Invasion der Monitoren
rief Blondel wütend. »Sekundenlang dachte ich …«
»Aber Blondel, sei doch nicht so grob!« Nelda lächelte den gutaussehenden Kellner liebenswürdig an. »Ich bin sicher, das schmeckt ganz großartig.«
Der Kellner neigte den Kopf. »Gewiß, Madam.« Er zog eine kleine silberne Röhre aus seiner Brusttasche und hielt Nelda auffordernd seine Hand hin. »Darf ich?« murmelte er.
»Oh – aber gewiß, mein Lieber.« Nelda legte ihre dicke Hand in die seine – zog sie jedoch fast sofort wieder zurück und saugte am unteren Ende des Daumens. »Blondel!« sagte sie empört. »Er hat mich gestochen!«
»Madam! Ich bitte tausendmal um Entschuldigung!« Der Kellner starrte bestürzt auf die Röhre, mit der er Neldas Hand berührt hatte. »Mein metabolisches Meßgerät muß falsch eingestellt sein.« Er schüttelte die Röhre kopfschüttelnd hin und her und wandte sich dann mit zutiefst besorgter Miene an Nelda.
»Meine liebe junge Dame«, sagte er ernst. »Es ist nur gut, daß Sie hergekommen sind. Haben Sie gewußt, daß Sie an einer Reihe gefährlicher physiochemischer Unregelmäßigkeiten leiden, von denen eine jede dauernden körperlichen Schaden zur Folge hätte haben können?«
»Na, so etwas.« Nelda nahm ihren Daumen aus dem Mund.
Der Kellner wandte sich an Blondel. »Ihre linke Hand bitte, Sir – nur für den Fall, daß Sie in noch schlechterem Zustand sein sollten als die junge Dame.«
»Ich lege keinen Wert darauf, mir aus der Hand lesen zu lassen«, erwiderte Blondel kurz. »Geben Sie mir bitte eine Speisekarte.«
»Oh, das ist gar nicht nötig, Sir …«
»Eigentlich auch wieder wahr. Ich weiß bereits, was ich will. Ich möchte ein etwa ein Pfund schweres, erstklassiges Rindersteak auf englische Art, Blumenkohl mit Käsesauce, gebackene Kartoffeln mit saurem Rahm und eine halbe Flasche guten Beaujolals – ein 57er wäre mir recht.«
»Zum Frühstück?« Neldas Miene drückte Respekt aus.
»Wieso Frühstück? Das ist noch mein Abendessen von gestern.«
»Ich bedaure, Sir, aber die von Ihnen erwähnten Speisen sind für Sie nicht empfehlenswert. Wie wäre es, wenn ich für Sie die richtige Auswahl an hochwertig nahrhaften Mineral-Gelees und Vitamin-Pasten zusammenstellen würde …«
Blondel schüttelte den Kopf. »Sparen Sie sich die Mühe, mir die Spezialität des Hauses schmackhaft zu machen. Ich weiß, was ich will. Wenn Sie keine Lende mehr haben, dann nehme ich eben ein Filetsteak – wenn es nicht zu teuer ist.«
»Oh, alle unsere Nahrungsmittel sind kostenlos, Sir«, versicherte der Kellner. »Aber ich fürchte, Ihre Kenntnisse von Ernährung sind mangelhaft. Sehen Sie …«
»Ich will mich nicht unterhalten, sondern essen!« bellte Blondel. »Und …« er hielt plötzlich inne und blickte verblüfft zu dem jungen Mann auf. »Sagten Sie – kostenlos?«
»Selbstverständlich, Sir. Eine der grundlegenden Aufgaben der Regierung ist die Versorgung sämtlicher Bürger mit Nahrung, Kleidung und Obdach.«
Blondel gab ein halbersticktes Geräusch von sich.
»Geht es Ihnen nicht gut, Sir?« fragte der Kellner besorgt.
»Wird … wird dieses Lokal von Monitoren geführt?«
»Natürlich, Sir. Eine unserer ersten Maßnahmen war, sämtliche Kellner aus ihrem Dienst zu entfernen, da sie eine öffentliche Gefahr darstellten.«
»Insoweit stimme ich mit Ihnen überein. Was haben sie mit ihnen gemacht – sie in Öl gesotten oder lediglich aufgehängt?«
»Gewiß nicht etwas derart Drastisches, Sir. Sie wurden getestet und erhielten dann Aufgaben zugewiesen, die ihren natürlichen Gegebenheiten mehr entsprechen. Viele von ihnen sind zufriedenstellend in der Landwirtschaft beschäftigt, vor allem in der Schweinezucht.«
»Nun, das ist verständlich«, meinte Blondel. »Aber da ich nun einmal hier bin, würde ich vorschlagen, daß Sie sich um mein Essen kümmern – wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Möchten Sie das nahrhafte Gelee haben, Sir?«
»Vielleicht sollten wir doch die alten Kellner zurückholen«, sagte Blondel. »Zumindest haben sie einem Fleisch gebracht, wenn man es bestellte, und wenn es nur der Daumen in der Suppe war.«
»Wollen Sie wirklich auf dieser unklugen Auswahl bestehen, Sir? Tierisches Fleisch ist nicht die richtige Nahrung für Sie, biochemisch gesprochen.«
»Gelee ist nicht die richtige Nahrung, psychologisch gesprochen. Holen Sie mir lieber ein Steak, bevor ich einen Monitor anbeiße.«
»Hmmm.« Der Monitor sah nachdenklich aus. »Vielleicht ist der
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