Irische Hochzeit
Steinsessel“, überlegte Patrick, „aber sie benutzten ihn nicht. Warum?“
„Weil sie nie vorhatten, ihn zum König zu krönen“, fiel Brendan ein. „Die Ó Phelans wollen Laochre und seinen Besitz. Das gefällt mir nicht. Sie führen etwas im Schilde.“
Patrick ließ alle ihre Meinungen sagen und sich frei dazu äußern, was jetzt zu tun wäre. Als es spät wurde und keine Entscheidung gefallen war, erklärte er die Diskussion für beendet. „Wir werden morgen in der Dämmerung weiterreden. Geht in eure Hütten zurück.“ Er wandte sich an die Inselbewohner. „Wir würden es begrüßen, wenn jemand von euch den Normannen, die einen Unterschlupf brauchen, sein Heim öffnen würde. Unser Turm hat nur wenig Raum.“
Die Männer zögerten, doch als Annle ihrem Mann die Hand auf den Arm legte, gab Brendan nach. „Anselm und einige seiner Männer können mit uns kommen.“
Nachdem er zugestimmt hatte, sprachen auch einige andere zögernd eine Einladung aus. Sie gingen in kleinen Gruppen, bis nur noch ein halbes Dutzend Familien in dem Turm blieben.
Patrick drehte sich um und sah Isabel nahe der Tür zu ihrer Kammer stehen. Sie streckte einladend die Hand aus. „Es war eine lange Nacht für dich.“
Er wünschte, er hätte die Distanz zwischen ihnen überbrücken und zu ihr gehen können. Doch wenn er es tat, würde er die Nacht damit verbringen, sie zu lieben, statt sich auf die Herausforderungen der kommenden Tage vorzubereiten.
„Das war es.“ Er rührte sich nicht und ließ die Hände auf den Knien ruhen. „Geh in dein Gemach und schlafe.“
„Was ist mit dir? Kommst du nicht zu mir?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich mache einen kleinen Spaziergang.“ Nach allem, was geschehen war, musste er einen klaren Kopf bekommen, um zu entscheiden, was zu tun war.
„Soll ich mit dir kommen?“
„Nein. Ich möchte lieber allein sein.“ Er stand auf und ging nach draußen. Die Nachtluft traf kalt auf seine Haut, und er zog den Mantel enger um sich. Die vertrauten Geräusche von Leuten, die sich unterhielten, vermischt mit Babygeschrei und Stöhnen von Paaren, die sich liebten, erfüllte die Luft ringsum. Auch wenn niemand mit ihm über den Verlust seiner Königswürde gesprochen hatte, vermutete er doch, dass sie untereinander ausgiebig darüber redeten.
Als er noch den Rang innehatte, hatte er sich nie wie ein wahrer König gefühlt. Doch anstatt dass er sich jetzt fühlte, als wäre eine Bürde von ihm genommen, war die Anspannung nur noch größer geworden.
Er gab sich die Schuld an der ganzen Situation. Schon vor langer Zeit hätte er Ruarc gegenüber durchgreifen müssen, denn sein Cousin konnte sich die größere Bedrohung nicht vorstellen, verstand nicht, wie gefährlich Strongbows Armee für sie alle werden konnte.
Patrick wanderte am Wasser entlang. Die schwarze See schimmerte unter einem silbrigen Mond. Ein flackerndes Licht warf einen goldenen Schein aufs Wasser, und Patrick sah ein einzelnes Boot auf die Insel zukommen.
Er kniff die Augen zusammen und fragte sich, wie irgendjemand in solch einer Dunkelheit ein Boot hatte finden können. Doch als die einzelne Gestalt sich dem Ufer näherte, erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht. Es war sein jüngerer Bruder Connor Mac Egan, der von seinen Reisen zurückkehrte.
Die meiste Zeit seiner Kindheit hatte Connor bei Zieheltern in Banslieve, einige Tagesreisen von hier, verbracht. Sie hatten seine Rückkehr jeden Augenblick erwartet.
Patrick hob die Hand und gab seinem Bruder Zeichen. Als Connor schließlich ans Ufer kam, half Patrick ihm erst, das Boot auf den Strand zu ziehen, bevor er ihn umarmte.
„Es ist lange her“, begrüßte er ihn. Connor hatte jetzt die Größe und Statur eines Kriegers, auch wenn sein Gesicht dem noch nicht ganz entsprach. Mit seinen Haaren von der Farbe dunklen Goldes und seinen grauen Augen hatte Connor bei seinen seltenen Besuchen auf Laochre mehr als ein Mädchenherz erobert.
„Ich komme gerade von Laochre“, gestand Connor. „Was ist dort geschehen?“
Er lauschte konzentriert, als Patrick ihm die Ereignisse erklärte. Als er geendet hatte, fügte Connor hinzu: „Die Ó Phelans haben Laochre bereits zu ihrem Besitz erklärt. Sie haben Ruarc gefangen genommen und wollen ihn im Morgengrauen hinrichten.“
„Wie hast du das erfahren?“
Connor zuckte die Achseln. „Ich weiß mich im Verborgenen zu halten.“
Das war Patrick bekannt. Sogar als Kind hatte sein Bruder sich mehr als einmal an sie
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