Irgendwo dazwischen (komplett)
mein letztes Fünkchen Hoffnung zu Grabe. Das war
es. Das war der letzte Schritt. Sie wird mich nie auf die Art lieben, auf die
ich sie liebe. Sie hat nicht nur Gefühle für eine andere Person, sie hat
Gefühle für einen Mann. Und da kann ich nicht mithalten. Ich werde ihr nie
geben können, was sie braucht. Sie liebt mich, begehrt mich aber nicht. So wie
meine Mutter meinen Vater geliebt hat. Und vielleicht denkt sie sogar, dass ich
ihr Typ wäre, wenn ich ein Kerl wäre, doch ich werde nie einer sein.
Zusammen gekauert liege ich auf dem Bett und weine. Jede Träne ein
Stückchen meines gebrochenen Herzens. Ich wusste es immer, doch begriffen habe
ich es nie so wirklich. Denn Elias war immer nur ein Luftschloss, ein Phantom,
eine Traumvorstellung. Und nun ist er Realität. Er schläft mit ihr. Er berührt
sie. Er liebt sie. Und ich weiß, ich sollte mich freuen, ich sollte glücklich
sein, weil sie so lange darunter gelitten hat. Genauso wie ich. Doch ihr Glück
ist mein Unglück.
In meiner Vorstellung schläft sie mit ihm. Ihr Gesicht verzieht
sich bei jeder seiner Bewegungen. Ihre Körper eng an einender gepresst, ihr
Atem an seinem Nacken. Er riecht ihren Duft, saugt ihn ein, inhaliert ganz tief
den Geruch von Lust und Moschus. Je detaillierter ich mir ihren Duft und ihren
Körper vorstelle, desto grauenhafter geht es mir. Und dann nach einer Weile
sehe ich nur noch sie. Ihren Körper. Er ist nicht länger wichtig. Und diese
Vorstellung ist wunderschön. Sie genießt. Und plötzlich ist das Bild, das mich
eben noch fast zerrissen hat, erregend. Und weil ich sie wirklich liebe,
schreibe ich ihr eine SMS. Denn ihr Glück ist nicht nur mein Unglück. Ihr Glück
ist gewissermaßen auch meines. Es ist an der Zeit loszulassen. Denn nur so kann
ich weitermachen. Die Wahrheit ist hart und tut weh, doch ich will nicht länger
in einer Parallelwelt leben. Ich will die Realität. Und die habe ich heute von
zwei Frauen bekommen. Monas Part war jedoch nicht so schmerzhaft wie Lilis.
Lili
Ein paar Stunden später schreibt mir Marie. Weinst du noch,
oder schwitzt du schon? , und ich muss lachen. Antworten tue ich nicht, weil
ich nicht lügen will. Eine erneute Predigt, dass ich mein Glück nicht nehme,
brauche ich aber auch nicht. Und so kuschle ich mich wieder in meine Decke und
sehe mir weiter Notting Hill an. Wunderbarer Film. Gut, zugegeben, es
ist der absolute Kitsch, aber es ist eben wunderschöner Kitsch. Ich bin gerade
bei der Szene, als er endlich auf der Pressekonferenz ankommt und der Reporter
gebeten wird, seine Frage ein zweites Mal zu stellen, als mein Handy klingelt.
Es ist Elias.
„Hallo“, sage ich kühl.
„Hallo, Kleines“, sagt er, und es klingt ein wenig so, als würde
ihn ein schlechtes Gewissen plagen. Ich warte. Er wird ja wohl nicht nur
angerufen haben, um hallo Kleines zu sagen. Und wenn doch, dann hat er
das nun getan und kann getrost auflegen. „Es tut mir Leid“, sagt er leise, „Ich
habe mich falsch verhalten, so was von falsch.“ Er macht eine Pause. „Es ist
völlig verständlich, dass du nachgefragt hast. Ich hätte das auch gemacht. Und
natürlich es geht dich etwas an. Denn ich gehe dich etwas an.“ Ich schließe die
Augen und stelle mir sein Gesicht vor. „Weißt du, ich stehe schon eine ziemlich
lange Weile vor deiner Haustür, traue mich aber nicht...“
„Du stehst vor meiner Tür?!“, unterbreche ich ihn.
„Ja, aber da ich deine Eltern nicht kenne, wusste ich nicht, ob es
vielleicht zu aufdringlich rüberkommt, wenn ich so mit der Tür ins Haus
falle... auf der anderen Seite wollte ich dich so gerne sehen und...“, während
er weiterhin wundervolle Dinge sagt, stehe ich auf und mache mich auf den Weg
zur Haustür. „...wenn es ungelegen ist, gehe ich wieder, ich wollte nur, dass
du weißt...“
Ich öffne die Tür. Und da steht er. „Dass ich was weiß?“, frage
ich. Er schaut mich an. Eine Weile stehen wir nur da, beide mit den Telefonen
am Ohr. Dann schließlich lege ich auf und trete zur Seite, damit er reinkommen
kann.
Ich habe schließlich nur verstanden und nicht mein Wort gegeben.
Emma
Ich liege auf dem Bett und schaue an die Decke, so als würden dort
alle Antworten stehen. Doch sie ist kahl und bräuchte mal wieder einen
Anstrich.
Lili hatte Recht. Und zwar mit allem, was sie gesagt hat. Ich bin
die, die man nicht ernst nimmt, und ich bin selbst schuld daran. Ich gebe mich
so, wie andere es von mir erwarten. Ich sehe mich mit deren Augen,
Weitere Kostenlose Bücher