Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
musterte ihn aufmerksam, dann seufzte sie und setzte sich ebenfalls aufrecht hin. »Ich meine, wir sollten ›Monarchenstreit‹ spielen. Es ist das einzige Spiel, das Euch vielleicht liegen könnte. Obwohl es noch«, sagte sie und winkte eine Dienerin von einer fernen Tür heran, »›Lügenwürfel‹ und ›Geheimes Verlies‹ gibt.«
    DeWar lehnte sich auf der Couch zurück und beobachtete die Dame Perrund, während diese der sich nähernden Dienerin entgegenblickte. »Und ›Ausflucht‹«, fügte sie hinzu, »und ›Räubers Prahlerei‹ und ›Flüchtige Wahrheit‹ und ›Zerrbild‹ und ›Der feine Fehlinformant‹ und…«

 
7. Kapitel
Die Ärztin
     
     
    »Mein Meister hat einen Plan für deine Herrin. Eine kleine Überraschung.«
    »Darauf möchte ich wetten!«
    »Eher was Großes, wie?«
    »Meiner könnte damit auch dienen.«
    Es gab noch verschiedene andere Kommentare und Pfiffe rings um den Tisch, doch nichts, das – rückblickend – irgendwie geistreich gewesen wäre.
    »Was willst du damit sagen?« fragte ich.
    Feulecharo, Lehrling des Herzogs Walen, zwinkerte lediglich. Er war ein stämmiger Kerl, mit einem wilden Wust braunen Haars, das allen Versuchen der Bändigung widerstand, außer denen unter Anwendung der Schere. Er polierte gerade ein Paar Stiefel, während wir anderen unser Abendessen in uns hineinspachtelten, in einem Zelt in der Schürfebene, an einem Tag des 455sten Zirkuliriums. Bei dieser ersten Ruhepause war es Tradition, daß die älteren Gehilfen und die Lehrlinge gemeinsam zu Abend aßen. Feulecharo war von seinem Herrn erlaubt worden, sich zu uns zu gesellen, doch er war für eine seiner üblichen Missetaten mit zusätzlicher Arbeit bestraft worden, daher die Stiefel und ein paar rostige uralte Rüstungen, die er polieren sollte, bevor wir am nächsten Tag aufbrechen würden.
    »Was für ein Plan?« hakte ich beharrlich nach. »Was kann der Herzog von der Ärztin wollen?«
    »Wir wollen es mal so ausdrücken – er ist ein bißchen mißtrauisch«, sagte Feulecharo und stupste sich mit einer Polierbürste auf die Nase.
    »In bezug worauf?«
    »Mein Herr ist ebenfalls mißtrauisch«, sagte Unoure, während er ein Stück Brot in zwei Hälften brach und etwas Sauce auf seinem Teller verschmierte.
    »Wie wahr, wie wahr«, stimmte Epline in seiner gedehnten Sprechweise mit ein; er war Page des Wachkommandanten Adlain.
    »Ja, ist er wirklich«, wiederholte Unoure stur.
    »Erprobt er immer noch seine neuen Ideen an dir, ja, Unoure?« rief einer der anderen Pagen. Er wandte sich den anderen zu. »Wir haben Unoure einmal im Bad gesehen…«
    »Ach, aber höchstens einmal!«
    »In welchem Jahr war das?«
    »Haben wir«, fuhr der Page fort, »und ihr hättet die Narben des Jungen sehen sollen! Ich sage euch, Nolieti benimmt sich ihm gegenüber wie ein richtiges Ungeheuer.«
    »Er bringt mir alles bei!« sagte Unoure, der aufgestanden war, die Augen glitzernd vor Tränen.
    »Halt’s Maul, Unoure!« sagte Jollisce. »Laß dich doch nicht von diesem dummen Geschwätz anmachen.« Schmächtig, aber elegant und gutaussehend und älter als die meisten von uns, war Jollisce Page bei Herzog Ormin, der nach der Kaufmannsfamilie Mifeli der Arbeitgeber der Ärztin gewesen war, bevor der König ihre Dienste für sich beansprucht hatte. Unoure setzte sich wieder und murmelte lautlos vor sich hin. »Welche Pläne, Feulecharo?« fragte Jollisce.
    »Vergiß es«, sagte Feulecharo. Er fing an zu pfeifen und widmete sich mit untypischer Hingabe den Stiefeln, die er polierte, und bald redete er mit ihnen, als ob er versuchte sie dazu zu überreden, von selbst zu glänzen.
    »Dieser Junge ist unerträglich«, sagte Jollisce und hob einen Becher mit gewässertem Wein hoch, dem stärksten Getränk, das uns gestattet war.
     
    Nach dem Essen spazierten Jollisce und ich am Rand des Lagers entlang. Hügel erstreckten sich vor uns und zu beiden Seiten. Hinter uns, bei den Ausläufern der Schürfebene, ging Xamis immer noch langsam in einem feurigen Aufruhr von Farben unter, irgendwo weit jenseits des Beinahe-Kreises von Kratersee, indem er über die runde Kante des Meeres abkippte.
    Wolken, halb eingefangen in Xamis’ sterbendem Licht und halb im spätmorgendlichen Glanz von Seigen, waren auf einer Seite in goldenes Licht getaucht und strahlten rot, ocker, orange und scharlachrot – eine weite Wildnis aus Farben. Wir wanderten zwischen den Tieren hindurch, die für die nächtliche Ruhe vorbereitet worden waren.

Weitere Kostenlose Bücher