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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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nicht viel besser, oder?“
    „Doch. Denn er hat dich nicht betrogen.“
    „Ist mehrfaches Abstreiten und Lügen denn wirklich so viel
besser?“, frage ich sie mit hochgezogenen Augenbrauen.
    „Nein...“, sagt sie kleinlaut. „Aber er hatte seine Gründe.“
    „Ach, tatsächlich?“, frage ich erstaunt. „Wenn diese Gründe so
einleuchtend waren, warum hat er dann nicht einfach die Wahrheit gesagt?“
    „Weil er gerade erst mit dir zusammengekommen ist und es nicht
gleich versauen wollte... Ich glaube, er bereut es, aber er kann nichts mehr
daran ändern...“
    „Wenn du ihn so gut verstehst, warum hast du es mir dann immer
wieder gesagt?“, bohre ich.
    „Weil ich verletzt war und es vielleicht immer noch bin“, gibt sie
zu. „Nicht nur du kennst Eifersucht... Ich kenne sie auch.“ Wir schweigen.
„Clemens hat immer wieder gesagt, wie gut man mit dir reden kann. Mit mir
wollte er nie reden. Ich hab ihn doch gar nicht interessiert. Und dann auf
einmal schwärmt er auch noch von deinem Aussehen.“ Sie nimmt ihre Beine hoch
und setzt sich im Schneidersitz auf die Couch. „Er konnte nicht verstehen,
warum ich mich dir gegenüber so verhalten habe.“
    „Als wir gestritten haben, oder was?“
    „Nein... Ich habe ihm gesagt, dass du in ihn verliebt warst“, gibt
sie zu.
    „Du hast was? Warum?“
    „Weil ich ein schlechtes Gewissen hatte“, sagt sie nach einer
Weile. „Ich glaube, ich wollte, dass er bestärkende Dinge sagt. So was wie,
dass man sich eben nicht aussuchen kann, in wen man sich verliebt... Irgendwas
in die Richtung jedenfalls. Doch stattdessen hat er mich gefragt, ob ich denke,
dass du dich mir gegenüber auch so unfreundschaftlich verhalten hättest.“
    „Oh...“
    „Ja genau... Was soll man dazu noch sagen.“
    „Bitte nimm es mir nicht übel, aber hat der Kerl auch gute
Seiten?“
    Sie lacht. „Ja, er hat gute Seiten...“
    „Was ist denn eine gute Seite?“ Ich frage das nicht etwa, um ihr
wehzutun, aber ich kann beim besten Willen nichts Gutes an Clemens finden.
Nicht mehr.
    „Er hat Humor. Er ist einfühlsam. Na ja, zumindest manchmal. Also,
zumindest dann, wenn er nicht gerade uneinfühlsam ist... ach, eigentlich ist
das alles Quatsch... Ich kenne ihn gar nicht. Wir haben nichts anderes getan
als miteinander zu schlafen. Ich weiß nicht, ob er Humor hat. Und einfühlsam?
Na, ich weiß nicht. So wollte ich ihn sehen, denke ich.“
    „Du hast dich in ihn verliebt...“
    „Na ja...“, sagt sie leise.
    „Was meinst du?“
    „Ich war nicht in ihn verliebt... ich dachte es, aber es war nicht
so. Im Nachhinein betrachtet, war Clemens nicht wirklich wichtig... Es gab
wichtigere.“
    „Stefan“, sage ich lächelnd.
    „Ja, genau. Stefan“, wiederholt Emma seinen Namen, als sei dieser
Name heilig. Und für sie ist der das sicher auch. Stefan war Emmas Elias.
    „Was macht Stefan jetzt eigentlich?“
    „Hab gehört, er kommt wieder nach München. Mehr weiß ich nicht.“
    „Wann?“
    „Kann ich dir nicht sagen... in ein paar Monaten.“
    „Wer sagt das?“
    „Miriam hat es erwähnt...“
    „Sie haben noch Kontakt?“ Sie nickt. „Würdest du ihn gerne wieder
sehen?“ Das war eine blöde Frage. Ich kenne die Antwort darauf.
    „Wäre ich denn ich, wenn ich ihn nicht gerne wieder sehen würde?“
    „Stimmt... Blöde Frage.“, antworte ich kleinlaut. „Vielleicht
solltest du ihm schreiben“, sage ich vorsichtig. „Was hast du zu verlieren?“
    „Lili, du denkst vielleicht, ich habe nichts zu verlieren. Und du
denkst auch, ich bin für viele die Frau schlechthin, aber im Grunde wollen sie
mich doch nur flachlegen.“ Sie schaut zum Fenster. „Mit mir haben sie
vielleicht mehr im Sinn, aber das heißt nicht, dass sie es ernst mit mir
meinen...“
    „Das stimmt doch nicht…“, unterbreche ich sie.
    „Ich bitte dich, Lili, kein Kerl spricht mich an, weil er sich
tiefsinnig mit mir unterhalten möchte. Sie wollen mich ins Bett kriegen. Ganz
einfach. Die meisten trauen mir nicht einmal zu, dass ich ein Gehirn habe,
geschweige denn, dass ich weiß, wie man es benutzt. Und meine Meinung
interessiert sie sowieso keinen.“ So habe ich Emma noch nie reden hören. So
unsicher und verletzlich. „Wenn überhaupt mal einer nach meiner Meinung fragt,
dann nur, weil er wissen will, ob er gut war.“
    „Das ist doch nicht wahr“, protestiere ich. „Patrick hat dich
nicht so gesehen... Und Stefan war verrückt nach dir.“
    „Ja, Stefan war verrückt nach

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