Irgendwo dazwischen (komplett)
hüllen mich in Geborgenheit. In dem
Lied, das ich höre, singt die Sängerin, I’m not falling in love, I’m just
falling to pieces... Das kann ich gut verstehen. Sie singt vom Aufgeben.
Davon, dass sie auseinanderbricht. Weinend liege ich da, mit meinem Kissen im
Arm. Meine Nase ist verstopft. Mein Zimmer ist verschwommen. Und dann klopft
es.
„Ich will allein sein...“
„Marie?“ Blitzartig setze ich mich auf. Es ist Paul. „Marie? Kann
ich reinkommen?“ Ich bin eindeutig schizophren. Keine Frage. Eine Stimme in mir
schreit Hau ab! Verschwinde! , die andere weint und sagt, Endlich bist
du da... Meine echte Stimme schweigt. Er drückt die Türklinke nach unten.
„Marie?“
„Komm rein.“ Ich klinge, als hätte ich eine wirklich schlimme
Erkältung.
Bis auf das Flackern der Kerzen ist es dunkel. Die Vorhänge
verstecken die Sonne. Ich fühle mich nicht nach Sonne. Blöde Sonne.
Langsam kommt er näher. Und erst, als er an meinem Bett ankommt,
erkenne ich sein Gesicht, und es zu sehen, versetzt mir einen schmerzhaften
Stich.
„Was ist los? Sag es mir doch bitte...“ Was soll ich sagen? Bitte,
liebe mich? Wir sind doch nicht in einem Film. Was sagt man zu dem Mann,
den man liebt? Ich habe noch nie einen Mann geliebt. Ich habe keine Ahnung, was
zu tun ist. „Weißt du, ich denke inzwischen, dass es ein Fehler war...“
„Du denkst, mit mir zu schlafen war ein Fehler?“ Meine Stimme
zittert, als ich ihn das frage.
„Ich meine, seit diesem Abend ist alles anders...“
„Da gebe ich dir recht. Das war aber keine Antwort auf meine
Frage...“
„Ja, bereust du es denn nicht?“ Ich schüttle den Kopf. Wie kann
ein einzelner Mensch nur so blind sein? Die Tatsache, dass er es bereut, sticht
bei jedem Atemzug in meiner Brust. So kommt alles auf einen zurück. Jetzt weiß
ich, wie er sich vor einem Jahr gefühlt hat. „Unsere Freundschaft...“
„Was ist damit?“
„Sie ist plötzlich so weit entfernt...“
„Ja, du bist ja auch nur noch bei Helene.“
„Bitte?“
„Du hast schon richtig gehört.“
„Was redest du denn da?“ Wir schweigen. „Marie...“ Ich schaue ihn
an.
„Was?“
„Du bist mir ein komplettes Rätsel. Und das warst du früher nicht.
Ich erkenne dich nicht wieder.“ Na, da sind wir schon zu zweit. „Was denkst du?
Warum schaust du mich so an?“ Weil ich dich liebe. Weil ich mit dir schlafen
will. Weil ich mir wünsche, dass du mich in deine Arme schließt und küsst. Weil
mein Herz mit deinem reden möchte. Dann steht er auf und geht Richtung Tür.
„Wo willst du hin?“
„Ich dachte, wir könnten reden...“
„Bitte bleib...“
„Wozu?“
„Früher musste ich dir keine Gründe nennen.“
„Früher hast du auch nicht durch mich durch geschaut, Marie.“
„Bitte bleib...“ Langsam kommt er zurück und setzt sich zu mir.
„Kannst du mich einfach in den Arm nehmen?“ Lange schaut er mich an, dann zieht
er die Schuhe aus und legt sich zu mir. Als ich meinen Kopf auf seine Schulter
lege, bricht mir der Schweiß aus. „Ich bin so verwirrt.“
„Das merkt man... warum?“ Wie kannst du nur so blöd sein? Muss ich
es dir etwa buchstabieren, du Holzkopf?
„Können wir einfach schweigen?“
„Wenn du das möchtest...“ Und dann schweigen wir. Ich liege auf
seiner Brust und höre sein Herz schlagen.
„Wie es aussieht“, sage ich nach einer langen Pause, „ist aus dir
und Helene etwas geworden...“ Als ich das frage, hoffe ich, dass diese Frage
beiläufig klingt.
„Meinst du, weil ich bei ihr zum Essen war?“
„Ja.“
„So würde ich das nicht sagen. Keine Ahnung. Wir sind jedenfalls
nicht zusammen.“
„Warum nicht?“
„Das kann ich dir nicht sagen.“
„Weil du nicht willst oder weil du es nicht weißt?“
„Weil ich es nicht weiß...“ Na toll. „Marie?“
„Hm?“
„Hat es dich verletzt, dass ich an jenem Abend noch zu ihr
gefahren bin?“
„Ja.“ Wir schweigen. „Ziemlich sogar...“
„Ich wollte dir nicht wehtun...“
„Warum bist du gefahren?“
„Ich wollte eigentlich gar nicht.“
„Aber?“
„Als du gesagt hast, dass du zu der Party fährst, da war ich total
vor den Kopf gestoßen und dann bin ich eben gefahren.“
„Wieso hast du nichts gesagt?“
„Keine Ahnung...“
„Und ich bin nur zu der Party gegangen, weil ich dachte, du willst
zu Helene.“
„Was?“ Er setzt sich auf und zieht mich mit sich hoch.
„Sie hat angerufen, und du hast sie nicht weg gedrückt.“ Er senkt
den Blick.
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