Invasion der Götter
was übersetzt »Oh mein Gott! Was zum Teufel?« bedeutete.
»Ruft einen Notarzt! Einen Notarzt, schnell!«, rief ein Mann panisch.
Dann wich das Leben aus dem sympathischen Nachrichtensprecher und er sackte auf seinem Stuhl zusammen. Ohne Vorwarnung wurde ein Werbeblock eingespielt.
Geheimer Stützpunkt
Irgendwo in den Vereinigten Staaten von Amerika
[4 Stunden, 19 Minuten]
Vollkommen erstarrt saß Dr. Iris Decall in einem kleinen, trist grauen Raum auf ihrem Plastikstuhl und sah wie hypnotisiert auf ein winziges Fernsehgerät, das auf einem alten, klapprigen braunen Rollwagen stand. Sie konnte nicht glauben, was sich da eben abspielte. Entweder war dies ein äußerst geschmackloser Scherz oder ... Iris wagte es kaum, den Gedanken weiterzuführen – war dies der Zorn der Götter? Die junge Linguistin konnte dies nicht glauben, schließlich wurden sie in den Schriften der alten Sumerer und vor allem in denen der Babylonier als die Erlöser angekündigt, als jene, welche die Welt von allem Unheil befreien würden. Plötzlich kam Dr. Decall Schaudererregendes in den Sinn. Was, wenn sie die Menschen als die Plage ansahen? In diesem Moment schien ihr alles klar zu werden. Wie bei einem Puzzle fügte sich Stück für Stück langsam alles zusammen. Die Menschheit war bereits unzählige Male als Virus betitelt worden, der über die Welt herfällt und alles dahinrafft. Dummheit und Ignoranz mit einer kräftigen Brise Habgier befähigten die Menschen dazu, die grausamsten Dinge zu tun, unnötig Wälder zu roden und Tiere widersinnig abzuschlachten. Dies ist nun die Strafe für unsere stupide Lebensweise, dachte Iris wehmütig. Sie schämte sich dafür, denn je mehr sie über die vergangenen Verbrechen an der Natur nachdachte, desto größere Katastrophen fielen ihr ein. Vor allem die Tragödie im Golf von Mexiko vor wenigen Jahren, als einer der inzwischen bankrotten Ölriesen eine marode Bohrinsel trotz der bekannten Mängel weiterbetrieb und damit für die wohl verheerendste Ölkatastrophe verantwortlich war. Geschätzte achthundert Millionen Liter waren damals ins offene Meer geflossen, und unzählige Tiere unterschiedlichster Arten hatten aufgrund dieser Nachlässigkeit ihr Leben lassen müssen. Mit Tränen in den Augen sah sie in die Ecke neben sich, wo ein kleines provisorisches Bettchen stand, und betrachtete das winzige schlafende Mädchen. Kimi bekam von all dem noch nichts mit, sie wusste nicht, wie inhuman und rücksichtslos ihre Spezies doch war. Iris entsann sich an einen Science-Fiction-Klassiker von Harry Bates mit dem Titel »Farewell to the Master«, zu Deutsch »Abschied vom Herrn«, der wahrscheinlich den meisten besser bekannt sein durfte unter dem Filmtitel »Der Tag, an dem die Erde stillstand«, in dem es hieß, dass die Erde nur geliehen sei und der Mensch keinerlei Ansprüche daran habe. Bates hatte wahrscheinlich keine Ahnung, wie richtig er damit lag, als er dies in den 1930er Jahren schrieb – oder er wusste damals bereits mehr.
Iris wurde von dem Lärm aus dem angrenzenden Korridor aus ihren Gedanken gerissen. Sie stand auf und lief zur Tür, um diese zu öffnen. Gerade als sie einen Blick hinauswerfen wollte, schoben zwei Soldaten eine Bahre an ihr vorbei, auf dem sich ein schwarzer Leichensack befand. Mit düsteren Mienen folgten die Stabschefs des Präsidenten. Eine der Frauen – Iris vermutete, dass es sich um die Außenministerin handelte – konnte sich vor Trauer kaum auf den Beinen halten. Sie wurde von einem weiteren Soldaten gestützt. Iris griff nach einem Arm und erwischte den des Brigadier Generals, der abrupt stehen blieb.
»Was ist geschehen, und wer befindet sich in dem Sack?«, fragte sie erschüttert.
»Sie müssen Dr. Iris Decall sein«, sagte er und sah sie mit glasigen Augen an. Dann wendete er seinen Blick ab und sah der Bahre hinterher, die jeden Augenblick hinter der nächsten Abzweigung verschwinden würde.
»In diesem Sack befindet sich der Leichnam des Präsidenten der Vereinigten Staaten.«
Iris dachte in diesem Augenblick den Boden unter den Füßen zu verlieren. Schnell reagierte Murphy und stützte die junge Frau.
»Miss Decall! Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Brauchen Sie ein Glas Wasser?«, fragte er besorgt und brachte sie zurück in den Raum, um sie auf den minderwertigen Plastikstuhl zu setzen.
»Was ist geschehen?«, fragte sie, nachdem sie sich wieder ein wenig gefangen hatte.
»Ich habe keine Ahnung. Der Präsident erfreute sich
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