Irgendwo dazwischen (komplett)
hat ihn nicht
angemacht. Und außerdem, was soll das? Ich liebe ihn nicht. Ich mag ihn nicht
einmal besonders. Trotzdem soll er mir Lili nicht vorziehen.
Ich kann es einfach nicht fassen, wie fantastisch sie aussieht.
Eine solche Lili ist plötzlich eine Konkurrenz. Lili war nie eine Konkurrenz.
Sie war immer da, klar, aber sie war nie so präsent wie heute. Ich muss
zugeben, dass ich sie nie wirklich gesehen habe.
Und ja, ich hatte mir vorgenommen, ihr die Wahrheit zu sagen, aber
nachdem sie mir gerade gesagt hat, dass ich sie so verletzt habe, geht das
nicht mehr. Es ist nicht so, dass ich es ihr nicht sagen will. Im Gegenteil.
Ich wünschte, ich könnte mich jemandem anvertrauen. Aber ich kann nicht. Und
zugegeben, ich kann es vor allem deswegen nicht, weil ich Mist gebaut habe.
Lili
Die Frage, ob wir etwas essen wollen, kommt gerade recht. Erstens
will ich nicht auf Emmas bohrende Fragen antworten und zweitens habe ich
Hunger. Und weil meine weibliche Figur Nahrung braucht, um nicht zum
Kleinkindkörper zu mutieren, gehen wir in die große Küche, und ich lasse mich
von Lydia Altmann bestaunen.
„Toll siehst du aus... Wahnsinn... du bist schlichtweg
atemberaubend“, schwärmt sie und dreht sich zu ihrem Mann, der in diesem Moment
die Küche betritt, „Und du, schau ja nicht zu genau hin... Da kann ich nicht
mehr mithalten.“ Emma wirkt entnervt, und Herr Altmann antwortet genau so, wie
ein perfekter Mann antworten sollte
„Liebling, keine ist so schön wie du, auch wenn du wirklich
bezaubernd aussiehst, Lili.“ Er nimmt sie in die Arme und küsst sie. Er ist ein
toller Mann. Wie der Vater, so der Sohn.
Anscheinend wird Emma dieses Gesprächsthema zu bunt, denn sie
fragt „Wo sind Lia und Leni? Und kommen Elias und Giselle zum Essen?“
Das hat gesessen. Elias und Giselle. Ich hatte gehofft, dass diese zwei Namen
getrennte Wege gehen würden.
„Lia ist bei diesem komischen Simon, und
Leni fühlt sich nicht besonders. Sie liegt seit Stunden in ihrem Zimmer“,
plaudert Lydia los, „Wenn ihr mich fragt, hat sie Liebenskummer, will aber
nicht darüber reden. Leni eben. Ob Elias kommt, weiß ich nicht. Ursprünglich
wollten er und Giselle Essen gehen, aber die Beiden haben sich gezofft.“
„Gezofft? Warum?“, fragt Emma. Danke Emma.
„Sie dachte wohl, jetzt, wo sie wieder nach München zieht, könnten
Elias und sie wieder da anknüpfen, wo sie aufgehört haben, als sie damals
gegangen ist. Er scheint das aber anders zu sehen. Ich glaube ja, da gibt es
eine andere. Aber was weiß ich schon. Elias ist da ein Buch mit sieben Siegeln.
Ich wäre wohl die Letzte, der er so was erzählen würde. Vielleicht will er auch
einfach diese leidige Geschichte mit Giselle endgültig vom Tisch haben.“
Eine Stille fällt über die eben noch so redselige Runde, und die
Stille wird vom Geräusch eines Schlüssels gebrochen, der die Haustüre
aufsperrt.
„Hör zu, Giselle, es ist nichts zwischen uns gelaufen, weil ich
nicht wollte...“
„Warum willst du misch nischt?“, unterbricht ihn eine Stimme mit
französischem Akzent.
„Du hast mich komplett überraschend besucht. Es ist schon lange
aus zwischen uns... du tauchst plötzlich auf und da denkst du tatsächlich...“
„Wär ist dieses Mädschön? Isch spüre doch, dass es ier um eine
anderö geht... Wär ist sie?“, schleudert Giselle ihm entgegen. Plötzlich
bemerkt er uns. Stille. Erst schweift sein Blick durch die Küche, bleibt dann
auf mir ruhen. Er rührt sich nicht. Mein Gott, ist er schön... Meine Handflächen
fangen an zu schwitzen, ein dicker fetter Kloß macht sich in meinem Hals breit
und meine Knie zittern.
„Oh... Hallo zusammen“, sagt er betont lässig, „Wir sind gekommen,
weil, na ja, weil...“ er sieht mich an, und ich genieße es, dass ich ihn dermaßen
aus der Fassung bringen kann.
„Giselle eiße isch“, sagt Giselle mit fester Stimme.
„Ach so, ja, weil Giselle ihre Sachen holen will...“, stammelt
Elias, ohne sie anzusehen.
„Will isch das? Wir waren gerade dabei, das zu besprechön, odèr
etwa nischt? Isch kann misch nischt erinnörn, dass wir schon etwas Konkrètös
beschlossen ätten...“, sagt das Miststück schnippisch. Als Elias nicht
reagiert, sagt sie „Eliás, isch möschte bittö mit dir redön. Jetzt gleisch.“
Und auch wenn er ihr nachtrottet, genieße ich meinen Triumph in vollen Zügen.
Es gibt vielleicht eine andere. Und vielleicht, ganz vielleicht
bin ja diese andere ich. Um die Probleme,
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