Irgendwo dazwischen (komplett)
aufgebaut ist, oder zerstörerisch und unbarmherzig
ist. Es geht um Menschen, deren Lebensweg sie zu Boden drückt und deren
Erfüllung nur im Tod zu finden ist. Allen diesen Filmen hat irgendein
hochrangiger Kritiker ein hohes Lob ausgesprochen und damit eine Meinung für
alle vorgefertigt. Kennst du irgendjemanden, der Romeo und Julia nicht
gut findet? Kennst du jemanden, der über 21 Grams sagen würde, dass er
es anmaßend findet, dass jemand behauptet, eine Seele wöge 21 Gramm? Kennst du
jemanden, der in aller Öffentlichkeit zugeben würde, dass ihn Mulholland
Drive schier zur Verzweiflung getrieben hat, weil dieses letzte Silencio einfach keinen Sinn gibt? Machen einen denn schwermütige, destruktive Filme
allein schon zu einem tiefgründigen Intellektuellen?“
Elias starrt mich an. „Gut, und was sind deine Lieblingsfilme?“,
fragt er mich.
„Unzählige... Grüne Tomaten , The Notebook , Tatsächlich
Liebe , Brot und Tulpen , Elizabethtown , aber nur auf Englisch, L’Aubèrge Español beide Teile, Die Verurteilten , Stranger than
Fiction , Herr der Ringe , Mädchen Mädchen 1+2 , In her Shoes , The Departed , Elizabeth , Die Dolmetscherin ... Willst du
noch mehr hören? Es gibt noch mehr... Viel mehr“, feuere ich los und füge
sarkastisch hinzu, „Was verbirgt sich denn hinter meinen Vorlieben, Doktor
Freud?“
„Wenn ich es mir recht überlege, weißt du noch nicht so recht, wer
du bist. Ich bin einfach der destruktive Typ. Du kannst dich nicht entscheiden
und bist sprunghaft. Außerdem sind viele dieser Filme auch viel gepriesene
Meisterwerke, oder etwa nicht?“
„Warum sollte ich mich entscheiden? Mir kann doch mehr als ein
Genre gefallen. Es kommt doch immer darauf an, aus welcher Perspektive man
argumentiert. Denn man könnte meine Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, wie
du es eben interpretiert hast, ebenso vom entgegengesetzten Standpunkt
betrachten. Ich könnte also auch einfach jemand sein, der den verschiedensten
Dingen etwas abgewinnen kann und wäre damit ein offener Mensch“, verteidige ich
mich.
„So könnte man das schon sehen. Doch damit bist du trotzdem nicht
auf meinen letzten Einwand eingegangen. Viele dieser Filme wurden auch hoch
gelobt. Was unterscheidet dich da so sehr von mir?“
„Ich könnte dir bei jedem Film sagen, was mir persönlich gefällt.
Ich würde dir nicht einfach ein der Film ist halt gut , oder solche
Filme faszinieren mich hinknallen. Ich habe eine eigene Meinung zu diesen
Filmen. Und außerdem sind einige Filme auf meiner Liste nicht besonders
bekannt... Oder willst du mir tatsächlich weismachen, dass du Brot und
Tulpen kennst? Oder Elizabethtown ?“, frage ich ein wenig entnervt.
Vielleicht hätte ich dieses Thema gar nicht erst anschneiden sollen. Denn es
gibt keine Lösung dafür. Der Verlust der eigenen Meinung ist nun mal ein Fakt.
In meiner Generation macht man sich über nichts mehr Gedanken. Keiner ist mehr
wirklich gebildet oder an Bildung interessiert. Es ist, als ließe der Staat das
Volk bewusst verblöden. Denn konditionierte und desinteressierte Menschen sind
nicht nur leichter zu manipulieren, sondern halten sich lieber aus allem raus.
Das macht das Regieren leichter. In der Schule wird einem nicht wirklich
vermittelt, selbstständig zu denken. Anstatt uns selbst Gedanken zu machen oder
eine Meinung zu bilden, lernen wir lieber auswendig und zitieren einen
Experten. Im Endeffekt haben wir dann also die Meinung des Experten als die
unsere verkauft. Denn darauf gibt es bessere Noten. Es ist doch einfach
traurig, wo es mit uns hingeht.
„Was hat dir an Herr der Ringe gefallen? Sag mir deine
Meinung. Erleuchte mich...“, unterbricht Elias Stimme meine Gedanken.
„Du musst mich nicht verarschen... Mir hat gefallen, dass alles so
eindeutig ist. So wie in den Augen eines Kindes. Es ist Gut gegen Böse, und das
Gute ist absolut gut, das Böse absolut böse. Der Kampf dient dabei dem höchsten
Gut, nämlich der Freiheit. Es ist ein Kampf, der es wert ist, geführt zu werden,
auch wenn Menschen dafür sterben müssen. Es ist ein Kampf gegen die
Unterdrückung und die Unterjochung des Rechts auf Leben. Es zeigt den Sog der
Macht und was das Streben nach Macht für Folgen haben kann. Außerdem zeigt es
den Menschen als Wesen, das sich überschätzt und dennoch schwach ist. Ein
weiterer Punkt ist Loyalität und Freundschaft. Und dem allen liegt die Macht
des Glaubens und der Liebe zu Grunde... Es geht nicht um die Geschichte an
sich,
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