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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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weiß nur nicht, ob ich
genug Lust habe, ihn zu küssen. Die Umgebung um die Terrasse dreht sich und
alles wirkt leicht verzerrt. Er zieht mich näher an sich und ich wehre mich
nicht. Als unsere Lippen sich fast berühren, drücke ich ihn von mir weg. Ohne
zu wissen warum, widert mich der Gedanke, ihn zu küssen plötzlich unheimlich
an. Mit einem Mal weiß ich, dass ich das nicht will. Je mehr ich ihn von mir
stoße, desto fester zieht er mich zu sich. Ich spüre seine Lippen auf meinen
und seine Zunge, die sie sich in meinen Mund bohrt. Ich spüre seine Hand auf
meiner Brust und die andere zwischen meinen Beiden. Ich will das nicht. Er soll
aufhören. Doch er hält mich fest. Zu fest.
    Dann geht alles unglaublich schnell. Rüdigers Hände verschwinden
blitzartig von meinem Körper, seine Zunge aus meinem Mund... Als ich die Augen
öffne und langsam zu mir komme, hält mich Ben in den Armen. Er streichelt mir
tröstend übers Haar. Ich zittere. Was genau passiert ist, weiß ich nicht. Wo
ist dieser Dreckskerl? Ich schaue zurück zur Terrasse. Wie bin ich überhaupt
ins Wohnzimmer gekommen? Was sich da draußen abspielt, kann ich nicht fassen.
Elias schlägt auf Rüdiger ein. Rüdiger drischt Elias ins Gesicht. Die anderen
sind schwer damit beschäftigt, die Beiden von einander zu trennen. Mir kommen
die Tränen, und nicht etwa deswegen, weil mir gerade ein Kerl unerlaubt
zwischen die Beine gelangt, oder meine Brust begrabscht hat, und auch nicht,
weil seine nach Vodka und Wein schmeckende Zunge mich fast erstickt hätte,
sondern weil Elias geschlagen wird. Unaufhörlich steigen mir Tränen in die
Augen und laufen über mein Gesicht. Ben versucht mich zu beruhigen, scheitert
jedoch kläglich. Ich reiße mich von Ben los und stürze ohne nachzudenken auf
die Terrasse. Ich höre Ben noch irgendetwas sagen, bevor ich eine Faust auf
mich zukommen sehe und mir schwarz vor Augen wird.
    Wie viel Zeit vergangen ist, kann ich nicht sagen. Es können
Stunden, Minuten oder sogar Tage gewesen sein. Als ich die Augen öffne, sehe
ich Elias' Gesicht. Er hat eine Wunde über der rechten Augenbraue und seine
tiefschwarzen Augen sind mit Tränen gefüllt. Scharlachrotes, getrocknetes Blut
klebt in seinem wunderschönen Gesicht. Mein Kopf dröhnt und mein Kieferknochen
tut unbeschreiblich weh. Als ich versuche etwas zu sagen, durchfährt mich ein
so durchdringender, stechender Schmerz, dass mir augenblicklich Tränen in die
Augen schießen. Ich höre eine fremde, sanfte Stimme. Sie klingt, als wäre sie
Meilen entfernt.
    „Nicht sprechen.“, sagt die fremde, sanfte Stimme. „Sie haben
einen gebrochenen Kiefer. Ich habe Ihnen schon etwas gegen die Schmerzen
verabreicht. Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis es wirkt. Bleiben Sie
einfach ganz ruhig und entspannt liegen…“. Der Notarzt ist ziemlich jung. „Da
haben Sie einen ganz schönen Schlag abbekommen… Wen wollte sie denn retten?“,
fragt er und schaut zu Elias.
    „Mich“, antwortet er, und obwohl ich nichts wirklich wahrnehme und
alles um mich herum schummrig und irreal erscheint, ist es nicht zu überhören,
dass er weint. „Ich möchte mitfahren“, fährt er fort, „Ich will bei ihr sein.“
    „Kein Problem“, sagt der Arzt. „Ich nehme an, Sie sind ihr
Freund?“
    „Leider nicht“, antwortet Elias und ich trete langsam weg.
     
    Emma
    „Was?!... Nein… Das ist alles meine Schuld…“
    „Was ist denn passiert?“, unterbricht Clemens das Telefonat. Ich
winke ab.
    „Ich konnte nicht früher... Ja, hätte ich denn wissen sollen, dass
sowas passiert? ... Eben... Ja, dann tu nicht so, Elias... Und wer war es? ...
Hätte ich mir denken können... Ja und jetzt? ... Ja, aber in welchem
Krankenhaus?“
    „Wer ist im Krankenhaus?“ Clemens Stimme klingt besorgt. Ich
schaue ihn an. Er ist nackt. Seine Haare sind zerzaust. Während ich mit ihm
geschlafen habe, wurde Lili der Kiefer gebrochen.
    „Ja, ich bin noch dran... Schrei mich nicht an... Du bist noch
dort?! Warum du? ... Ja, tut mir leid... War sie wach? ... Ja, ich mache mich
auf den Weg... Wir reden zu Hause... ja, ist gut... dann bis später.“
    „Und?“ In Clemens Gesichtsausdruck Unsicherheit.
    „Lili liegt mit einem gebrochenen Kiefer im Dritten Orden.“
    „Wie ist das passiert?“ Er wirkt tatsächlich betroffen.
    „Rüdiger hat sich an sie rangemacht und nicht aufgehört... Elias
hat ihm dann eine rein gehauen.“ Ich seufze. „Die beiden haben sich auf der
Terrasse geprügelt, und Lili

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