. Unsere Natur ist uns inzwischen äußerst wichtig geworden. Ich selbst war stets bedacht, die Schönheit der außergewöhnlichen Flora zu schützen und auf bestmögliche Weise zu erhalten. Zudem lernten wir unsere Tierwelt besser zu verstehen und erforschten auch diese. Nicht alles auf dieser Welt hat mit Hass und Kriegen zu tun, und auch wenn wir Soldaten mit schweren Waffen haben, so sind diese nicht einfach nur Killermaschinen – sehr viele sind im Namen unseres Landes aus diplomatischen Gründen unterwegs. Zudem sind wir dazu in der Lage zu lieben.«
Vira sah den Präsidenten mitleidsvoll an.
»Das weiß ich, Menschen-Präsident. Wenn wir uns dieser Tatsachen nicht bewusst wären, würden wir keinen Sinn mehr in eurer Existenz sehen. Wir sind nicht gekommen, euch zu richten, sondern euch zu leiten, wie wir dies in früheren Zeiten bereits taten. Die Erschaffer und wir anderen können euch helfen, diesen Weg wiederzufinden – frei von Hass und Gewalt.«
»Das ist absoluter Bullshit«, erklang eine Stimme mit schwerem Akzent aus dem Hintergrund. »Ihr großen hässlichen Kreaturen hört euch an wie Prediger, die an Haustüren läuten und einem einen anderen Glauben aufzwängen wollen.«
Alle starrten sie den russischen Präsidenten an, der sich an den G8-Vertretern, Major Grand, Jona, Iris und schließlich an dem US-Präsidenten vorbeizwängte. Als er sich an Tyler vorbeidrängte, fiel diesem auf, dass er sein Jackett, das er bei ihrer letzten Begegnung zugeknöpft hatte, offen trug. Der Major dachte sich jedoch nichts weiter dabei.
Wie ein kleiner aufgeblasener Gnom, mit einem vor Rage glühenden Kopf, machte sich der Politiker vor der Gigantin größer, als er eigentlich war.
»Was wollt ihr also hier? Wir haben schon einen Glauben. Wir glauben an Gott und seinen Sohn Jesus Christus, der für die Menschen gestorben ist, um ihr Erlöser zu sein. Niemand kann dieses Bild zerstören, zu viele Menschen glauben an diesen einen Gott – zu viele Menschen sind um des Glaubens willen gestorben. Keine dahergelaufenen Riesen, die uns mit ihren Raketenschiffen einzuschüchtern versuchen, können uns diesen Glauben nehmen – den einzig wahren Glauben.«
Vira grinste, was dem Präsident Alexandrow gänzlich missfiel.
»Abgesehen von der nicht zu ignorierenden Tatsache, dass der Mensch nicht nur eine Glaubensrichtung vertritt und im Namen beinahe jedes Glaubens unzählige Morde begangen hat, müsste es einem doch zu denken geben, dass keiner der Götter sich je zu erkennen gab, um dem Leid Einhalt zu gebieten, so wie wir es nun tun. Wir sind definitiv keine Götter und wollten auch nie welche sein, auch wenn es nach Jahren der Überlieferung irgendwann darauf hinauslief. Wir sind wie ihr aus Fleisch und Blut, wenigstens die meisten von uns. Und was den Mythos um euren Erlöser Jesus angeht, so ist diese Geschichte mehr als nur verfälscht worden. Er war nie ein Sohn Gottes, sondern ein Versuch unsererseits, nach Jahrhunderten die Menschen wieder auf den Weg zu bringen. Ihr habt letztlich diese Geschichte und ihre wahre Bedeutung verfälscht und diesen Mann zu etwas gemacht, was er nie war.«
Bei diesen Worten knallte im Kopf des russischen Präsidenten eine Sicherung durch. Er griff mit seiner linken Hand in die rechte Innenseite seines Jacketts und zog eine alte Stetschkin-Reihenfeuerpistole, zielte und gab einen Schuss in Richtung des Kopfes der Gigantin ab. Dies ging so schnell vonstatten, dass noch nicht einmal Major Tyler Grand, der nahezu unmittelbar hinter dem Präsidenten stand, rechtzeitig reagieren konnte. Doch der verschwiegene Gefährte Viras riss sie zur Seite, und die Kugel, die ursprünglich für die blasphemische Sprecherin angedacht war, drang mit einem knackenden Geräusch in den Bereich seiner rechten Schläfe ein.
»Hamatamtir!«, schrie die Gigantin erschüttert, nachdem ihr Gefährte leblos zu Boden sackte. Rasch warf sie sich auf den Grund zu seinem reglosen Leib und begann um ihn zu trauern. Dem Präsidenten und den anderen stockte der
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