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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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22 war. Und als ich 23 war,
haben wir dich bekommen. Ich war so jung, als ich Lukas kennengelernt habe. Er
war so jung. Mit Alex habe ich meinen Körper kennengelernt. Und es tut mir
Leid, dass ich Lukas verletzt habe. Aber ich bereue nicht, dass ich mit Alex
geschlafen habe... Ich habe das gebraucht. Und ich habe es genossen, dass mich
ein gut aussehender Mann so sehr will.“ Sie schweigt. „Ich erwarte nicht, dass
du mich verstehst, aber das ist die Wahrheit... Natürlich hätte ich gerne einen
Mann, der diese beiden Seiten hat. Sicher hätte ich gerne, dass Lukas mir
dieses Gefühl gibt. Aber so ist es eben nicht... Du musst mich nicht verstehen,
aber du bist alt genug, um die Wahrheit...“
    „Ich verstehe dich sehr gut“, schneide ich ihr das Wort ab.
„Ehrlich, das tue ich.“
    Zum ersten Mal seit einer ganzen Weile schaut sie hoch. In ihrem
Gesicht erkenne ich ein kleines Lächeln. „Wirklich?“
    „Ja“, sage ich lächelnd.
    „Wollen wir einen Eiskaffee trinken gehen?“ Sie grinst. Und ich
grinse. Und in dem Augenblick, als ich nicke, verblasst Giselles Gesicht. Es
wird immer durchsichtiger, bis es sich schließlich vollkommen auflöst und in
der Unwichtigkeit verschwindet. Denn sie ist unwichtig. Und Elias hat beide
Seiten.
     
    Marie
    Und in dem Moment, als er den Mund öffnet, klingelt sein Handy. Er
kramt in seiner Hosentasche. Als er es heraus zieht, sehe ich für den Bruchteil
einer Sekunde das Display, und leider erkenne ich den Namen der Person, die ihn
anruft. Helene. Wenn er jetzt dran geht, schmeiße ich ihn raus.
    „Das dauert nur eine Sekunde...“ Ich fasse es nicht. „Helene?“
Langsam schiebe ich die Decke zur Seite und krieche aus meinem Bett. Mit Helene
und Paul in meinem Bett wird es einfach zu eng für mich. „Warte mal.“ Das sagt
er zu ihr. „Marie, wo willst du hin?“
    Ich drehe mich zu ihm um und schaue ihn lange an. Einzelne Tränen
laufen über meine Wangen. Dann gehe ich, ohne ein Wort zu sagen zu meinem
Schrank und hole Unterwäsche. Ich weiß, er kann mich sehen. Er soll mich sehen.
Ich ziehe an der Schlaufe meines Bademantels und lasse ihn auf den Boden
fallen. Dann sehe ich zu Paul. Er starrt mich an. Sein Blick wandert über
meinen Körper. Das Handy noch immer an sein Ohr gepresst. Ich weiß, er hört ihr
nicht zu. Und dann denke ich, Schau ein letztes Mal hin... Schau genau
hin... Dann ziehe ich mich an. „Helene, ich rufe dich zurück...“ Zu spät,
mein Guter. Zu spät. „Marie?“
    „Ich muss jetzt weg...“
    „Wohin?“
    „Ich treffe Pascal...“
    Und ich weiß, dass Paul weiß, was das heißt, denn Paul kennt
Pascal, und er weiß, dass wir uns nicht treffen um zu reden.
    „Aber...“
    „Du solltest Helene anrufen... sie wartet.“ Ich gehe zur Tür.
    „Geh nicht... nicht so...“
    „Du kannst zum Telefonieren ruhig hier bleiben.“
    Dann öffne ich die Tür und gehe, ohne mich noch einmal umzudrehen.
    Ich sitze auf einer Parkbank bei mir um die Ecke. Und natürlich
habe ich Pascal nicht angerufen. Auch wenn ich mit dem Gedanken gespielt habe.
    Was soll ich bloß machen? Ich kann es Paul nicht sagen. Ich meine,
wie viel offensichtlicher braucht er es denn noch? Ich weise ihn ab, ich rede
nicht mehr mit ihm, ich sage ihm, er solle an dem blöden Essen ersticken...
    Und dann ganz plötzlich fällt mir der Brief ein, den ich ihm
geschrieben habe. Ich muss es ihm ja nicht persönlich sagen. Vielleicht sollte
ich ihm den Brief schicken. Nein. Das mache ich nicht. Ich werde abwarten. Wo
kämen wir denn hin, wenn wir nur noch in Briefen kommunizieren könnten?
    Als ich gerade in Richtung unserer Wohnung zurückgehe, sehe ich
Paul über die Straße laufen. Ich bleibe stehen und schaue ihm nach. Er steuert
auf einen roten Golf zu, der gegenüber parkt, und steigt ein. Und dann fährt
der rote Golf an mir vorbei, und am Steuer sitzt Helene. Ich erkenne sie von
den Bildern, die mir Paul im Internet gezeigt hat.
    Ich kann mich nicht bewegen. Das glaube ich nicht. Hat sie etwa
draußen auf ihn gewartet? Und als ich das denke, frage ich mich, ob er
vielleicht doch Recht hat. Vielleicht wäre es besser, es wäre nie passiert.
     
    Emma
    Als ich die Tür aufschließe, bin ich nervös. Ich denke an die Post
und an Stefan.
    „Ich werde sie anrufen.“ Ich zucke zusammen, schaue hoch und
entdecke Elias, der mit dem Telefon in der Hand im Flur steht und mich
anschaut.
    „Was?“
    „Ich sollte sie anrufen, findest du nicht?“
    Ich nicke. „Ja, das solltest du.

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