Irgendwo dazwischen (komplett)
vorstellen, dass dir der Gedanke an zwei
Frauen, die miteinander schlafen, nicht gefallen würde. Außerdem ist das
überhaupt nicht bedenklich, weil die meisten Frauen Frauenkörper als erregend
empfinden. Außerdem ist sie für dich keine Konkurrenz. Du bist ein Mann, für
mich hingegen...“
„Für dich ist sie auch keine, und das nicht nur, weil sie unerreichbar
ist“, schneidet er mir das Wort ab. „Ja, die Szenen waren gut. Aber sie sind
nichts im Vergleich zu dem, was ich mit dir vorhabe...“
Und auch wenn es eine Weile dauert, bis wir eine bequeme Stellung
gefunden haben, so kann ich doch sagen, dass das Auto wirklich nicht zu
verachten ist...
Emma
Ich stehe unter der Dusche und schrubbe, als wollte ich mich rein
waschen. Ich habe zum ersten Mal gesagt, was ich wirklich denke. Ich habe
meiner Mutter gesagt, dass ich nicht länger übersehen werden will. Es hat gut
getan. Es ist, als hätte ich immer einen mit Steinen gefüllten Rucksack
getragen und heute habe ich ihn abgestellt. Jedes Kind sehnt sich nach
Anerkennung. Jedes Kind will geliebt werden. Ich hatte immer das Gefühl, dass
ich um jedes Fünkchen Anerkennung kämpfen musste. Wenn ich eine gute Note
hatte, hatte Lia eine bessere. Wenn ich eine Rolle im Schulspiel bekommen habe,
hat Leni einen Klavierauftritt gehabt, der meine schauspielerischen Künste
locker an die Wand gespielt hat. Wenn ich ein Geschenk für meine Mutter
gebastelt habe, habe ich es wenig später im Keller wieder gefunden. Gut, es
gibt Kinder, denen ging es viel schlechter. Doch auch Verachtung ist eine sehr
wirksame Waffe. In unserem Flur hängen Familienbilder und Kinderfotos. Von mir
hängt da nur eines, von Elias acht. Das sagt doch schon etwas aus. Das eine
Bild von mir ist das Alibi-Bild, damit sie sagen können, Aber Emma,
da hängt doch auch eines von dir, und Elias war eben so fotogen.
Endlich habe ich etwas gesagt. Und ich werde ab jetzt nicht mehr
dulden, dass sie mich klein machen. Ich bin vielleicht nicht so, wie sie mich
gerne hätten, aber ich bin in Ordnung wie ich bin. Ich habe ein gutes Herz. Und
ich bin nicht dumm. Ich bin sicher kein Einstein, aber ich bin auch nicht
minderbemittelt. Und es ist an der Zeit, dass ich mir eine eigene Meinung über
mich bilde und nicht länger die anderer annehme. Ich wasche mir die Haare und
schäume meinen Körper ein. Ich bin mehr als nur eine schöne, leere Hülle. Ich
bin ein empfindsames Wesen. Und ich bin zum ersten Mal seit langem wieder
zufrieden mit mir.
Lili
Die Autoscheiben sind beschlagen und nach und nach lösen sich
unzählige, kleine Tröpfchen und laufen um die Wette. Wie in einer kleinen
Nebelschwade liegen wir verknotet auf dem Beifahrersitz, Elias Kopf auf meiner
Brust. Ein dünner Schweißfilm umgibt meine Haut, so wie Morgentau auf
Grashalmen glänzt. Bis auf unser schweres Atmen ist es still. Es ist ein
wundervolles Gefühl, einen Teil von Elias Körper in mir zu spüren. Wundervoll
und irgendwie komisch… Mein Po klebt auf dem Ledersitz und mein linkes Bein
kribbelt, als würde es jeden Augenblick taub werden.
Elias hebt den Kopf und schaut sich in der Dunkelheit um. „Hast du
ein Taschentuch oder etwas Ähnliches?“, fragt er nach einer Weile.
„Wieso ein Taschentuch?“, frage ich verständnislos. „Wir haben
doch ein Kondom benutzt...“
„Ja, schon, aber es fühlt sich ziemlich feucht an…“
„Feucht?“, frage ich schmunzelnd.
„Ja, feucht... von dir...“
„Ach so, von mir...“
„Das hoffe ich zumindest...“ Ich schaue ihn an. „Hast du nun ein
Taschentuch?“
„Ich bin nackt, wo sollte ich da bitte ein Taschentuch haben? Und
meine Tasche liegt auf dem Rücksitz, da komme ich aus dieser Position nicht
hin.“
„Und ich habe keine im Auto“, sagt Elias mit einem Grinsen. Ich
strecke meinen Arm aus und versuche, an meine Tasche zu kommen. Doch es fehlen
die letzten Zentimeter. Und so sehr ich mich auch verrenke, ich komme nicht an
sie heran. Außerdem weiß ich nicht einmal, ob ich in der Tasche welche hätte.
Im Sommer habe ich nur selten einen Taschentuchvorrat dabei. Die gesamte
Situation hat fast schon etwas Absurdes und je länger wir mit den Armen rudern,
desto mehr muss ich lachen. Und je mehr Elias sich bewegt und ich lache, desto
brenzliger wird es, etwas Taschentuchartiges aufzutreiben. „Halt doch still...
wenn du so lachst, rutscht er raus“, sagt Elias ernst. Es ist aber einfach zu
absurd, um nicht darüber zu lachen.
„Mein Bein ist
Weitere Kostenlose Bücher