Invasion der Götter
wunderschönes Weihnachtsfest, glaube mir. Jamie konnte bis eben nicht einschlafen, weil er so aufgeregt war, dich wiederzusehen. Als wir heute im Einkaufszentrum waren und er auf dem Schoß von Bert saß, der als Weihnachtsmann verkleidet war, hatte der Junge nur einen einzigen Wunsch: seinen Daddy wieder bei sich zu haben.«
Tyler war so gerührt, dass es ihm schwerfiel, die Tränen zu unterdrücken, woraufhin seine Mutter ihm noch einmal mit der flachen Hand seine Wange streichelte. Er war sich bewusst, dass es für den Jungen alles andere als leicht sein musste, seinen Vater nur in sehr unregelmäßigen Abständen und manchmal auch über mehrere Wochen hinweg nicht sehen zu können. Jeden Tag wünschte er sich, es wäre anders.
»Komm erst mal herein und wärme dich am Kamin auf. Ich habe heiße Schokolade mit Marshmallows gemacht, die du doch so gerne magst.«
Wenig später saßen die beiden mit zwei gefüllten Tassen vor dem großen gemauerten Kamin, während im Hintergrund der Fernseher lief und über die wichtigsten Geschehnisse des Tages berichtet wurde. Tyler lauschte aufmerksam, während er immer wieder an seiner Tasse nippte.
»Während sich die Lage im Irak und Westjordanland inzwischen wieder ein wenig entschärft hat, sind in Pakistan und Afghanistan neue Kämpfe ausgebrochen. Dabei geht es nach wie vor um die fehlenden Hilfsgüter. Die Länder haben bereits Tausende Hungertote zu beklagen, während einzelne Rebellengruppen sich die rar werdenden Lieferungen der UN-Hilfsorganisation immer häufiger gewaltsam aneignen. Zudem droht ein weiterer Konflikt zu eskalieren. Nordkorea weigert sich weiterhin, sich der atomaren Abrüstung der übrigen Länder anzuschließen, und hat eine gesetzte Frist bereits um mehr als neunzig Tage überschritten. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums gab in einem Interview bekannt, es könne sich als äußerst fatal herausstellen, dass die US-Armee an derart vielen Fronten kämpfen müsse, und dass sie mehr denn je auf ihre Alliierte angewiesen seien«, so weit die Besorgnis erregenden Nachrichten. Auch wenn dies sicherlich nicht der geeignetste Zeitpunkt für Tylers schlechte Nachricht war, wollte er es dennoch vom Tisch haben, damit sie die restlichen zwei Tage miteinander genießen konnten. Der junge Soldat, der damals noch den Rang eines Captains bekleidete, schluckte schwer, und noch bevor er einen Ton sagen konnte, sah ihn seine Mutter erwartungsvoll an, was ihm die Sache nicht eben erleichterte.
»Mum. Ich habe gestern ein Telegramm erhalten, in dem ich nach Bagdad beordert werde. Dort soll ich meine eigene Truppe bekommen.«
Seine Mutter entgegnete zuerst nichts, als ob sie darüber nachdachte, ob dies nun eine gute oder eine schlechte Nachricht war. Sie wusste schließlich, dass ihr Sohn auf die Führung seiner ersten eigenen Truppe bereits sehr lange hinarbeitete, zugleich war sie sich aber auch darüber im Klaren, dass der Irak gefährlicher denn je war. Ein wenig verängstigt sah Tyler seine Mutter an, da er nicht wusste, wie sie reagieren würde. Auf dem Weg nach Hause hatte er sich bereits tausend verschiedene Szenerien in seinem Kopf ausgemalt. Trotzdem wusste er nicht, wie sich die eventuell bevorstehende Auseinandersetzung abspielen könnte.
»Da du meist wochenlang verschwunden bist und wir nicht wissen, wo du dich gerade befindest, hätte ich hier wenigstens Gewissheit. Andererseits ist Bagdad ein gefährliches Pflaster, und so viele Soldaten, wie dort in den letzten Monaten gestorben sind, kommt das beinahe dem Golfkrieg gleich. Was soll ich jedoch groß dagegen sagen? Halten kann ich dich nicht, und ich will auch nicht, dass du wegen Befehlsverweigerung vor dem Militärgericht landest.«
Tyler warf einen Blick auf den Fernseher, bei dem in diesem Moment von schweren Unwettern, Stürmen, Blizzards, Tsunamis, Erdbeben und anderen Wetteranomalien berichtet wurde, die sich auf der Welt vermehrt ereigneten.
»Ich habe das Gefühl, dass es im Augenblick nirgendwo auf dem Globus wirklich sicher ist. Ich bin nur heilfroh, dass hier bei euch nur ein wenig mehr Schnee liegt als sonst, bemessen an dem, was sonst so geschieht.«
»Da hast du recht, mein Sohn, und danke Gott dafür«, stimmte ihm seine Mutter besorgt zu.
Am nächsten Morgen, als Tyler noch friedlich schlief, stürmte der kleine Jamie in das Zimmer seines Vaters und sprang auf sein Bett.
»Daddy! Daddy!«, schrie er in einer ohrenbetäubenden Lautstärke und sprang mit einem
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