Irische Hochzeit
hervor, doch außer dem Befehl zu bleiben, konnte Isabel nicht viel verstehen.
„Ich kann mit einem Bogen umgehen“, sagte sie und deutete auf die Waffe. „Und ich werde nicht hierbleiben, während sie die Burg meines Gatten angreifen. Ich muss ihm helfen.“
Sie schwang sich einen Köcher voll Pfeile über die Schulter. Das leichte Gewicht weckte starke Erinnerungen in ihr, Erinnerungen an die Zeit, als sie allein im Wald auf die Jagd gegangen war. Ihr gesunder Menschenverstand warnte sie. Bis jetzt hatte sie nur Rehe und kleineres Wild getötet, nie einen Menschen.
Isabels Finger schlossen sich fester um den Bogen. Sie konnte mühelos ihr Ziel treffen und ein Leben beenden. Die Frage war nur, ob sie das auch wollte? Bei dieser Schlacht mitzumachen war mehr, als einfach nur dem Clan gegen einen Feind beizustehen. Es hieß, selbst der Gefahr ins Auge zu sehen.
In der Zwischenzeit würden die Männer wohl die gegenüberliegende Küste erreicht haben. Sie war sich sicher, dass Patrick wegen seiner ausgeprägten Muskeln und des Selbstvertrauens, mit dem er sich bewegte, ein starker Kämpfer sein musste. Und auch jetzt wollte er nicht, dass sie kam, wollte nicht, dass sie an dem Kampf teilnahm. Sich einen Platz unter ihnen zu erkämpfen, war mit dem größten Risiko verbunden.
Doch sie hatte keine andere Wahl.
Kampfgeschrei mischte sich mit dem Lärm, den die erschreckten Pferde und das verängstigte Vieh von sich gaben. Patrick rannte neben Ruarc her und behielt dabei genau den Rundturm im Auge, von dem der Signalrauch aufstieg. Vor dem Ringwall hatten sich der Stammesanführer der Ó Phelans und ein Dutzend Männer versammelt.
Frühes Morgenlicht kroch über das Land, erhellte das Dunkel und enthüllte den Standort der Männer. Patrick rannte schneller. Er war außer sich vor Zorn, weil sie bei Tag einen Überfall wagten. Auch seine Kämpfer waren an Überfällen auf andere Stämme beteiligt gewesen, doch immer im Dunkel der Nacht. Ein Angriff bei Tag hieß aber, dass die Ó Phelans glaubten, sie seien nicht aufzuhalten – eine Beleidigung für Patrick und seinen Stamm.
Jetzt lag nur noch ein kleines Gehölz zwischen ihnen und dem Feind. Patrick blieb nahe an dessen Rand stehen und machte Ruarc ein Zeichen, sich still zu verhalten. Für den Augenblick mussten sie ihren Streit begraben. Das hier war etwas, was sie beide gewinnen mussten.
Er hob die Hand und befahl Ruarc zu warten. Weiter vorne sah er Trahern und Bevan kämpfen, zusammen mit einer Handvoll seiner Stammesgenossen. Wo waren die Normannen? Nirgendwo sah er Sir Anselm oder irgendeinen der anderen.
Eine böse Vorahnung stieg in Patrick auf. Als vereinigte Streitmacht würde der Sieg zweifellos ihnen gehören. Und er hatte geglaubt, Sir Anselm würde ihnen beistehen und ihnen helfen, die Ó Phelans zu vertreiben. Jetzt wusste er, dass dem nicht so war. Bitterkeit überwältigte ihn mit aller Macht: Die feindlichen Linien hatten sich ganz und gar nicht verwischt. In diesem Moment verlor er jedes Verständnis, jedes Mitgefühl, das er für die normannischen Krieger empfunden hatte.
Ruarc signalisierte ihm, dass er vorhatte, die Ó Phelans von rechts zu umgehen. Patrick bewegte sich nach links. Mit lautem Gebrüll zog er das Schwert und traf die Klinge eines der Ó Phelan-Männer. Er spürte den Zusammenprall im ganzen Arm und legte seine ganze Wut in den nächsten Hieb.
Ihr Anführer drang auf ihn ein, und Patrick fing den Schlag ab. Donal Ó Phelan war ein großer, dünner Mann mit Haaren, die ihm bis auf den Rücken fielen und einem schwarzen Bart, der ihm bis zur Brust reichte. Goldene Ohrringe schmückten seine Ohrläppchen, und er trug einen Torques um den Hals.
„Versteckst dich wohl hinter deinen Männern, was, König Patrick?“
Die bewusste Nennung seines Ranges klang wie eine Verhöhnung. „Du willst diesen Kampf nicht wirklich wagen“, warnte ihn Patrick. „Die Normannen sind in den Mauern.“
„Und sie kämpfen für dich, nicht wahr?“ Donal sah sich mit spöttischem Erstaunen um. „Nun, wo sind sie denn?“
Patrick ließ seinem Zorn freien Lauf und schwang sein Schwert. Bei Gott, es tat gut, die Klinge gegen den Feind zu erheben. Er stolperte noch nicht einmal, als des Ó Phelans Klinge seinen Arm streifte. Blut tröpfelte über die Lederarmbänder, und Patrick schlug hart zurück. Die Kraft seines Hiebs ließ Ó Phelan taumeln. Der Stammesanführer stieß einen grunzenden Laut aus, doch Patrick wich nicht und wartete
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