Irgendwo dazwischen (komplett)
genug von mir geredet. Dir geht es nicht gut und
deswegen sollten wir uns treffen“, lenke ich ab. „Außer, du willst nicht
reden?“
„Ich weiß das zu schätzen, aber ich leide lieber allein, und der
Gedanke, wie du nackt und schwitzend unter Elias liegst, gefällt mir um einiges
besser, als die Vorstellung, wie du mir ein Taschentuch nach dem anderen
reichst.“
„Ich liebe dich Marie... das weißt du, oder?“
„Ja, das weiß ich“, sagt sie leise. „Nur eben leider nicht so, wie
ich gerne hätte, dass du mich liebst.“
„Ich dachte, du wärst in Mona...“
„Das dachte ich auch“, fällt sie mir ins Wort. „Und ich habe mich
auch in sie verliebt. Aber es gibt einen Unterschied zwischen verrückter
Verliebtheit und echter Liebe...“ Nachdem sie das sagt, macht sie eine kurze
Pause und wechselt das Thema. „Ruf ihn an... oder besser noch, fahr einfach
gleich zu ihm und sei glücklich. Zu wissen, dass du glücklich bist, reicht fast
schon aus, um mich glücklich zu machen.“
Und auch wenn Marie eigentlich mit allem, was sie gesagt hat,
Recht behält, so macht es für mich schon einen Unterschied, ob er mit Giselle
geschlafen hat oder nicht. Es macht einen gefühlsmäßigen Unterschied. Es geht
um Ehrlichkeit und Vertrauen. Es geht darum, den steinigen Weg zu gehen, weil
es der richtige ist und nicht den einfacheren, bloß weil er einfacher ist.
Nichts desto trotz fühle ich mich besser, was nicht heißt, dass ich Elias
anrufen werde. Auch wenn ich ihn gerne sehen würde. Und nicht nur sehen.
„Wir gehen jetzt, mein Schatz“, sagt meine Mutter und steckt den
Kopf in mein Zimmer.
„Wann kommt ihr denn wieder?“, frage ich, und meine Mama sieht
sofort, dass ich geweint habe.
„Sei nicht traurig, Lili. Er wird sich schon melden. Glaub mir. Es
ist besser, wenn ihr euch wieder beruhigt.“ Es ist schön, wieder so mit ihr
reden zu können. Und ich weiß, dass es auch ihr viel bedeutet hat, dass ich
vorhin zu ihr ins Wohnzimmer gekommen bin und ihr alles erzählt habe.
Selbstverständlich war das eine zensierte Version der Wahrheit. Eine Version
ohne Sex. Und auch im Bezug auf Elias Alter war ich geschickt genug, diese
Frage zu umgehen. Ich weiß genau, dass meine Mutter nichts gegen Elias hätte.
Im Gegenteil. Sie wäre vermutlich hingerissen. Aber ich glaube, ihr würde der
Gedanke nicht wirklich gefallen, dass ein erwachsener Mann Hand an ihr kleines
Blümchen legt. „Möchtest du, dass wir bleiben? Weil, wenn ja, dann ist dieses
Wochenende in zwei Minuten abgesagt. Ein Wort von dir genügt...“
„Das ist wirklich nicht nötig, Mama, ich komme schon klar. Ich
habe genug zu lernen dieses Wochenende. Außerdem werde ich Marie und Leni
treffen. Aber es ist schön, dass du gefragt hast...“
„Na, gut. Du hast ja alle Telefonnummern, falls etwas sein sollte...“
Sie lächelt mich an. „Und auch wenn das jetzt total spießig für dich klingen
mag, ich will nicht, dass er hier schläft. Zumindest nicht, solange dein Vater
und ich ihn nicht kennen. Hast du mich verstanden?“ Als ich versuche, dieser
eindeutigen Frage auszuweichen, fragt sie noch einmal. „Lili, habe ich dein
Wort?“
„Mama, wir haben uns gestritten. Er wird mich nicht und ich ihn
nicht anrufen. Du musst dir also keine Sorgen...“
„Das ist keine Antwort“, schneidet sie mir das Wort ab. „Denn
sogar, wenn er sich in aller Form bei dir entschuldigt, möchte ich nicht, dass
ihr dann zu zweit hier alleine seid. Dein Vater und ich haben die
Verantwortung...“
„Ist ja gut... Ich habe verstanden.“
„Gut... Also, mein Schatz. Schönes Wochenende. Und wenn etwas ist...“
„...dann rufe ich an“, beende ich ihren Satz. „Schöne Zeit.“
„Dir auch...“ Sie verlässt mein Zimmer. „Wir sind Sonntag Mittag
zurück“, ruft sie noch durch den Flur.
Wie wunderbar, dass ich nur sagen musste, dass ich sie verstanden
habe. Verstehen heißt nämlich nicht, dass sie mein Wort hat. Und verstanden
habe ich sie ja wirklich. Ich habe also nicht gelogen. Und um noch ein wenig
fairer zu sein, verspreche ich mir selbst, Elias weder anzurufen, noch ihm
anzubieten, bei mir zu schlafen. Mehr kann man von einer Achtzehnjährigen nun
wirklich nicht erwarten.
Marie
Sie sind also tatsächlich ein Paar. Das Unmögliche ist grausame
Realität geworden. Ich freue mich für sie. Ehrlich. Zumindest ein Teil von mir
tut das. Der andere weiß nun, dass meine Träume niemals wahr werden. Ich sitze
im Bett und trage in Gedanken
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