Irische Hochzeit
noch so spät hierher? „Warum ist er gekommen?“
„Euer Vater sandte ihn, um sich zu versichern, dass ich Euch kein Leid angetan habe.“
Sie glaubte ihm nicht. Es gab noch einen anderen Grund für die Anwesenheit des Ritters. Ihr kam eine andere Idee, und die erfüllte sie mit Entsetzen. „Er … hat doch nicht vor, etwas … etwas zu bezeugen, oder?“ Sie wurde flammend rot bei dem Gedanken, dass ein anderer Mann zuschauen könnte. „Ihr sagtet, Ihr würdet nicht …“ Ihre Stimme erstarb.
„Nein.“
Dank allen Heiligen! Isabel verbarg ihre Erleichterung.
Sir Anselm verbeugte sich vor ihr, und Isabel war sich plötzlich bewusst, dass sie zerlumpter aussah als das ärmste Bettelweib. Unter ihrem zerknitterten Schleier hingen ihr die Haare ungeordnet herunter. Sie trug das irische Gewand, das Patrick ihr gegeben hatte und das die Farbe von Schlamm besaß. Doch sie hielt sich gerade und neigte den Kopf. „Ihr seid Sir Anselm?“
„ Aye , Mylady.“
Sie glaubte, ihn vielleicht schon früher unter den Männern ihres Vaters gesehen zu haben. Doch da Edwin ihr nie erlaubt hatte, mit den Rittern zu sprechen, war sie sich nicht sicher. Auch wenn er noch kein alter Mann war, verrieten seine Augen, dass er des Kämpfens müde war. Und sie las in ihnen, dass er sich um sie sorgte.
„Ich bin Isabel de Godred, Tochter von Edwin, Baron of Thornwyck.“
Patrick Hand schloss sich fester um die ihre. „Euer Name ist Isabel Mac Egan. Mir angetraute Gattin.“
Seine besitzergreifende Stimme schien sie zu umschlingen und sie bis ins Innere zu berühren. Ihr Herz schlug schneller. Sie war an den neuen Namen nicht gewöhnt, und er gab ihr das Gefühl, als hätte sie einen Teil ihres Selbst verloren.
Patrick wandte sich an Sir Anselm und sagte: „Ihr habt gesehen, was Ihr sehen wolltet. Jetzt geht.“
Der Ritter rührte sich nicht. „Hat man Euch gut behandelt, Mylady?“ Auf Patricks Blick hin, fügte er hinzu: „Euer Vater wünscht, dass ich mich von Eurer Zufriedenheit überzeuge.“
Isabel wollte laut auflachen. Man hatte ihr kaum etwas zu essen gegeben, kein Dach über dem Kopf und das scheußlichste Kleid, das sie je in ihrem Leben getragen hatte. Was sollte sie also sagen?
„Sie ist ganz zufrieden“, mischte sich Patrick ein, die Hand fest um ihr Handgelenk geschlossen. Isabel hätte sich am liebsten losgerissen. Es war nicht nötig, sie wie ein Kind zu behandeln. Doch als sie ihn wütend anstarrte, entdeckte sie in seinen Augen die unerwartete Warnung, still zu sein. Sein finsterer Gesichtsausdruck ließ sie zögern.
Vermutlich war es besser, sich nicht den Zorn des Gatten zuzuziehen. „Ich bin erst heute angekommen“, sagte sie. „Wenn mein Gatte mich zu der Burg auf dem Festland bringen wird, werde ich dort sicherlich größere Bequemlichkeiten genießen.“
So. Jetzt würde Mac Egan sie in sein Heim bringen müssen. Stattdessen trafen seine stahlharten Blicke die ihren mit unnachgiebiger Härte. „Alles zur rechten Zeit.“
„Morgen“, drängte sie.
„Wenn ich es für sicher halte“, knurrte er. Isabel schluckte ihren Ärger hinunter. Er würde nicht nachgeben, besonders nicht vor einem Untergebenen ihres Vaters. Nun gut, sie würde nicht aufgeben. Sie dachte nicht daran zuzulassen, dass er sie mutterseelenallein nach Ennisleigh verbannte.
An Sir Anselm gewandt befahl Patrick: „Bringt das Boot zurück aufs Festland. Beim Morgengrauen werden wir darüber sprechen, wie wir den rath vergrößern können, damit Eure Männer es bequem haben.“
Isabel sank das Herz. Sie hatte geglaubt, er würde mit Sir Anselm zurückkehren. Der Gedanke, die Nacht mit ihm zu verbringen, ließ sie noch unruhiger werden. Sie hatte sich auf eine unbequeme Nacht in einer zerfallenen Burg gefasst gemacht. Aber das hätte ihr wenigstens Gelegenheit gegeben, den nächsten Schritt zu planen.
Sir Anselm musterte Isabel, und sie hielt seinem Blick stand. Stumm fragte er nach ihrem Wohlergehen. Sie zögerte, bevor sie mutig seinem Blick begegnete. „Werde ich Euch bald wiedersehen, Sir Anselm?“
Er neigte den Kopf. „Wenn Mylady es wünschen …“
„Ihr werdet Euch um andere Pflichten kümmern müssen“, unterbrach ihn Patrick und warf ihr einen warnenden Blick zu.
Der normannische Ritter ging zum Boot zurück. Isabel stieß einen bedauernden Seufzer aus, als er sich vom Ufer entfernte. „Gehe ich recht in der Annahme, dass es keine Hoffnung gibt, auch Ihr könntet verschwinden?“
„Noch
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