Irische Hochzeit
unmöglich. Die Normannen töteten unsere Leute in der Schlacht.“
„Aber mein Vater will, dass sie zusammenleben.“ Isabel verstand jetzt den tieferen Sinn ihrer Heirat. Edwin hatte vor, die Burg zu erobern und ihr dann die Befehlsgewalt zu übergeben. Er zählte darauf, dass sie die Männer zusammenbrachte, um Herrin beider Seiten zu werden.
Herrin zweier verschworener Feinde. Lieber Gott, sie wusste nicht, ob ihr das gelingen würde. Oder ob sie diesen Kampf überhaupt wagen wollte.
Es war verlockend, sich hier auf Ennisleigh von all dem fernzuhalten. Ihr Gatte wollte, dass sie hier blieb. Sie holte tief Luft. Auch wenn allein der Gedanke, unter solchen Umständen eine Burg aufzusuchen, ihr schon Angst einjagte, musste sie die volle Wahrheit kennenlernen. Sie musste wissen, was geschehen war. Nur dann konnte sie entscheiden, wie sie weiter vorgehen sollte. Sagte Patrick die Wahrheit? Oder war sie nur seine Gefangene?
„Lass mich dir helfen“, versuchte sie den Burschen zu überreden. „Vielleicht kenne ich einige der Männer. Ich kann sie bitten, euch nicht anzugreifen.“
Ewan schüttelte den Kopf. „Ihr müsst hierbleiben.“
Der Junge rasselte alle möglichen Gründe herunter, warum sein Bruder ihr verbot, die Insel zu verlassen, doch sie hörte einfach nicht hin. Sie konnte hier nicht länger bleiben.
Isabel folgte Ewan den felsigen Abhang hinunter zum Sandstrand, auf den der Junge das Boot gezogen hatte. Seine mageren Arme spannten sich an, um es wieder ins Wasser zu stoßen. Isabel sprang hinein, bevor er noch weit gekommen war.
„Ihr müsst aussteigen“, protestierte Ewan, die Hände am Boot.
„Ich fahre mit dir, und du führst mich zur Burg deiner Brüder. Ich bleibe nicht hier.“
Ewan ließ die Hände sinken. Er starrte auf irgendetwas draußen auf dem Wasser. Isabel drehte sich um und folgte seinem Blick. Sie sah den flackernden Schein mehrer Fackeln. Die Flammen spiegelten sich im Wasser.
Inmitten des grellen Scheins sah sie einen schwarzhaarigen Mann. Er trug einen dunkelblauen Umhang, der von einer Brosche gehalten wurde. Seine Kleidung hob sich kaum vom Dunkel der Nacht ab. Elegant schoss sein Boot über das Wasser. Beim Anblick des vertrauten Gesichts umklammerte Isabel den Bootsrand noch fester.
„Macht Ihr einen Ausflug, werte Gattin?“
5. KAPITEL
Ihr Gatte war nicht allein. Hinter ihm in dem kleinen Fahrzeug saß ein bewaffneter Krieger. Isabel erkannte in ihm einen der Männer ihres Vaters. Warum war er hier? War Edwin de Godred gekommen? Nein, wenn ihr Vater in Erin wäre, wäre er jetzt selbst hier.
„Ich dachte, Ihr wäret damit beschäftigt, einen Krieg zu verhindern“, sagte Isabel und rührte sich nicht von ihrem Platz. Sie benahm sich, als wäre nichts Ungewöhnliches daran, in einem Boot zu sitzen, das auf dem Strand festliegt. „Solltet Ihr nicht Euer Volk vor den schrecklichen Normannen beschützen?“
Mit einer einzigen Bewegung hob Patrick sie aus dem Boot und trug sie den Strand hinauf. Isabel knirschte mit den Zähnen, weil er sie wie einen Sack Korn behandelte.
Der Normanne blinzelte verblüfft, sagte aber nichts. Ewan sprang rasch in sein eigenes Boot und ruderte zum anderen Ufer. Er schien erleichtert zu sein, sich davonmachen zu können, und Isabel verfluchte sich dafür, dass sie nicht früher die Gelegenheit genutzt hatte. Doch es gab immer noch das zweite Boot.
Patrick ging weiter den Hügel hinauf und trug sie dabei auf den Armen. Es war kälter geworden, und der Mond trat hinter den Wolken hervor. Einen Augenblick lang überlegte Isabel, sich mit Zähnen und Krallen gegen Patrick zu wehren. Sie sollte es wirklich tun. Doch ihre eisig kalte Haut spürte seine Wärme, und gleich fühlte sie sich wohler. Die harten Muskeln und der feste Griff hätten ihr Angst einjagen müssen. Stattdessen rührte sich tief innen in ihr etwas. Irgendwie gab er ihr das Gefühl, beschützt zu werden.
„Wieso seid Ihr gekommen?“
„Um dafür zu sorgen, dass Ihr sicher seid.“ Mühelos trug er sie zur Spitze des Hügels und bückte sich dann, um durch den Eingang des rath zu treten. Der Recke folgte ihnen. Er schien sich nicht gerade wohlzufühlen.
„Lasst mich bitte hinunter.“
Patrick entsprach ihrer Bitte, sodass sie jetzt neben ihm stand, aber er lockerte seinen Griff um ihre Hand nicht. Stirnrunzelnd näherte sich der Normanne.
„Wer ist das?“
„Sir Anselm. Er bleibt nicht lang.“
Isabels Misstrauen wuchs. Warum brachte Patrick den Mann
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