Irgendwann Holt Es Dich Ein
von einer angesehenen Uni. Er war intelligent, aufgeschlossen und relativ kultiviert - hatte also denselben »Background«, wie man derzeit so gern sagte, und beide fühlten sich auf eine Weise verbunden, die manch gegensätzliche Anforderungen ihrer Jobs überleben konnte.
Neil machte ihnen beiden Instantkaffee und setzte sich zu dem Polizisten an den Tisch. Er stellte ihm seinen Becher direkt vor die Nase. »Kate wird keine Anzeige erstatten, da bin ich mir ziemlich sicher«, sagte er. »Sie will nichts mehr von der Sache wissen. Aber ich glaube, dass sie in Gefahr ist. Ich denke, dass da draußen ein Mörder rumläuft, und dieser Kasten hier führt uns zu ihm oder ihr. Die Person, die diese Särge geschickt hat, ist vermutlich identisch mit Serena Harcourts Mörder. Und sie hat auch Harriet Fox umgebracht. Bitte hör mir genau zu, egal wie verdreht und zusammenhanglos es für dich klingen mag, und sag mir hinterher, ob das Ganze für dich einen Sinn ergibt.«
Neil erzählte Dave alles, was er wusste, angefangen bei Hatties Tod und ihren letzen Worten. Er erwähnte den Zeitschriftenartikel über ihre Alkoholsucht und die kleinen Flaschen, die sie mit der Post bekommen hatte. Er erzählte, dass Serena ebenfalls in einer Zeitschrift beschrieben wurde, und von den Briefen und Fotos, die sie hinterher erhalten hatte. Er erzählte Dave, dass sowohl Kate als auch er bezweifelten, dass George seine Frau umgebracht hatte. Und er erwähnte Susan zwar nicht namentlich, doch er berichtete, was ihr widerfahren war, nachdem sie in einem Fachblatt porträtiert worden war. Und dann berichtete er über die Vorkommnisse, die Kate erlebt hatte.
»Vier Frauen, die alle drangsaliert werden, nachdem sie in Zeitungsartikeln oder Zeitschriften aufgetaucht sind. Alle haben eines gemeinsam: Sie waren im selben Jahrgang auf der Lady Jane Grey. Drei von ihnen waren bekannt dafür, dass sie ihre Mitschülerinnen tyrannisiert haben. Und jetzt startet jemand eine Art Rachefeldzug, und zwei der Frauen sind schon tot. Deine psychologische Argumentation, weshalb George Harcourt seine Frau so nicht umgebracht haben kann, ist wohl interessant«, sagte Dave und schob seinen Kaffeebecher langsam über den Tisch, als zeichne er eine Route ein, »aber leider ist sie total schwachsinnig. Bei allem Respekt, George kommt dem perfekten Tatverdächtigen so nahe, wie es irgend geht. Seine Frau muss von jemandem ermordet worden sein, den sie kannte. Niemanden sonst hätte sie in die Scheune gelassen, in der sie arbeitete. George war oft wütend auf sie, das wissen wir von seiner Tochter - die sich übrigens wacker hält. Zurzeit ist sie in der Familie einer Schulfreundin untergebracht. Also, Serena wusste, dass George eine Affäre hatte. Und ihre Freundinnen haben ausgesagt, dass sie vorhatte, ihn deshalb noch vor Weihnachten zur Rede zu stellen. Wir wissen, dass er an dem besagten Tag am frühen Nachmittag sein Büro verlassen hat. Er ist ein reizbarer Mensch, der schnell explodiert. Vielleicht wollte er sie nicht umbringen, aber alles deutet darauf hin, dass er es getan hat.«
»Und warum habt ihr ihn dann noch nicht verhaftet?«
Lächelnd schob Dave seinen Kaffeebecher wieder an den ursprünglichen Standort zurück. »Weil er ein Alibi hat. Er hat das Büro vorzeitig verlassen, wie er uns sagte, weil er nach Tunbridge Wells gefahren ist, um seiner alten Mutter beim Schmücken ihres Weihnachtsbaums zu helfen. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass sie sein Alibi sehr energisch bestätigt.«
»Dann kann die Polizei also gar nichts tun?«
»Soweit wir wissen, hat keine der vier Frauen polizeilich gemeldet, dass sie Post von diesem ... Stalker bekommen hat. Vielleicht gibt es ja noch ein Opfer, und wenn wir Glück haben, zeigt die Betroffene die Sache an.« Dave sah zu Neil auf. »Du sagst, dass diese Frauen zu Schulzeiten richtige Tyrannen waren. Wie du erzählst, haben sie deiner Frau übel zugesetzt. Dir ist doch sicher selbst schon mal der Gedanke gekommen, dass deine Frau damit eine der Hauptverdächtigen ist. Erzähl mir nicht, dass du dich nicht selbst schon längst gefragt hast, ob sie sich dieses ... Geschenk ... vielleicht selbst geschickt hat.«
Dave hatte recht. Dieser Gedanke war Neil durch den Kopf gegangen, und er hatte sich dafür gehasst. Er hatte darüber nachgedacht, als er am zweiten Weihnachtsfeiertag zu seiner Wohnung zurückgefahren war, hatte den Verdacht aber sofort wieder verworfen. Zugegeben, anfangs hatte er gezweifelt, als Kate
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