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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Purpurschurken! Hinweg mit euch, werdet alle Bankiers – bekennt euch zu dem, was ihr wirklich liebt! Wo ist Vosill? Vosill!« Der König brüllte die breite Treppe hinauf, während er sich daran machte, hinaufzusteigen, mit der linken Hand den rechten Oberarm umklammernd. Wir waren gerade im Begriff, hinunterzugehen.
    Der König war in einer Duellrunde verwundet worden, und anscheinend waren sämtliche anderen Ärzte von gutem Ruf an jenem Tag im Duellraum, denn sie standen dicht gedrängt um den König und die beiden Männer neben ihm wie purpurgewandete Jäger um eine erlegte Beute. Die hohen Herren, in deren Diensten sie standen, folgten ihnen auf den Fersen, Duellschwerter und Halbmasken in den Händen, mit einem großen, graugesichtigen Wesen einsam am anderen Ende, wahrscheinlich derjenige, der dem König den Schnitt zugefügt hatte.
    Wachkommandant Adlain stand zur einen Seite des Königs, Herzog Walen zur anderen. Adlain, so möchte ich nur für die Nachwelt hinzufügen, ist ein Mann, dessen edle Gestalt und Anmut der Züge und der Körperhaltung nur bei unserem König ihresgleichen finden, obwohl die äußere Erscheinung des Wachkommandanten dunkel und die des Königs hell ist – ein getreuer Schatten, stets an der Seite unseres großartigen Herrschers. Aber welcher Monarch könnte sich einen ruhmreicheren Schatten wünschen!
    Herzog Walen ist ein kleiner Mann von gedrungenem Körperbau mit lederner Haut und kleinen, tiefliegenden Augen, die leicht schielen.
    »Hoheit, wollt Ihr wirklich nicht, daß sich mein Arzt Eurer Wunde annimmt?« sagte Walen mit seiner hohen, knarzenden Stimme, während Adlain ein paar der übereifrig herumwimmelnden Ärzte wegscheuchte. »Seht nur!« rief der Herzog. »Es tropft! Königliches Blut! Ach, mein Wort! Doktor! Doktor! Wirklich, Hoheit, dieser Arzt ist wirklich der beste. Laßt mich…«
    »Nein!« fauchte der König. »Ich will Doktor Vosill! Wo ist sie?«
    »Anscheinend hat die Dame dringendere Verpflichtungen«, sagte Adlain, nicht ohne ein gewisses Maß an Vernunft. »Zum Glück ist es nur ein Kratzer, nicht wahr, Hoheit?« Dann blickte er die Treppe hinauf und sah, daß die Ärztin und ich herunterkamen. Sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.
    »Vo…!« brüllte der König, mit gesenktem Kopf die Treppe hinaufstürmend und für eine kurze Zeit sowohl Walen als auch Adlain hinter sich lassend.
    »Hier, Herr«, sagte die Ärztin und eilte ihm entgegen.
    »Vosill! Wo, im Namen aller Himmel, seid Ihr gewesen?«
    »Ich…«
    »Laßt gut sein! Kommt mit in meine Gemächer! Du!« (Und damit meinte der König mich!) »Sieh zu, daß du mir diese Bande von blutsaugenden Aasfressern vom Leibe halten kannst. Hier ist mein Duellschwert.« Der König reichte mir sein persönliches Schwert! »Du hast die uneingeschränkte Erlaubnis, es gegen jeden einzusetzen, der entfernt wie ein Arzt aussieht. Doktor?«
    »Nach Euch, Herr.«
    »Ja, natürlich nach mir, Vosill. Ich bin der König, verdammt noch mal!«
     
    Es verblüfft mich immer wieder, wie sehr unser ruhmreicher König den Abbildern gleicht, die man in Gemälden, die ihn darstellen, sieht und in den Profilen, die unsere Münzen zieren. Mir war das Glück vergönnt, Gelegenheit zu haben, diese großartigen Gesichtszüge an diesem hellichten Xamis gründlich zu betrachten, in den Privatgemächern des Königs, während die Ärztin die Duellwunde behandelte und der König, bekleidet mit einem langen Gewand, einen Ärmel hochgekrempelt, dastand und sich als Silhouette gegen die leuchtende Fläche eines alten Stuckfensters abhob, das Gesicht nach oben gereckt und das Kinn gestrafft, während die Ärztin seinen ausgestreckten Arm bearbeitete.
    Was für ein edler Gesichtsschnitt! Was für eine königliche Haltung! Ein Wust von majestätisch gelocktem blonden Haar, eine Stirn, die scharfe Intelligenz und tiefe Weisheit ausdrückt, funkelnde Augen von der Farbe des Sommerhimmels, eine scharfgeschnittene heldenhafte Nase, ein breiter, wohlgeformter kultivierter Mund und ein stolzes, tapferes Kinn, all das sowohl kraftvoll als auch elegant auf einen Rumpf gesetzt, auf den ein Athlet auf dem Höhepunkt seiner Jugend neidisch sein würde (dabei ist der König in einem großartigen mittleren Alter, in dem die meisten Männer bereits Fett angesetzt haben). Angeblich wurde König Quience in seiner Schönheit und Körperkraft nur von seinem verstorbenen Vater, Drasine, übertroffen (den man bereits Drasine den Großen nennt, wie ich mit

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