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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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ist...“
    Doch Emmas Stimme unterbricht sein Stammeln. „Ist das Lili?“ Keine
Reaktion. „Schatz? Ist das Lili an der Tür?“
    „Äh, ja, ist sie...“, antwortet Clemens. Doch er redet so leise,
dass selbst ich Probleme habe, ihn zu verstehen, und ich stehe nur etwa einen
Meter von ihm entfernt. Plötzlich schiebt sich Emmas Kopf an Clemens breiter
Schulter vorbei, und auch sie starrt mich an. Reflexartig schlingt sie
schützend ihre Arme um ihren Freund und erinnert ihn, dass er wirklich schon
spät dran sei und sich schicken müsse, wenn er es noch rechtzeitig zum Training
schaffen wolle. Nachdem er noch einen kurzen, aber deswegen nicht weniger
gierigen Blick in meinen Ausschnitt wirft, trottet er davon, und wir gehen ins
Haus. So fühlt sich also Emmas Leben an. Nicht schlecht. Ich frage mich, wie er
wohl geschaut hätte, wenn ich im Rock angerückt wäre. Doch ich bleibe dabei.
Das ist billig.
    Emma ist begeistert von meiner Verwandlung. Und doch kann sie
nicht verbergen, dass sie mich plötzlich als Konkurrenz wahrnimmt. Als ihr
Schatten habe ich ihr bestimmt besser gestanden. Ich sehe das anders.
    „Ich finde es echt super, dass du so aus dir rauskommst... ich
habe dir immer gesagt, dass viel mehr in dir steckt...“ Das stimmt. Das hat sie
öfter gesagt. Doch sie hätte nicht gedacht, dass so viel mehr in mir steckt.
Zugegeben, ich auch nicht. „Doch woher der Sinneswandel? Hast du etwa einen
kennengelernt, von dem ich nichts weiß?“, fragt sie neugierig. Vielleicht ist
das aber auch ein Hoffen in ihrer Stimme. Und ich bin ehrlicher zu ihr als ich
es jemals war. Nein, ich sage ihr nichts von Elias. Das wäre zu viel des Guten.
Doch ich sage ihr, was ich von ihr halte, weil sie mit Clemens ausgeht. Dem
Clemens, von dem ich ihr Monate vorher sagte, dass ich mich in ihn verliebt
habe. Sie schaut betreten zu Boden, und ich weiß, dass ihr ihr Verhalten
furchtbar peinlich ist. „Was soll ich sagen, Lili? Ich weiß, ich habe Scheiße
gebaut... ich habe mich in Clemens verliebt, nachdem du mir von ihm erzählt
hast. Ich habe mir damals geschworen, dass ich nicht den ersten Schritt machen
würde, und würde sich zwischen euch etwas ergeben, habe ich mir geschworen, dass
ich mich für dich freuen würde... Ich habe nicht damit gerechnet, dass er auf
mich zukommen würde. Ehrlich nicht. Und ob du es glaubst oder nicht, ich habe
es nicht darauf angelegt. Doch dann stand er vor mir und hat mich angesprochen.
Ich weiß, ich hätte ihn abblitzen lassen sollen, Lili, aber ich konnte es
nicht... Glaub mir, es tut mir Leid. Aber warum glaubst du, habe ich dich
anfangs so gemieden?“ Sie schaut mich an. Eigentlich ist das alles inzwischen
egal, denn ich will Elias, auch wenn ich ihn niemals bekommen werde.
    „Du hättest mit mir reden sollen. Du hättest das damals ansprechen
und nicht totschweigen sollen“, sage ich kalt.
    „Ich weiß... ich weiß es ja... aber es ist immer leichter als
Außenstehender das Richtige zu tun oder zu sagen“, sagt sie kleinlaut, womit
sie nicht ganz unrecht hat. Lange schauen wir uns an.
    „Vergessen wir diese leidige Geschichte einfach... Es spielt keine
Rolle mehr. Clemens ist mir egal...“
    „Ehrlich?“, fragt sie erstaunt.
    „Ehrlich.“
    „Gott, Lili, ich kann dir nicht sagen, wie erleichtert ich bin...
Du hast was gut bei mir und zwar was richtig Großes...“, sagt Emma, und man
sieht ihr die Erleichterung deutlich an. Na, hoffentlich vergisst sie das
nicht, denn wenn sich jemals etwas zwischen Elias und mir ergeben sollte, werde
ich sie mit Sicherheit daran erinnern. „Du hast mir vorhin nicht
geantwortet...“, sagt sie nach einer Weile.
    „Worauf?“, frage ich irritiert.
    „Gibt es einen Kerl?“
    Ich will nicht lügen. Aber die Wahrheit will ich auch nicht sagen.
„Ich habe da jemanden ins Auge gefasst“, sage ich möglichst vage.
    „Wusste ich es doch!“, sagt sie zufrieden mit sich selbst. „Ja und
wen?“
    Genau in diesem Moment ruft Emmas Mutter, ob wir etwas essen
wollen. Das war perfektes Timing. Danke.
     
    Emma
    Wenn ich sie anschaue, sehe ich da zwar schon noch Lili, aber
nicht mehr die Lili, die ich kenne. Sie sieht einfach unglaublich aus. Was so
ein bisschen Schminke und die Existenz eines Kleidungsstils ausmachen können.
Okay, das war fies. Nein, sie sieht einfach, sagen wir, gefährlich aus. Clemens
hat nur noch gestottert. Und nachdem er auf Ellas Anmachen angesprungen ist,
warum nicht auch auf Lilis? Nein, Lili ist nicht so eine. Sie

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