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Irgendwann Holt Es Dich Ein

Irgendwann Holt Es Dich Ein

Titel: Irgendwann Holt Es Dich Ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Hill
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hatte allen Grund gehabt, verängstigt zu sein, und das nicht nur wegen der kleinen Schnapsflaschen, die sie täglich zugeschickt bekam, sondern weil sie tatsächlich verfolgt wurde, weil jemand sie umbringen wollte?
    Kate erinnerte sich an das blanke Entsetzen in Hatties Gesicht, als sie ihr an der Station Camden hintergelaufen war. Hatte Hattie tatsächlich gedacht, sie, Kate, wäre der Stalker, die Person, die sie bedrängte? Hatte sie das gemeint, als sie sagte: »Wir haben etwas Furchtbares getan«? Hatte sie ihre Schuld eingestehen wollen, bevor sie sich umbrachte, weil sie sich der Person gegenüber wähnte, die ihre Nemesis war?
    Oder - und bei diesem Gedanken wurde Kate aufs Neue eiskalt - war auch Hattie ermordet worden? Auf dem Bahnsteig hatte reger Betrieb geherrscht. Gegen Ende des Berufsverkehrs war der Bahnsteig voller Menschen gewesen, die schubsten und drängelten, um einen Platz an den Stellen zu ergattern, an denen sich die Wagentüren öffnen würden, und so ihre Aussichten auf einen Sitzplatz zu maximieren. Alle hatten geschoben, sodass Kate für einen Moment Hattie inmitten des Gedränges aus dem Blick verlor, und gleich darauf hatte sie gesehen, wie Hattie rückwärts vor den Zug kippte.
    Zuallererst hatte Kate den Eindruck gehabt, dass Hattie schlicht nach hinten fiel. Kate kniff die Augen zusammen und beschwor das Bild herauf. Ja, sie hatte wirklich geglaubt, Hattie würde rückwärts fallen, wie sie es in der Theatergruppe an der Schule geübt hatten, bei einer dieser gruppendynamischen Übungen. Sie hatte nicht gedacht, dass Hattie sprang. Falls sie gesprungen wäre, wäre sie doch vorwärts gesprungen, mit dem Gesicht zum Zug, absichtlich und entschlossen.
    Nein, Hattie war nicht gesprungen. Und das bedeutete, sie könnte gestoßen worden sein. Sie konnte durchaus gestoßen worden sein. Kate stand auf und versuchte, sich in Gedanken auf den Bahnsteig zurückzuversetzen. Sie versuchte, sich zu erinnern, was sie gespürt und wen sie gesehen hatte. Dazu kniff sie die Augen noch fester zusammen. Sie hatte die sich bewegenden Menschen gespürt, Wintermäntel, Schals wahrgenommen, die sie streiften, Taschen und Aktenkoffer, die gegen ihre Beine schlugen. Es war ein einziges Gewusel, ein heilloses Durcheinander, und die ganze Zeit hatte Kate in dem Gewühl nach Hattie gesucht. Könnte jemand in der Menge gewesen sein, der Hattie umbringen wollte? War die Person, die für die anonymen Sendungen verantwortlich war, auf jenem Bahnsteig gewesen? Hätte jemand Hattie ermorden können? Könnte jemand sie tatsächlich vor den Zug geschubst haben, vor den Augen der anderen U-Bahn-Fahrgäste?
    Und hatte Serena deshalb solche Angst gehabt, als sie Kate anrief und sie anflehte, ihr zu erzählen, was passiert war und was Hattie gesagt hatte?
    Kate schaute sich um, betrachtete die vier Wände des Konferenzraums und das blöde Foto, das sie nackt in einer Badewanne voller Schokoriegel zeigte. Sie musste hier raus. Sie hielt es nicht mehr aus, nicht jetzt, nicht in ihrer gegenwärtigen Verfassung. Diese Person - wer immer sie sein mochte - wusste, wo sie arbeitete. Zudem wusste sie exakt, wie sie Kate manipulieren konnte, wie sie Kate traurig oder ängstlich machen konnte. Ihr Blick fiel auf eine der Urkunden an der gegenüberliegenden Wand. O Gott, ihre Sendungen, die für einen Preis nominiert worden waren! Diese Person hatte sie gehört!
    Kate hatte vor ein paar Jahren eine Feature-Reihe über Kinderlosigkeit aufgenommen und dabei mit Paaren und Frauen gesprochen, die über ihre Erfahrungen mit Adoption, künstlicher Befruchtung und Leihmüttern erzählten. Seinerzeit war Kate alles andere als erpicht darauf gewesen, die Sendungen zu machen, aber Neil hatte es ihr vorgeschlagen. Er dachte, es würde ihr helfen, ihre Fehlgeburten zu verarbeiten. Und sie hatte die Zähne zusammengebissen und sich an die Arbeit gemacht. Sie war entschlossen gewesen, sich selbst, ihrem Mann und ihren Vorgesetzten zu beweisen, dass sie immer noch eine verflucht gute Journalistin war.
    Jene Reihe war für einen Preis nominiert worden. Es hatte eine feierliche Preisverleihung im Bankettsaal eines der großen Hotels an der Park Lane gegeben, ein langer Abend mit reichlich Essen, Trinken und Warten, bis ihre Sparte angekündigt wurde. Und als es so weit war, hatte sie den dritten Preis hinter zwei BBC-Produktionen bekommen. Typisch. Immerhin, kein Grund, die Nase zu rümpfen. Man hatte ihr eine hübsche Urkunde verliehen, und ihre

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