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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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kaum zu glauben, wie man sich selbst belügt. Und wie
bereitwillig man es tut. Das Seltsame ist, dass ich weiß, dass Pascal sicher
nicht die Lösung ist. Sie würde es nicht besser machen. Im Gegenteil. Was mir
jetzt unkompliziert erscheint, würde in Wirklichkeit alles nur noch schlimmer
machen.
    Als ich zu Hause ankomme, ist niemand da. Alles ist still und
leer, genau wie ich. Nur in meinem Kopf wüten die Gedankenfetzen. Jetzt wähle
ich seine Nummer schon zum fünften Mal und lege wieder auf. Wie kann man sich
nur so peinlich aufführen? Das ist doch echt lächerlich. Ich muss ihn nur
anrufen. Ich habe Paul schon unzählige Male angerufen. Aber eben nicht unter
diesen Umständen. Gäbe es doch diese blöde Helene nicht. Gut, er hat
geschrieben, dass er nicht hätte zu ihr fahren sollen, aber er hat es getan.
    Und dann wähle ich sie noch einmal. Und dieses Mal warte ich ein
bisschen zu lange.
    „Marie?“
    „Ja... ähm, hallo...“
    „Wie geht es dir?“
    „Ganz gut und dir?“ Ich lüge, warum lüge ich?
    „Meine Mutter wollte wissen, ob du mitessen willst?“ Das war
Helene.
    „Ja, gerne... Sag ihr vielen Dank“
    Ich fasse es nicht. Ja gerne?? Ich bin so dumm. „War das Helene?“
    „Ja.“
    „Ich muss leider Schluss machen...“
    „Marie?“
    „Was!?“, fauche ich ihn an.
    „Wann kann ich dich sehen?“
    „Ich wollte dir vorschlagen, dass wir uns heute treffen können,
aber da wusste ich noch nicht, dass Helenes Mutter dich zum Essen einlädt...“
    „Dann sage ich eben ab...“
    „Nein danke...“
    „Marie?“
    „Hoffentlich erstickst du an ihrem Essen.“
    Ich lege mich in die Wanne. Ich glaube, ich tue es um meinen Hass
auf Paul in Badeschaum zu ertränken. Der Schaum verdeckt meinen Körper, nur
meine Brüste gucken hervor. Ich schließe die Augen. Und kaum sind sie
geschlossen, sehe ich Paul. Er sitzt auf dem Sofa. Er ist nackt. Seine Augen
sind verbunden. Langsam gehe ich auf ihn zu. Er streckt seine Hände aus, und
seine Fingerkuppen treffen sanft auf meine Haut. Nackt und blind sitzt er vor
mir. Ich hocke über seinem Schoß. Ich muss nur nach unten gleiten, dann werde
ich ihn spüren. Ich taste mich hinunter. Und dann spüre ich, wie mein Körper
einen Teil seines Körpers aufnimmt. Er atmet auf. Und dann sagt er, Helene…
    Moment mal, das ist meine Fantasie. Wie kann er da Helene sagen?!
Ich versuche, mich zu konzentrieren. Also noch mal. Wieder hocke ich auf ihm.
Meine Brüste reiben gegen seinen Oberkörper, als ich mich langsam nach unten
sinken lasse. Er dringt in mich ein. Sein Atem an meinem Nacken. Und dann sagt
er, Helene…
    Ich öffne die Augen. Tränen der Wut laufen über mein Gesicht. Helene?! Paul, ich hasse dich. Ich wünschte, ich könnte dich wieder so sehen wie vorher.
Da wäre es mir egal gewesen, mit wem du vögelst. Und so ein Helene… wäre
nie passiert. Nicht in meiner Fantasie. Und weißt du auch, warum? Weil du darin
nicht vorgekommen bist. Du warst ein Freund. Ein asexuelles Wesen. Und jetzt
bist du auf einmal das sexuellste Wesen der Welt. Und das ist eine verkehrte
Welt. Oder es ist zumindest nicht meine.
     
    Emma
    „Ist sonst alles in Ordnung? Ich meine, habt ihr euch wieder
vertragen?“
    „So mehr oder weniger…“ Ich versuche, in seinem Blick zu lesen,
was er damit meint. „Sie hat mich geküsst, aber ich glaube nicht, dass es damit
erledigt ist.“
    „Aber es ist doch ein guter Anfang, oder nicht?“
    „Ja, das schon, aber sie war anders...“
    „Wie anders?“
    „Ich glaube, das willst du nicht wissen.“
    Ich schlucke. „Es hat etwas mit Sex zu tun.“ Er nickt. In seinen
Augen ist so ein ganz seltsamer Ausdruck. „Wenn du es loswerden willst, dann
kannst du es mir sagen.“
    „Sie hat geweint.“
    „Währenddessen?“ Er nickt. Sein Blick klebt auf dem blankpolierten
Fußboden. „Freudentränen?“, frage ich vorsichtig.
    „Vielleicht.“
    „Aber du glaubst das nicht.“
    „Nein.“
    „Was denkst du, warum sie geweint hat?“
    „Ich weiß es nicht...“ Er fährt sich mit den Händen durchs Haar.
„Sie war irgendwie nicht wirklich da.“
    Und auch, wenn ich nur zu gerne etwas tun würde, damit es ihm
besser geht, weiß ich, dass ich das nicht kann. Manchmal weinen wir innerlich,
und es gibt nichts, was man dagegen tun kann.
     
    Marie
    Ich wasche meine Haare, dann dusche ich mich ab und steige aus der
Wanne. Ich fühle mich verspannter als vor dem Bad. Schmollend liege ich in
meinem Bett. Der Bademantel und die Decke

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