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Irgendwann Holt Es Dich Ein

Irgendwann Holt Es Dich Ein

Titel: Irgendwann Holt Es Dich Ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Hill
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ihren Pferdeschwanz. Dann spielte sie mit dem Zopfgummi, spannte und dehnte es, als spiele sie das Fadenspiel, ehe sie sich das Haar wieder nach hinten strich, das Gummi doppelt nahm und ihren Pferdeschwanz halb hindurchzog, um das Gummi dann ein drittes Mal zu verdrehen, damit es stramm genug war. Dabei spürte sie, dass Neil sie beobachtete. Aber sie wollte ihn nicht ansehen, denn sie fürchtete, dass er weinen könnte. Und Neil weinen zu sehen wäre einfach zu viel für sie.
    Also richtete sie den Blick lieber auf die Vorhänge, die lächerlich kitschigen Vorhänge. Sie dachte daran, wie Serenas Leiche in der Scheune gehangen hatte, aufgeknüpft in einen Streifen Vorhangstoff. Und sie dachte an die toten Babys in ihren Kästen, die zu ihr aufschauten. Serenas Augen hatten sie ebenso leer angestarrt. Kate sah die Tote in der Scheune vor sich, wie sie drapiert war. Es war geradezu inszeniert gewesen: Die Vorhänge hatten Serenas Geschäft symbolisiert, ihren Erfolg. Jemand hatte Serena sogar noch im Tode verhöhnt. Und dieser Jemand hatte auch Kate damit eine Botschaft gesandt. Das stand für sie plötzlich zweifelsfrei fest. Sie hatte die Tote finden sollen. Serena war in die Scheune gehängt worden, damit Kate sie dort entdeckte. Jemand versuchte ihr etwas zu sagen. Eine Warnung?
    »George hat Serena nicht umgebracht, nicht wahr?« Ihre Stimme hörte sich komisch an, als gehöre sie nicht zu ihr.
    Neil stutzte. »Was? George?« Für einen Moment sah er aus, als wolle er sie fragen, wer George war, und dann fiel es ihm anscheinend ein. »Nein. Nein, ich glaube nicht, dass er es war.«
    »Er hätte die Vorhänge nicht benutzt. Er hat Serena geliebt, selbst wenn er wütend auf sie war. Niemals hätte er sie so verhöhnt. Und er hätte sie nicht so da hängen lassen, so hässlich, wie sie aussah. Noch dazu, wo Josie sie finden musste. Sie ist dort ausgestellt worden, Neil. Irgendwer wollte an ihr ein Exempel statuieren, und er wollte, dass ich sie entdecke.«
     
    Endlich hatte er sie so weit, dass sie seine Fragen beantwortete - zumindest einige davon. Neil gab sich alle Mühe, ruhig und sachlich zu bleiben. Einer musste es ja sein. Nicht dass es ihm leichtgefallen wäre. Lieber hätte er ebenfalls seinen Gefühlen nachgegeben und mit Kate gemeinsam getrauert. Doch einer von ihnen musste die Ruhe und die Vernunft bewahren.
    »Schatz, du weißt, dass ich dich ein paar Dinge fragen muss. Jemand tut dir Schreckliches an, und wir glauben, dass er auch Serena ermordet hat. Deshalb müssen wir rausfinden, wer das ist. Nur so können wir diesen Irrsinn stoppen.«
    »Ich will es gar nicht wissen. Ich will einfach nur weg.«
    »Liebling ...«
    »Irgendwer will mich für etwas bestrafen. Ich will gar nicht wissen, warum oder wer!«
    »Natürlich willst du das wissen. Wir müssen mit der Polizei reden, damit sie Ermittlungen aufnimmt.«
    »Wie soll sie denn das? Wir haben doch überhaupt nichts Greifbares, verdammt!«
    Schließlich konnte er sie dazu bringen, sich auf die eine wichtige Frage zu konzentrieren: Wer hatte von ihren Fehlgeburten gewusst? Das musste er wissen, wenn er ergründen wollte, von wem das Paket kam, wer Kate all das antat. Die Antwort war kurz: Anna und Richard aus dem Sender, Neils Eltern und sein Bruder. Sie waren die Einzigen, denen Kate davon erzählt hatte, die Einzigen in ihrem Leben, denen sie hinreichend vertraute, um ihnen solche Dinge zu sagen. Diese Tatsache machte ihn ganz traurig: Niemand hatte einen so kleinen Freundeskreis wie Kate.
     
    Neil fuhr Kate früh am nächsten Morgen, am Boxing Day, nach London. Innerlich fühlte er sich vollkommen tot. Sie wollte nach Hause, und sie wollte allein sein; also würde er in die winzige Mietwohnung weiterziehen. Wenigstens bedauerte Kate es anscheinend wirklich. »Es tut mir leid, Neil. Ich weiß, dass du bei mir sein möchtest, aber ich kann das nicht. Ich kann einfach nicht.«
    Graue Wolken hingen tief am Himmel, nirgends eine Spur von Licht, und die Straßen waren wie ausgestorben. Beinahe hätte man glauben können, sie wären allein auf der Welt. Während der Fahrt sprachen sie so gut wie nicht. Kate schien sich vollständig abgeschottet zu haben. Die Arme vor dem Oberkörper verschränkt, starrte sie stur aus dem Fenster, das Gesicht von ihm abgewandt. Neil hatte das Radio eingeschaltet, Five Live, und versuchte, sich mit den Vorschauen auf die heutigen Fußballspiele abzulenken.
    Leider war es ihm nicht gelungen, Kate doch noch zu überreden,

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