Irgendwo dazwischen (komplett)
ersten
Stock noch einmal angerufen hat. „Hast du eigentlich noch mal wegen der Wohnung
im ersten Stock nachgefragt?“
Er nickt.
„Du hattest Recht, da ist noch eine Wohnung frei. Wir haben den
Besichtigungstermin Mittwochnachmittag.“
Etwas über
zwanzig Minuten später klingelt es. Elias steht auf und geht zur Tür. Er nimmt
den Hörer ab. „Joakim? Ja, dritter Stock links...“ Dann drückt er den
Einlasser. „Joakim schläft auf dem Sofa, wenn es dir recht ist.“
„Mir?“,
fragt Lili erstaunt. „Ähm, natürlich, das ist doch deine Wohnung.“
Er küsst
sie auf die Stirn. „Ich sehe es eher als unsere Wohnung.“ Er lächelt. So
eine Beziehung, wie Lili und Elias sie haben, hätte ich gerne. Aber nicht mit
Stefan. Wäre sie mit Stefan, wäre sie auch nicht so, wie bei Lili und Elias.
Ich hätte nicht gedacht, dass die beiden so gut zusammenpassen. Aber das tun
sie. Elias ist Lilis Deckel. Oder sie seiner. Wie auch immer.
„Komm
rein, komm rein.“ Joakim entgegnet etwas, das ich nicht genau verstehe, dann kommen
sie gemeinsam ins Wohnzimmer. Er sieht anders aus, als ich ihn mir vorgestellt
habe. Er ist größer. Er hat hellblondes kurzes Haar, ein schmales Gesicht,
helle Augen. Ob sie blau sind, kann ich aus der Entfernung nicht sagen. Er
trägt eine dunkelbraune Hornbrille. Aber diese Brille macht ihn nicht zum
Bücherwurm. Sie macht ihn interessant. Er trägt eine blaue Jeans und ein
schmales, schwarzes T-Shirt. „Das ist Joakim, das sind meine Schwester Lia und
ihr Freund Simon.“ Joakim geht auf sie zu und schüttelt beiden die Hand. „Das
ist Lili, meine Freundin...“
„Ah, schön,
dich kennenzulernen.“ Sie lächelt.
„Und das
sind meine beiden Schwestern Emma und Leni.“
Er kommt
auf uns zu und streckt uns seine Hand entgegen. „Eine hübscher als die
andere...“ Er schaut zu Elias und grinst. Und in diesem Moment frage ich mich,
wen von uns beiden er wohl hübscher findet. Eine hübscher als die andere. Klar weiß ich, dass das eine Redensart ist, trotzdem würde mich interessieren,
wer von uns beiden ihm wohl besser gefällt.
Joakim ist
ich-bezogen, selbstverliebt und arrogant. Er ist ein absoluter Vollidiot. Und
ich frage mich, wie Elias sich mit so einem Arschloch abgeben kann. Er kramt
nach seinen Zigaretten. Und weil er sie nicht finden kann, fängt er an, den
Inhalt seiner Tasche auf dem Tisch auszubreiten. Unter anderem ein Buch.
„Ich liebe
dieses Buch“, sagt Leni unvermittelt.
„Du hast es
gelesen?“, fragt er beeindruckt.
„Natürlich...“
„Was ist
das für ein Buch?“, frage ich interessiert.
„ Die
unerträgliche Leichtigkeit des Seins “, entgegnet er. „Hast du es auch
gelesen?“ Ich schüttle den Kopf.
„Ich mag
dieses Buch nicht so gerne“, sagt Lili nüchtern.
„Ach,
nein?“
„Nein...“
„Wieso
nicht?“, fragt Joakim verwundert.
„Ich kann
Thomas nicht leiden, und ich finde dieses philosophische Vorwort auch ein
bisschen viel.“
„Vielleicht
hast du es ja nicht richtig verstanden?“, fragt er vorsichtig.
„Nur, weil
es mir nicht so gut gefällt, denkst du gleich, ich habe es nicht richtig
verstanden?“
„Dann haben
sich also all die begeisterten Leser getäuscht?“, entgegnet er mit einem
arroganten Unterton.
„Vielleicht
denken sie nur, es verstanden zu haben. Oder aber sie glauben, es gut finden zu
müssen, weil irgendjemand gesagt hat, dass dieses Buch weltklasse ist“,
antwortet Lili nicht weniger arrogant. „Manche Leute lassen sich eben nicht
vorschreiben, was ihnen gefällt... andere schon.“ Joakim lacht und sieht zu
Elias. Elias nickt zustimmend.
„Ich finde
das Buch nicht schlecht, aber so unbeschreiblich toll finde ich es auch nicht“,
gibt Lia zu.
„Leni, was
hat dir an dem Buch gefallen?“, fragt Joakim nach einer Weile.
„Ich finde
es schön, wie realistisch die Charaktere sind... diese Liebesgeschichte ist
aufwühlend, und gleichzeitig abartig. Er tut ihr weh, nur weil er ist, wie er
ist und trotzdem fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Oder vielleicht gerade
deswegen. Der geschichtliche Hintergrund, kombiniert mit der Tiefe der Gefühle,
hat mir einfach gefallen.“ Sie schaut betreten.
Alle haben
dieses Buch gelesen. Nur ich nicht. „Gibt es da nicht auch eine Verfilmung?“,
frage ich in die Runde.
„Du kennst
dich wohl bei Filmen besser aus als bei Büchern“, antwortet Joakim.
„Also gibt
es eine...“, übergehe ich diese Äußerung. Leni nickt. „Ich fand den Film
Weitere Kostenlose Bücher