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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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seine Arme, und ich habe das Gefühl, wieder
Zuhause anzukommen.
     
    Marie
    Ich werde ihm ganz einfach schreiben. Dann muss ich ihm nicht in
die Augen sehen. Das ist eine gute Idee. Und auf den Deutschunterricht hab ich
sowieso keine Lust. Wer will schon Gedichte analysieren?
    Lieber Paul,
    es ist seltsam, dir einen Brief zu schreiben, weil es bis jetzt
immer so war, dass ich dir alles sagen konnte. Und jetzt kann ich es nicht
mehr. Es ist etwas passiert. Etwas Unbegreifliches. Als wir miteinander
geschlafen haben, da war das mehr als ich verstehen konnte. Es war mehr als ich
beschreiben kann. Sogar, wenn ich es versuchen würde, würde es nicht dem
entsprechen, wie ich mich fühle.
    Doch du bist wichtig, und deswegen werde ich es versuchen. Dich zu
spüren, war vor einem Jahr so falsch. Damals wusste ich, wer ich bin. Zumindest
dachte ich das. Aber jetzt? Auf einmal weiß ich es nicht mehr.
    Ich fand dich immer toll. Ich war fasziniert von deinen Ansichten,
deiner Kreativität. Doch jetzt sehe ich dich mit anderen Augen. Es ist, als
würde ich dich zum ersten Mal wirklich sehen. Unter dir zu liegen und dich zu
spüren, hat alles geändert. Dein Herz an meinem. Meine Haut an deiner, du hast
dich in mir bewegt, ich habe dich überall gespürt. Und ich tue es noch.
    Ich habe mich in dich verliebt. Und das so sehr, dass ich leide
wie nie zuvor. Nicht einmal bei Lili. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass
ich mehr empfinden könnte. Und erst recht nicht für einen Mann.
    Ich frage mich immerzu, warum Helene an dein Handy gegangen ist.
Da wollte ich es dir sagen. Ich wollte dir sagen, dass ich an nichts anderes
mehr denken kann. Ich wollte dir sagen, wie wunderbar es sich anfühlt hat, mit
dir zu schlafen. So, als hätte das einen Schalter in meinem Hirn umgelegt. Ich
kenne dich so gut wie keinen anderen Menschen. Außer vielleicht Lili. Und jeden
Tag, den ich nichts von dir höre, hasse ich.
    Warum bist du zu ihr gefahren? Warum wolltest du nicht bei mir
bleiben? Eben sitzen wir noch nackt auf dem Boden, und dann auf einmal ziehst
du dich an und gehst weg. Zu ihr. Ich hasse sie, vor allem, weil ich weiß, wie
schön sie ist. Du hast mit ihr geschlafen. Und das am ersten Abend, als ihr
euch begegnet seid. Du hattest recht, ich war eifersüchtig. Und jetzt brenne
ich vor Eifersucht. Aber ich habe kein Recht, mich einzumischen. Ich habe dich
abgewiesen, und jetzt ist es vermutlich zu spät.
    Du hast mich gefragt, ob es schön für mich war, mit dir zu
schlafen. Nie war etwas schöner. Selbst mit Lili nicht. Und ich weiß nicht, was
ich jetzt tun soll. Ich war so überzeugt davon, zu wissen, wer ich bin. Aber
jetzt?
    Ich habe die Kondomhülle aufgehoben. Als Erinnerung. Und ich höre
schrecklich transusige Musik. Ich bin zu so einer Frau geworden. Ich wollte nie
so eine Frau sein. Und du bist schuld. An all dem bist nur du schuld.
    Ich vermisse deinen Geruch. Und mir fehlt deine Stimme. Und dein
Lachen. Kurz, du fehlst mir. Und ich liebe dich, vielleicht habe ich das schon
immer getan und es nicht bemerkt. Ich weiß es nicht. Aber jetzt weiß ich es.
Ich liebe dich Paul.
    Deine Marie
    Ob ich ihm diesen Brief je gebe, weiß ich nicht. Vermutlich nicht.
Aber er drückt aus, was ich denke. Und das ist doch schon mal was. Wie oft hat
man schon solch lichte Momente? Eben.
    Ich stehe auf dem Raucherhof und ziehe genüsslich an meiner
Zigarette. In meiner linken Hand mein Handy. Und als ich gerade aufhöre,
telepathische Schwingungen an Paul zu senden, vibriert es. Liebe Marie...
Bitte lass uns die Woche reden. Ich halte das nicht länger aus. Ich hätte nicht
zu Helene fahren sollen, das ist mir jetzt auch klar, aber bitte hör auf mich
zu betrafen. Ich weiß nicht einmal genau wofür. Bitte meld dich. Paul Und
mein Herz rast. Das ist inzwischen auch nichts Neues mehr...
     
    Lili
    Ich liege unter ihm und versuche, ich selbst zu sein. Aber es geht
nicht. Mein Körper will nicht mit ihm schlafen. Es fühlt sich so an, als hätte
mein Gehirn es verstanden, aber mein Körper nicht. Ja, er wollte mir nicht
wehtun. Das stimmt sicher. Aber er hat mir wehgetan. Und dieses schwere Gefühl
liegt auf meiner Brust und riecht nach Elias.
    Es ist schön, ihn zu spüren. Seltsam, aber schön. Seinen Atem,
seine Haut. Aber ich kann mich nicht darauf konzentrieren. Vor meinem inneren
Auge schläft er mir ihr. Und niemand hatte jemals besseren Sex als Elias und
Giselle in meiner Fantasie.
    Und es widert mich an, dass mich dieses Bild

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